Flüchtlinge in Ostdeutschland Wo die Hilfsbereitschaft groß ist
In Ostdeutschland kommen derzeit besonders viele Geflüchtete aus der Ukraine an. Bei der Unterbringung stehen die Kommunen vor einer Herausforderung - doch die Hilfsbereitschaft ist groß.
Rund 1000 Geflüchtete aus der Ukraine sind nach offiziellen Zahlen bisher in Mitteldeutschland angekommen. Das haben die Ministerien der Länder Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen mitgeteilt. Die Zahl der Schutzsuchenden werde erwartbar steigen, sagte Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU). Eine Prognose, wie viele Menschen Schutz suchen könnten, wollte keines der mitteldeutschen Innenministerien abgeben.
Wöllers Amtskollegin in Sachsen-Anhalt, Tamara Zieschang (CDU), geht davon aus, dass bisher nicht alle Schutzsuchenden registriert worden sind. Sie bat Ankömmlinge aus der Ukraine, sich bei den Ausländerbehörden zu melden. So sollten sie erfasst, gezielt informiert und beraten werden. Derzeit gebe es keinen vollständigen Überblick, wie viele Kriegsflüchtlinge bereits in Sachsen-Anhalt sind. Das bestätigt auch das Migrationsministerium in Thüringen.
Viele ukrainische Flüchtende in Sachsen erwartet
Sachsen ist nach Einschätzung des Landesinnenministeriums eines der Bundesländer, in denen ein Großteil der Geflüchteten zuerst ankommen wird - vor allem über den Grenzübergang zu Polen bei Görlitz. Dort hatten in den vergangenen Tagen bereits Dutzende Ukrainerinnen und Ukrainer mit Bus und Bahn die Grenze nach Deutschland passiert. "Es ist nicht nur ein Gebot der Humanität, sondern auch der europäischen Solidarität, dass wir Menschen aufnehmen", sagt Sachsens Innenminister Wöller.
Kurzfristige zentrale Unterbringung in Sachsen geplant
Vor allem die Frage der Unterbringung stellt die mitteldeutschen Länder sowie ihre Kreise und Kommunen vor eine Herausforderung. Nach Angaben der Landesdirektion Sachsen sollen ukrainische Geflüchtete zentral in Leipzig untergebracht werden, wenn sie nicht privat unterkommen können. Das habe den Vorteil, dass sie beispielsweise mit Dolmetschern besser betreut werden könnten. In Leipzig stehen derzeit 550 Plätze zur Verfügung. In ganz Sachsen stehen mehr als 2000 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung. Allerdings sollen die Kapazitäten erweitert werden.
Die Betroffenen sollten möglichst kurze Zeit in Erstaufnahmeeinrichtungen verbringen und schnell in Städten und Dörfern untergebracht werden, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): "Die Kinder sollen in Kindergärten und Schulen gehen können. Wir wünschen uns sehr, dass die Frauen und Männer auch arbeiten können."
Gemeinden und Kommunen suchen private Unterkünfte
Viele Städte und Landkreise in Sachsen kümmern sich auch um Unterkünfte abseits der Erstaufnahmeeinrichtungen. So werden private Wohnung gesucht, die Flüchtende aus der Ukraine nutzen können. Die Stadt Chemnitz beispielsweise teilte mit, dass nach einem Aufruf an die Chemnitzer Bevölkerung weit mehr als 200 Angebote, Kriegsflüchtlinge aufzunehmen, eingingen. Die Stadt Dresden berichtet von 91 Wohnungsangeboten. Nach Angaben der Stadtverwaltungen von Magdeburg und Halle (Saale) können die großen Wohnungsgenossenschaften insgesamt rund 300 Wohnungen zur Verfügung stellen.
Weitere Beispiele: Im Burgenlandkreis sollen Schutzsuchende in einem ehemaligen Seniorenheim und einem Hotel untergebracht werden. Und die Handwerkskammern in Süd- und Ostthüringen wollen die Internate ihrer Bildungsstätten als Unterkünfte zur Verfügung stellen.
Portale zur Koordinierung von Hilfsangeboten eingerichtet
Aufgrund der Vielzahl der Hilfsangebote aus der Bevölkerung haben das Land Sachsen sowie viele Kreise und Kommunen spezielle Hilfsportale und Kontaktformulare geschaltet, um die Angebote besser koordinieren zu können.
Insgesamt ist die Hilfsbereitschaft offenbar groß. "Das zeigt einmal mehr, dass die Bevölkerung in schweren Zeiten zusammenhält, Solidarität zeigt und Hilfe anbietet", teilte das Landratsamt Görlitz mit.
Hilfskonvois und Flüchtlingstransporte geplant
Auch aus fast allen Landkreisen in Thüringen sind private oder ehrenamtliche Initiativen bekannt, die Spenden sammeln, Hilfstransporte organisieren oder Wohnraum anbieten. Ein großer Hilfskonvoi von 14 Fahrzeugen ist bereits von einem ersten Einsatz an der polnischen-ukrainischen Grenze zurückgekehrt. Auch in Sachsen-Anhalt werden derzeit Sach- und Geldspenden für die Opfer des Krieges in der Ukraine gesammelt. Das Land selbst koordiniert einige Hilfsmaßnahmen, es gibt aber auch eine Reihe von öffentlichen und privaten Initiativen.
Länder haben gelernt
Insgesamt, so der Tenor der drei Länder, greife man in der aktuellen Situation auf Erfahrungen aus der Pandemie sowie der Flüchtlingsbewegung 2015 zurück. "Von den in den Jahren 2015/16 gewonnenen Erfahrungen und den seinerzeit aufgebauten Strukturen in Bezug auf die Erstaufnahme profitieren wir heute", teilt etwa das sächsische Innenministerium mit.
Sachsen-Anhalt vorbereitet auf Verletztentransporte
Anders als bei den vorherigen großen Fluchtbewegungen ist Sachsen-Anhalt nun auch auf humanitäre Hilfe wie Verletztentransporte eingestellt. Für Transporte aus der Ukraine nach Deutschland sollen die sogenannten Kleeblatt-Strukturen genutzt werden, über die bereits Corona-Patienten aus überlasteten Krankenhäusern verlegt worden sind. Innenministerin Zieschang sagte: "Das ist im Augenblick vorsorglich, aber leider können wir angesichts der Entwicklungen in der Ukraine nicht ausschließen, dass wir auch diese humanitäre Hilfe leisten müssen und auch in diesem Fall leisten werden."