Verfassungsschutzbericht Mehr extremistische Straftaten in Deutschland
Im vergangenen Jahr hat der Verfassungsschutz 33.476 politisch motivierte Straftaten registriert - das sind gut 500 mehr als im Vorjahr. Laut Innenministerin Faeser bleibt die größte Bedrohung weiter der Rechtsextremismus.
Die Zahl extremistischer Straftaten ist in Deutschland leicht gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BfV-Präsident Thomas Haldenwang in Berlin vorstellten. Demnach wurden im vergangenen Jahr insgesamt 33.476 politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert, 2020 waren es noch 32.924. Davon waren 2994 Gewalttaten, nach 2707 im Jahr zuvor.
"Die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist weiterhin der Rechtsextremismus", sagte Faeser. Zwar sank die Zahl der rechtsextremen Straf- und Gewalttaten im vergangenen Jahr erstmals seit 2018 wieder um 9,6 Prozent auf rund 20.200. Das Potenzial gewaltorientierter Rechtsextremer habe sich mit 13.500 "jedoch auch 2021 auf unverändert hohem Niveau" befunden. Ihre Zahl stieg laut Verfassungsschutzbericht um 200 binnen Jahresfrist. "Wir müssen Radikalisierungen stoppen, rechtsextreme Netzwerke zerschlagen und Extremisten konsequent die Waffen entziehen", sagte Faeser.
Weniger linksextremistisch motivierte Straftaten
Laut Bericht ging auch die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten mit rund 6100 Delikten um 7,4 Prozent zurück. Jedoch sei die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten erneut angestiegen und liege nun bei 10.300. "Gegen linksextremistische Gewalt brauchen wir weiterhin ein sehr konsequentes und frühzeitiges Einschreiten", sagte Faeser.
Die Anhängerschaft islamistischer Gruppen schrumpfte nach Einschätzung der Kölner Behörde erstmals seit vielen Jahren leicht um rund 1,5 Prozent auf 28.290 Menschen. Neben der unverminderten Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus seien auch die "zunehmend komplexen geheimdienstlichen Aktivitäten anderer Staaten" eine "ernsthafte Bedrohung", sagte Faeser. Genannt wird hier insbesondere Russland. Allerdings waren laut Bericht "konkrete Beeinträchtigungen der Bundestagswahl sowie der fünf Landtagswahlen" im Jahr 2021 "nicht festzustellen" gewesen.
"Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Bedrohungslage eine neue Dimension gewonnen", sagte Faeser. "Wir verteidigen die innere Sicherheit und den inneren Frieden in Deutschland gegen russische Spionage, gegen Einflussnahmeversuche, gegen Lügen und Kriegspropaganda." Deutschland müsse sich auch "speziell auch gegenüber Cyberangriffen verstärkt wappnen", schrieb Faeser im Vorwort des Berichts.
"Ausbreitung der Desinformation"
Erstmals im Verfassungsschutzbericht aufgeführt ist das im April vergangenen Jahres neu eingerichtete Beobachtungsobjekt "Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates". In dieser ideologisch sehr heterogenen Kategorie fasst der Inlandsgeheimdienst Gruppierungen und Akteure zusammen, die weder dem Links-, noch dem Rechtsextremismus zuzuordnen sind, bei denen es aber Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie Verfassungsgrundsätze außer Kraft setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates beeinträchtigen wollen.
Das sind Menschen und Gruppierungen, die bestimmte Verschwörungstheorien verbreiten, das demokratische Staatswesen in Zweifel ziehen oder dieses rundheraus ablehnen. Dazu, wie groß die Zahl der Anhänger dieser heterogenen Szene ist, gibt es noch keine Einschätzung.
BfV-Präsident Haldenwang sagte, der Bericht zeige, dass "es zahlreiche Bedrohungen aus sehr unterschiedlichen Bereichen für unsere Demokratie und Sicherheit gibt". Auffällig sei eine "in nahezu jedem Phänomenbereich anzutreffende Ausbreitung der Desinformation", sagte Haldenwang. "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, diese durch Richtigstellungen und Aufklärung zu neutralisieren."