Hubertus Heil

Arbeitsminister für Erhöhung Heil fordert Mindestlohn von rund 15 Euro

Stand: 09.09.2024 11:33 Uhr

In Deutschland entscheidet die Mindestlohnkommission, um wie viel die Lohnuntergrenze erhöht werden soll. Gemessen an den EU-Vorgaben müsse der Mindestlohn deutlich steigen, fordert Arbeitsminister Heil. Damit hat er eine neue Debatte losgetreten.

Der Mindestlohn in Deutschland soll nach den Vorstellungen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil von 2026 an auf rund 15 Euro steigen. Das ergibt sich aus einem Schreiben des SPD-Politikers an die Mindestlohnkommission, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

Darin fordert Heil das Gremium aus Gewerkschaften und Arbeitgebern auf, bei der nächsten Erhöhung der Lohnuntergrenze im Sommer des nächsten Jahres die Vorgabe der Europäischen Mindestlohnrichtlinie umzusetzen. In seinem Schreiben verweist er auf einen Referenzwert aus der Richtlinie von 60 Prozent des mittleren Lohns. Das wären nach derzeitigen Berechnungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 15,27 Euro pro Stunde.

Im ARD-Morgenmagazin betonte der FDP-Arbeitsmarktexperte, Jens Teutrine, dass sich die Staaten "an den 60 Prozent Medianeinkommen orientieren können, aber nicht müssen".

Arbeitsminister Heil (SPD) fordert deutlichen Anstieg des Mindestlohns

Marcus Overmann, ARD Berlin, Morgenmagazin, 09.09.2024 07:00 Uhr

Die Mindestlohnkommission sei unabhängig, "aber sie hat sich an rechtliche Vorgaben zu halten, die im deutschen Gesetz sind und auch in der EU-Richtlinie", sagte Heil auch im ARD-Morgenmagazin. Er müsse der EU-Kommission bis November melden, ob das deutsche Recht der EU-Richtlinie entspreche.

Von einer Erhöhung würden sechs Millionen Menschen profitieren, sagte Heil. "Es ist auch eine Frage der Leistungsgerechtigkeit, dass Menschen die Vollzeit arbeiten auch von der Arbeit leben können." Dadurch werde wiederum die Kaufkraft gestärkt, was sich auch auf die Konjunktur positiv auswirken könne.

Vorherige Erhöhungen als zu gering kritisiert

In diesem Jahr beträgt der Mindestlohn 12,41 Euro. Im kommenden Jahr steigt die Lohnuntergrenze auf 12,82 Euro. Über die Anhebung ab 2026 muss die Mindestlohnkommission bis Mitte 2025 entscheiden. Dabei ist offen, ob die Kommission der Aufforderung des Ministers folgen wird.

Die Kommission hatte sich im Sommer 2023 zerstritten: Die Arbeitgeber setzten die Erhöhungen für 2024 und 2025 gegen die Stimmen der dort vertretenen Gewerkschafter durch. Diese hatten eine stärkere Anhebung gefordert. Es war der erste Beschluss des Gremiums, der nicht im Konsens erfolgte. Auch SPD-Politiker wie Heil und Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierten die Entscheidung.

FDP will Heil nicht unterstützen

Yasmin Fahimi, Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, begrüßte die Äußerungen des Bundesministers. Deutschland brauche einen "armutsfesten Mindestlohn". "Es ist also nur folgerichtig, dass der Arbeitsminister diese Maßgabe aus Brüssel nun beherzigt", erklärte sie. Die Gewerkschaften hätten darauf bereits im vergangenen Jahr hingewiesen.

Die FDP im Bundestag kritisierte hingegen Heils Forderung und warf ihm vor, "von einer Debatte um den Mindestlohn profitieren" zu wollen. "Sein Vorschlag würde den Standort Deutschland und die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands weiter schwächen", erklärte der Bundestagsabgeordnete Carl-Julius Cronenberg. Deutschland erfülle bereits die Vorgaben der EU-Mindestlohnrichtlinie, daher werde es von seiner Fraktion keine Unterstützung für Heils Initiative heben.

Kritik an Heil: "Das ist Wahlkampf"

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) übte ebenfalls Kritik am Vorstoß von Heil. "Die Mindestlohnkommission kann man sich sparen, wenn ständig die Politik von der Seite reingrätscht", sagte IW-Tarifexperte Hagen Lesch der Nachrichtenagentur Reuters. "Man pfuscht den Tarifparteien ins Geschäft. Das ist Wahlkampf und Stimmenfang."

Jan-Peter Bartels, ARD Berlin, zur Forderung von Arbeitsminister Heil nach einer Anhebung des Mindestlohns

tagesschau, 09.09.2024 12:00 Uhr

Am Ende könne eine ständige Einmischung der Politik dazu führen, dass in bestimmten Bereichen wie dem Friseurgewerbe oder dem Bäckerhandwerk keine Bereitschaft mehr da sein werde, Tariflöhne zu verhandeln. "Stattdessen gibt es dann eine staatliche Lohnfestsetzung." Dann richte sich aber künftig auch die mögliche Kritik an den Löhnen verstärkt an den Staat.

In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass eine EU-Richtlinie den Mindestlohn bei 60 Prozent des mittleren Lohns vorsieht. Diese Formulierung war ungenau. Es handelt sich bei den 60 Prozent um einen Referenzwert, auf den Arbeitsminister Hubertus Heil verweist.

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Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Das Erste am 09. September 2024 um 07:10 Uhr im ARD-Morgenmagazin.