Beschlüsse der Länderkammer Bundesrat billigt Wahlrechtsreform
Der Bundesrat hat die umstrittene Wahlrechtsreform der Ampelregierung passieren lassen. Union und Linke wollen verfassungsrechtlich gegen den Beschluss vorgehen. Die Länderkammer beriet außerdem über den Schutz von Whistleblowern.
Der Bundestag soll wieder kleiner werden: Nach dem Bundestag billigte jetzt auch der Bundesrat die von der Ampelkoalition auf den Weg gebrachte Wahlrechtsreform. Bayern scheiterte mit einem Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Damit kann das im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Vorhaben zwar in Kraft treten - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte aber eine Klage des Freistaats vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dagegen an. Auch die Linkspartei will gegen die Reform klagen.
Umstrittenes Vorhaben zur Verkleinerung des Bundestages
Durch den Gesetzentwurf soll die Zahl der Sitze im Bundestag fortan auf 630 begrenzt werden. Derzeit gibt es 736 Abgeordnete. Dazu soll die Zweitstimme mehr Bedeutung erhalten - Wahlkreisgewinner bekommen so allerdings unter Umständen keinen Sitz im Bundestag. Dieses neue Vorgehen könnte besonders die CSU treffen.
Zudem soll die Grundmandatsklausel abgeschafft werden. Sie sorgt bisher dafür, dass Parteien mit mindestens drei gewonnenen Direktmandaten im Bundestag vertreten sei können, wenn sie bundesweit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Derzeit ist dies bei der Linkspartei der Fall.
Die CSU kam im Jahr 2021 mit 5,2 Prozent der Stimmen knapp über die Fünf-Prozent-Hürde, gewann aber fast alle Direktmandate in Bayern. CSU und CDU bilden im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft. Der Bundestag hatte die Reform Mitte März mit den Stimmen von SPD, FDP und Grünen unter scharfem Protest von Union und Linken beschlossen.
Das Vorhaben sei politisch falsch, verfassungswidrig und spalte Deutschland, bemängelte Söder im Bundesrat. "Ganze Regionen werden benachteiligt und ausgegrenzt", sagte er. Kritik kam auch von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Er nannte das Gesetz "schlecht" und "falsch". Es schade der Demokratie.
Mehr Schutz für Whistleblower
Einstimmig hat der Bundesrat ein Gesetz zum Schutz von sogenannten Whistleblowern verabschiedet. Hinweisgeber, die Missstände in Behörden und Unternehmen aufdecken, sollen durch das beschlossene Maßnahmenpaket vor Entlassung und Schikanen bewahrt werden.
Außerdem müssen in Behörden und Unternehmen Anlaufstellen geschaffen werden, die Meldungen zu Betrügereien, Korruption oder zu Verstößen gegen Tierschutz- oder Umweltschutzregeln entgegennehmen. Wer gegen das Gesetz verstößt, dem droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.
Das Gesetz für einen besseren gesetzlichen Whistleblower-Schutz war zwar im vergangenen Dezember im Bundestag verabschiedet, im Februar aber vom Bundesrat blockiert worden. Die unionsgeführten Länder befürchteten zu hohe Belastungen für kleine und mittelständische Unternehmen. Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat wurde dann ein Kompromiss erarbeitet.
Mit dem Gesetz wird eine entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Weil sich Deutschland dabei zu viel Zeit gelassen hatte, läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik.
Besserer Schutz für Beschäftigte in Paketbranche
Die Bundesländer wollen zudem die Beschäftigten in der Paketbranche besser schützen. Der Bundesrat beschloss auf Antrag von Bremen, Niedersachsen, dem Saarland und Thüringen eine Entschließung zugunsten besserer Arbeitsbedingungen - insbesondere bei Subunternehmen von Paketdienstleistern.
Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, Werkverträge bei der Paketzustellung gesetzlich zu verbieten. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass in diesem Bereich bei Kontrollen immer wieder schlechte oder sogar rechtswidrige Arbeitsbedingungen aufgedeckt würden. Dazu gehörten Verstöße gegen das Mindestlohngesetz oder das Arbeitnehmerentsendegesetz sowie die Missachtung von Vorschriften des Gesundheitsschutzes.
Stärkere Behindertenförderung auf Arbeitsmarkt
Des Weiteren beschlos der Bundesrat, mehr Menschen mit Behinderung in Arbeit zu bringen. "Inklusion am Arbeitsmarkt ist nicht nur eine Frage der sozialen Teilhabe und Gerechtigkeit, sondern schlicht und ergreifend auch in Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel der ökonomischen Vernunft", sagte Arbeitsminister Hubertus Heil bei der Sitzung der Länderkammer.
Es ginge dabei nicht darum, Arbeitgeber zu bestrafen. Kein Unternehmen werde mit dieser Ausgleichsabgabe überfordert. Es sei viel mehr ein Anreiz, schwerbehinderten Menschen eine Einstellungsperspektive zu geben und das Potenzial für Fachkräftesicherung zu nutzen. Dem Gesetz nach müssen Arbeitgeber künftig eine höhere Ausgleichsabgabe zahlen, wenn sie trotz Beschäftigungspflicht keinen schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Für kleinere Arbeitgeber sind wie bisher Sonderregelungen vorgesehen.