Zahlen des Bundesinnenministeriums Wieder mehr Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte
In den ersten drei Quartalen 2022 wurden bundesweit 65 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte verübt - fast so viele wie im gesamten Vorjahr. In den meisten Fällen blieb es laut Bundesinnenministerium bei Sachbeschädigung.
In Deutschland nimmt die Zahl der auf Flüchtlingsunterkünfte verübten Anschläge offenbar wieder zu. Seit Jahresbeginn bis Ende September wurden bundesweit 65 Anschläge registriert - und damit fast so viele wie im gesamten Vorjahr 2021. Das berichtet die "Neue Osnabrücker Zeitung" und beruft sich dabei auf die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linkspartei.
Im vergangenen Jahr wurden demnach 70 solcher Attacken von Behörden erfasst, heißt es in dem Bericht. Seit 2015 verzeichnet das Bundesinnenministerium bei Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte aber einen rückläufigen Trend: Lag deren Zahl damals noch bei etwas mehr als 1000, waren es im Jahr 2017 rund 280 Anschläge. 2020 wurden noch 84 Delikte erfasst.
In den meisten Fällen Sachbeschädigung
In den meisten Fällen handelt es sich laut Ministerium um Sachbeschädigung, Schmierereien an Gebäuden oder Propaganda. Dabei werde meist ein rechtsradikaler Hintergrund vermutet.
Außerhalb von Unterkünften seien im Zeitraum von Januar bis Ende September zudem 711 Angriffe auf Flüchtlinge verübt worden. Hier handele es sich zumeist um Überfalle oder Gewaltdelikte. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum des Vorjahres wurden bundesweit 965 Angriffe gemeldet.
Jüngster Brandanschlag in Mecklenburg-Vorpommern
Zu den jüngsten Angriffen zählt ein mutmaßlicher Brandanschlag auf ein ehemaliges Hotel in Groß Strömkendorf in Mecklenburg-Vorpommern. Hier sollten vorrangig Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht werden. Verletzt wurde durch das Feuer niemand. Die Polizei vermutet auch hier einen politischen Hintergrund.
Rund anderthalb Wochen nach dem Anschlag in Mecklenburg-Vorpommern war im sächsischen Bautzen eine geplante Unterkunft in Brand gesteckt worden - auch in diesem Fall ein ehemaliges Hotel. Im August war in Leipzig versucht worden, eine Flüchtlingsunterkunft mit mehreren Brandsätzen anzugreifen. Die Feuer konnten jedoch schnell gelöscht werden, auch hier wurde keiner der Einwohnerinnen und Einwohner verletzt.
Flüchtlingsorganisationen fordern besseren Schutz
Angesichts solcher Anschläge forderte jüngst die Amadeu-Antonio-Stiftung verstärkten Schutz für Flüchtlingsunterkünfte, wie ARD-Korrespondent Georg Schwarte berichtet. Die Stiftung schlägt etwa mehr Patrouillen durch Polizeikräfte vor. Das könne potenzielle Täter eventuell abschrecken, hieß es vom geschäftsführenden Vorstand der Stiftung, Timo Reinfrank.
Die Organisation "Pro Asyl" forderte zudem bessere Bedingungen in den Unterkünften. Immer mehr Geflüchtete müssten in provisorischen Notquartieren leben, kritisierte der Europa-Referent von "Pro Asyl", Karl Kopp. Diese "Orte des Elends" drohten "leicht zu Anschlagszielen" zu werden.
Gemeinsam erfassen die Amadeu-Antonio-Stiftung und "Pro Asyl" seit 2015 Daten zu Delikten in Zusammenhang mit Flüchtlingen. Die Zahlen stammen nach Angaben beider Organisationen vom Bundeskriminalamt. Bis Ende 2021 gab es demnach mehr als 11.000 Vorfälle, davon 284 Brandanschläge und fast 2000 Fälle von Körperverletzung. Mittlerweile komme die Statistik der Organisationen eigenen Angaben nach auf mehr als 12.100 Delikte.