Frauen in der Minderheit Das Männerproblem der Politik
Die CDU quälte sich jüngst zur Quote, andere Parteien haben gar keine. Die Staatsspitze ist so männlich wie lange nicht. In der Politik sind Frauen weiterhin in der Minderheit. Aber beim Verdienstorden geht es künftig gleich groß zu.
Vergangene Woche im Bundestag. Regierungserklärung des Kanzlers. Nach Olaf Scholz sprachen der Oppositionsführer, die Fraktionschefs von FDP, AfD, Linken, SPD - insgesamt waren es 14 Männer und zwei Frauen. Die Bundestagsdebatte ist nur ein Beispiel für die Unterrepräsentanz von Frauen in der Politik.
Mühsam zur Frauenquote
Zuletzt quälte sich die CDU mit der Frage, wie sie mehr Frauen für sich gewinnen kann. Bei den Christdemokraten liegt der Frauenanteil seit Anfang der 1990er-Jahre bei ungefähr einem Viertel. Und aktuell sind fast alle prominenten Gesichter der Partei männlich, vom Bundesvorsitzenden Friedrich Merz über die Ministerpräsidenten bis zu den Landesparteichefs.
Zwar sind seit Anfang 2022 zwei der fünf stellvertretenden Parteichefs Frauen und Oppositionschef Merz hat vier Stellvertreterinnen in der Fraktion. Auch eine Vize-Generalsekretärin gibt es. Doch nach außen ist das kaum sichtbar. Wenn es um die CDU geht, spricht meistens der Parteichef selbst, sonst sein Generalsekretär Mario Czaja, in Talkshows gerne auch mal Jens Spahn oder Carsten Linnemann. Einzig die stellvertretende Parteivorsitzende Karin Prien kommt auch wegen ihrer Position als Bildungsministerin Schleswig Holsteins medial öfter vor.
Mit der innerparteilichen Quote tat sich die CDU und auch Parteichef Merz schwer. Im September 2022 beschloss der Parteitag dann doch eine verpflichtende Frauenquote für die Vorstände ab Kreisebene. Sie soll aber nur bis Ende 2029 gelten - in der Hoffnung, dass das Problem dann erledigt ist.
"Monokultur von Männern"
Die sogar zu rund 80 Prozent männliche FDP beschränkt sich bislang darauf, ihren Frauenmangel zu beklagen. Beim Parteitag vor einem Jahr fand FDP-Politiker Christopher Gohl deutliche Worte: "Wenn es nach den Neueintritten ginge, wären wir praktisch eine Monokultur von Männern." Beschlüsse zum Thema Frauen fasste der Parteitag nicht.
Besser sieht es bei SPD und Grünen aus. Mit Saskia Esken und Ricarda Lang stehen zwei Frauen an der Spitze der Parteien, im Duo mit zwei Männern. Die Grünen-Bundestagsfraktion führt Britta Haßelmann. Die AfD hat eine Frau in Führungsposition: Alice Weidel steht zusammen mit Tino Chrupalla an der Spitze der Partei und der Fraktion.
Männer sind allerdings in allen im Bundestag vertretenen Parteien weiterhin in der Überzahl, auch in denen, die schon lange mit internen Quoten arbeiten. Bei den Grünen machen Frauen etwa 40 Prozent der Mitgliedschaft aus, bei der AfD sind es nicht einmal 20 Prozent. Die internen Quoten haben bei SPD, Grünen und Linken dazu geführt, dass der Frauenanteil in ihren Bundestagsfraktionen zwischen gut 40 und 60 Prozent liegt - im Parlament insgesamt sind es nur knapp 35 Prozent.
Paritätische Wahllisten? Schwierig
Mit diesem Phänomen befasst sich auch die vom Bundestag eingesetzte Wahlrechtskommission. Sie soll nicht nur Ideen zur Verkleinerung des Bundestags und zur Modernisierung der Parlamentsarbeit vorlegen, sondern auch Maßnahmen für "eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern auf den Kandidatenlisten und im Deutschen Bundestag" vorschlagen. Zuletzt diskutierte die Kommission das Thema im Oktober - und zwar bereits zum dritten Mal. Ohne vorzeigbares Ergebnis. So langsam drängt die Zeit: Der Abschlussbericht der Wahlrechtskommission soll bis spätestens Ende Juni vorliegen.
Dass das Gremium hier nicht recht vorankommt, hängt vermutlich auch damit zusammen, dass die Frage der Parität nicht nur umstritten, sondern auch rechtlich komplex ist. In Thüringen und Brandenburg beschlossen vor einigen Jahren die Landesparlamente, dass Listen für die Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden müssen - beide Gesetze scheiterten vor den Landesverfassungsgerichten.
Männer an der Staatsspitze
Seit Bestehen der Ampel-Koalition dominieren Männer die Staatsspitze: Mit Bundespräsident, Bundeskanzler, Bundesratspräsident und Präsident des Bundesverfassungsgerichts sind von Männern besetzt. Ausnahme: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Sie ist erst die dritte Frau im zweithöchsten Staatsamt. Die Sozialdemokratin Annemarie Renger hatte das Amt von 1972 bis 1976 inne, die CDU-Politikerin Rita Süssmuth von 1988-1998.
Einen Rückschlag in Sachen Parität gab es zuletzt im Bundeskabinett: Nachdem es - neben Kanzler Scholz - zunächst je acht Minister und Ministerinnen gegeben hatte, geriet das Gleichgewicht der Geschlechter im Januar aus der Balance, als Boris Pistorius auf Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD) folgte.
Rückwärts geht es wohl bald auch bei den Ministerpräsidentinnen: Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wird wohl von CDU-Mann Kai Wegner abgelöst. Dann bleiben lediglich Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz, Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern und Anke Rehlinger im Saarland (alle SPD). Neun Bundesländer wurden noch nie von einer Frau regiert.
Gleichberechtigung bei Verdienstorden
Aber zumindest bei der Größe der Verdienstorden soll es künftig gleichberechtigt zugehen. Bisher gibt es bei dem Orden Herrenausführungen und kleinere Damenausführungen. Das Verdienstkreuz am Bande für Herren hatte einen Durchmesser von 55 Millimetern und hängt an einem Band. Das Verdienstkreuz am Bande für Frauen war dagegen eher ein Verdienstkreuz an einer Schleife, mit einem Durchmesser von 47 Millimetern.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat nun entschieden, die bestehenden Damen- und Herrenausführungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland weitgehend anzugleichen, bestätigte das Bundespräsidialamt gegenüber tagesschau.de. Insbesondere wird es künftig keine geschlechtsspezifischen, unterschiedlichen Größen des Ordenszeichens mehr geben. Beim Verdienstkreuz am Bande wird auf die bislang für Frauen vorgesehene Schleife verzichtet. Frauen sollen künftig genauso wie Männer die größere Herrenausführung des Ordens bekommen. Zum ersten Mal sollen die angepassten Versionen am Donnerstag in Völklingen im Saarland zum Einsatz kommen. Dann ehrt Steinmeier Ehrenamtliche für ihr Engagement.
Er bekam noch die Herrenversion: Dirk Nowitzki erhielt Ende 2019 das Bundesverdienstkreuz. Der ehemalige Weltklasse-Basketballer bekam den Orden nicht für seine sportlichen Leistungen, sondern für sein soziales Engagement.
Das Bundesverdienstkreuz, offiziell heißt es "Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland", ist die höchste Auszeichnung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht. Den Verdienstorden gibt es in acht Stufen. Mit großem Abstand am häufigsten wird die Stufe "Verdienstkreuz am Bande" verliehen.
Laut Bundespräsidialamt waren die Kreuze der verschiedenen Stufen des Verdienstordens für Frauen und Männer bis etwa 1979 gleich groß. Warum 1979/1980 eine Verkleinerung des Kreuzes bei den Damenversionen einiger Ordensstufen erfolgt ist, "kann anhand der hier vorhandenen Unterlagen leider nicht mehr nachvollzogen werden".
Im vergangenen November hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereits eine Frauenquote bei der Vergabe von Bundesverdienstkreuzen eingeführt. Künftig sollen mindestens 40 Prozent der Auszeichnungen an Frauen gehen. Im Jahr 2022 lag die Quote noch bei 34 Prozent.