Vor Flüchtlingsgipfel Verhärtete Fronten zwischen Bund und Ländern
Mehr Geld vom Bund wird es nicht geben - das geht aus einem Entwurfspapier für den bevorstehenden Flüchtlingsgipfel am Mittwoch hervor, das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Doch die Länderchefs halten an ihren Forderungen fest.
Vor dem Migrationsgipfel am kommenden Mittwoch in Berlin ist keine Einigung zwischen Bund, Ländern und Kommunen im Streit um Finanzierungsfragen in Sicht. Immer wieder hatte die Bundesregierung betont, keine weiteren Mittel für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung zu stellen. Das geht auch aus dem Entwurf einer Beschlussvorlage für das Treffen hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio exklusiv vorliegt.
Darin verweist der Bund vielmehr auf seine milliardenschwere Hilfen, die er trotz des Haushaltsdefizits leiste - während Länder und Kommunen Überschüsse verzeichneten. Nur die bisher schon gewährte Pauschale für allgemeine flüchtlingsbezogene Kosten in Höhe von 1,25 Milliarden Euro soll auch in den kommenden Jahren zur Verfügung gestellt werden.
Auch der Vorwurf, die Länder würden das Geld des Bundes nicht in vollem Umfang an die Städte und Gemeinden weitergeben, findet sich zumindest mittelbar in dem Entwurfspapier.
Länderchefs erneuern ihre Forderungen
Trotz Beschlussvorlage, die am Samstagnachmittag den Ländern zugeleitet wurde, haben die Länderchefs nachdrücklich ihre Forderungen nach einem höheren Flüchtlingsetat erneuert. "Der Bund muss seinen Anteil von derzeit 2,75 Milliarden Euro mindestens verdoppeln", sagte Hessens Landeschef Boris Rhein im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland - anders seien Unterbringung und Integration dauerhaft nicht zu finanzieren. Der Bundesanteil an den Kosten müsse sich an der Entwicklung der Flüchtlingszahlen orientieren.
Unterstützung bekommt Rhein von Baden-Württembergs Landeschef Winfried Kretschmann von den Grünen: "Der Bund muss seiner Verantwortung gerecht werden und darf die Länder und Kommunen mit den Mehrkosten der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen", sagte er in der "BamS".
Anke Rehlinger (SPD), saarländische Ministerpräsidentin, forderte, "nicht abgerufene Mittel der Wohnraumförderung einsetzen zu können, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, der zeitweise auch zur Unterbringung von Flüchtlingen dienen kann".
Gemeinsame Schnittmenge beim Thema Abschiebungen
Während die Finanzierungsfrage weiterhin strittig ist, gibt es beim Thema Abschiebungen offenbar einige Übereinstimmungen zwischen Bund und Ländern.
Die Bundesregierung will die Rückkehr von abgelehnten Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in ihre Heimatländer vereinfachen. Gesetzliche Regeln, die Abschiebungen bisher erschweren, sollen laut Beschlussvorlage angepasst werden. Konkret will man beispielsweise die Durchsuchungsmöglichkeiten der Polizei erweitern und den sogenannten Ausreisegewahrsam von zehn auf 28 Tage verlängern.
Bayerns Regierungschef Markus Söder setzt sich vor allem für einen härteren Kurs gegenüber den Herkunftsstaaten ein. Der CSU-Politiker betonte in der "BamS":
Wir stehen zum Grundrecht auf Asyl. Aber bei Ländern, die einer geordneten Rückführung nicht zustimmen, müssen wir künftig auch über Kürzungen bei der Entwicklungshilfe nachdenken.
Zudem müsse die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten erweitert werden, so Söder.
Auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sieht die Bundesregierung beim Thema Zuzug von Migrantinnen und Migranten stärker in der Verantwortung: "Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass Zuwanderung gesteuert wird. Wenn wir uns in Deutschland nicht handlungsfähig zeigen, wird das Vertrauen in unsere Demokratie mehr und mehr untergraben", warnte er in der "BamS".
Teuteberg: Nicht jeder kann bleiben
Ähnlich sieht das die FDP-Innenpolitikerin Linda Teuteberg. "Die Kapazitäten und Ressourcen sind endlich, und wir müssen uns auf diejenigen konzentrieren, die wirklich unseres Schutzes bedürfen", sagte sie der Nachrichtenagentur dpa.
"Würde erst einmal die Botschaft ankommen, dass nicht jeder nach Europa einreisen und bleiben kann und bestehende Hebel dazu konsequent genutzt werden, verändert sich auch die Verhandlungssituation mit Transit- und Herkunftsländern", vermutet die FDP-Politikerin. Sie sagte: "Europa muss Flüchtlinge und Grenzen schützen können."
Faeser rechnet mit Lösung innerhalb der EU
Die Bundesregierung arbeite bereits an einer europäischen Lösung, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Der "BamS" sagte sie: "Ich will, dass wir als Europäer endlich gemeinsam handeln - trotz aller Widerstände". Faeser möchte schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen einsetzen.
Die EU-Kommission signalisierte bereits Zustimmung für die Pläne der Bundesregierung. "Es ist wichtig, verpflichtende Grenzverfahren zu haben. Das ist notwendig, um irreguläre Migration zu steuern und funktionierende, schnelle, aber menschenwürdige Rückführungen sicherzustellen", sagte EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der "Welt am Sonntag". "Die Grenzverfahren werden auch sicherstellen, dass es deutlich weniger Sekundärmigration innerhalb der Europäischen Union geben wird", fügte Johannson hinzu.