Schnelle Beratung im Bundestag Eilantrag in Karlsruhe gegen Heizungsgesetz
Jetzt hat es die Ampel eilig mit dem Heizungsgesetz: Nächste Woche soll der Bundestag den Entwurf beschließen. Das sei viel zu knapp, schimpfen Parlamentarier. Ein CDU-Politiker schaltet das Verfassungsgericht ein.
Verärgert ist die Union schon länger darüber, wie die Fraktionen der Ampel-Koalition das Gebäudeenergiegesetz (GEG) durch den Bundestag bringen wollen. Wochenlang stritten SPD, Grüne und FDP auf offener Bühne darüber, ob sie den Mitte April von der Bundesregierung beschlossenen Kabinettsentwurf überhaupt im Bundestag beraten wollen.
Abgeordnete der FDP meinten, von dem 170 Seiten langen Entwurf "gehören 120 in die Tonne". Flankiert von einem "Leitplanken"-Beschluss, den die drei streitenden Fraktionen dann Anfang dieses Monats beschlossen, wurde der Kabinettsentwurf dann doch in den Bundestag eingebracht und erstmalig beraten.
In der anschließenden Anhörung im Ausschuss für Klima und Energie schienen einige Sachverständige ratlos, über welchen Text sie denn nun eine Stellungnahme abgeben sollten. Denn "Leitplanken" sind kein Gesetzestext, mit denen verlässlich die Zukunft des klimaneutralen Heizens bewertet werden kann. Inzwischen meldete die Ampel zwar eine grundsätzliche Einigung über die "Leitplanken" hinaus, aber einen Gesetzentwurf gibt es immer noch nicht. Viele Fragen sind weiter offen.
Rüffel von Bundestagspräsidentin Bas
Kritik kam sogar schon von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Sie forderte die Ampel-Parteien schriftlich dazu auf, den Abgeordneten mehr Zeit für Beratungen und Anhörungen zu neuen Gesetzesvorhaben zu geben. "Trotz der regelmäßig erfolgten Zusicherungen der Vertreterinnen der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen lässt eine in dem gebotenen Maße erforderliche Rückkehr zu ordentlichen Abläufen auf sich warten", kritisierte die Bundestagspräsidentin.
Schärfere Kritik kommt von der Union speziell nun am Verfahren zum GEG: Andreas Jung, Sprecher für Klimaschutz und Energie der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und eigentlich kein Freund harscher Töne, nannte das den "Offenbarungseid, die Bankrotterklärung der Ampel in der Klimapolitik". Klaus Ernst (Die Linke), Vorsitzender des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, mahnte an, die für Montag vorgesehene Anhörung externer Sachverständiger im Ausschuss abzusagen, sollte der überarbeitete GEG-Text nicht bis spätestens Freitag, also morgen 16 Uhr, vorliegen, so Ernst gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio.
CDU-Politiker schaltet das BVerfG ein
Thomas Heilmann von der CDU, Mitglied im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, will aber nicht mehr länger warten. Ihm reicht es jetzt schon. Der Berliner CDU-Politiker wendet sich sich im Alleingang, ohne offizielle Unterstützung der Fraktionsführung, an das Bundesverfassungsgericht, um die Abstimmung über das GEG in der nächsten Sitzungswoche zu stoppen. Er sieht seine Rechte als Abgeordneter "auf gleichberechtigte Teilnahme an der parlamentarischen Willensbildung verletzt". Er macht dies in einem Organstreitverfahren und mit einer darauf gerichteten einstweiligen Anordnung vor dem Bundesverfassungsgericht geltend.
Heilmann kritisiert, dass - "ohne dass der maßgebliche Gesetzentwurf nicht mindestens 14 Tage vorher den Abgeordneten schriftlich zugegangen ist" - eine wirkliche Befassung mit dem Text kaum möglich sei. "Hunderte Seiten Änderungstexte, die eventuell am Freitagabend gemailt, am Mittwoch im Ausschuss und am Donnerstag abschließend im Plenum beraten werden, haben mit parlamentarischer Demokratie nichts mehr zu tun."
Er beruft sich auf Artikel 38 des Grundgesetzes, in dem die Rechte von Abgeordneten verfassungsrechtlich abgesichert sind. Durch die von den Ampelfraktionen vorgesehene "extrem kurze Beratungszeit" werde das jedem Abgeordneten zustehende Beratungs- und Erörterungsrecht beschnitten.
Den Wunsch von Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und der Ampel-Koalition, das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause zu beschließen, bezeichnet Heilmann als "künstliche Deadline", die "diese extreme Verfahrensverkürzung" nicht rechtfertige.
Grüne weisen Kritik zurück
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, wies die Kritik auf Anfrage des ARD-Hauptstadtstudios zurück: "Wir haben an jeder Stelle ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren mit ausreichend Beratungszeit sichergestellt. Es wurde sogar noch eine zweite Anhörung beschlossen, um eine fachliche Erörterung zu vertiefen und für alle Abgeordneten zu ermöglichen." Es sei ganz normale Praxis und Aufgabe des Parlaments, dass im parlamentarischen Verfahren Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen der Bundesregierung beraten würden.
Die kommende Sitzungswoche ist die letzte vor der Sommerpause. Sollte der Antrag des CDU-Abgeordneten in Karlsruhe Erfolg haben, könnte das GEG also nicht mehr im Zeitplan der Ampel verabschiedet werden. Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts bestätigte dem ARD-Hauptstadtstudio, dass der Antrag eingegangen sei. Demnach haben die Antragsgegner, sprich die Ampel-Fraktionen, aber auch die Bundesregierung, die Gelegenheit zur Stellungnahme bis Freitagmittag. Mit einer Entscheidung des Gerichts sei dann zügig zu rechnen, spätestens aber am nächsten Dienstag, heißt es aus Grünen-Kreisen. Sicher ist das nicht, auch diese Frage: offen.