Abgebranntes Feuerwerk am Neujahrsmorgen

Debatte nach Silvester Bundesregierung lehnt generelles "Böllerverbot" ab

Stand: 04.01.2025 09:45 Uhr

Nach Toten und Schäden durch Feuerwerk an Silvester fordern Städte und Gemeinden Konsequenzen. Kanzler Scholz und Innenministerin Faeser lehnen ein allgemeines "Böllerverbot" ab, wollen den Kommunen aber mehr Spielräume geben.

Mehrere Politikerinnen und Politiker haben im Nachgang der Silvesternacht strengere Gesetze bis hin zu einem allgemeinen "Böllerverbot" gefordert. Rund um den Jahreswechsel starben fünf Männer bei Unfällen mit Feuerwerk. Es gab viele Verletzte sowie Schäden an Häusern und Infrastruktur - vor allem durch sogenannte Kugelbomben, die wegen ihrer hohen Explosionskraft nicht für den Allgemeingebrauch zugelassen sind.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigt sich offen für lokale Feuerwerksverbotszonen. "Die richtige Antwort sind nicht bundesweite Feuerwerksverbote, sondern mehr gezielte Handlungsmöglichkeiten vor Ort", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dpa. "Dabei sollte das Ziel sein: friedliches Feiern und Feuerwerk zu ermöglichen, aber hochgefährliche Silvester-Exzesse zu verhindern."

Berliner Landesregierung will strengere Regeln

Faeser schlägt vor, den Kommunen mehr Handlungsspielräume für lokale Verbotszonen zu geben. Dafür müsse es aber eine Mehrheit unter den Ländern im Bundesrat geben, die bislang fehle. Zuletzt hatte Bremen im Bundesrat eine Gesetzesinitiative für eine Änderung des Sprengstoffrechts eingebracht, um den Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten zum Einschränken von privatem Feuerwerk zu geben.

"Hinsichtlich der Gefährlichkeit gibt es große Unterschiede zwischen dicht bewohnten Städten und dem Land - und innerhalb von Städten zwischen einzelnen Brennpunkten und Stadtteilen, in denen friedlich gefeiert wird", so Faeser. Wenn das vor Ort stärker berücksichtigt werde, könne es gezieltere Maßnahmen und Kontrollen geben.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich gegen ein allgemeines "Böllerverbot" aus. Scholz sagte dem Stern: "Ich bin dafür, dass wir ordentliche Regeln haben für das Zeug, das da hergestellt wird. Aber ein Böllerverbot finde ich irgendwie komisch."

Debatte um "Böllerverbot" in Berlin

Berlins Innensenatorin Iris Spranger hatte für ein generelles "Böllerverbot" in Deutschland plädiert und sieht dabei in erster Linie den Bund in der Pflicht. Gleichzeitig fordert die SPD-Politikerin Änderungen im Sprengstoffrecht, die den Bundesländern erlauben, an festgelegten Orten Ausnahmen von dem Verbot zu gestatten. Sie sprach von "Pyro-Erlaubniszonen", in denen das Abbrennen von Feuerwerk gestattet ist.

Das Sprengstoffrecht erlaubt in Deutschland das Abbrennen von Pyrotechnik am 31. Dezember und am 1. Januar. An allen anderen Tagen ist das nur mit einer Sondergenehmigung gestattet. Die Berliner Sozialverwaltung wies darauf hin, dass nur das Bundesinnenministerium Änderungen am Sprengstoffrecht vornehmen könne.

Auch die Gewerkschaft der Polizei macht sich für ein bundesweites "Böllerverbot" und ein Verkaufsverbot für Pyrotechnik stark. Sie warnt davor, alljährlich nach Silvester und Neujahr "Scheindebatten" zu führen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul gab im WDR jedoch zu bedenken, dass zur Kontrolle eines generellen "Böllerverbots" an jeder Ecke ein Polizist stehen müsste. "Das schaffen wir ja nicht mal im Fußballstadion." Es sei ein bisschen zu einfach, ein "Böllerverbot" zu fordern.

Angriffe auf Polizei und Rettungskräfte

Für Diskussionen sorgten auch Fälle von Gewalt gegen Einsatzkräfte. Der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Volker Geyer, sagte der Rheinischen Post: "Es darf sich bei den Tätern nicht festsetzen, dass sie ungeschoren davonkommen, weil der Staat nicht handlungsfähig ist." Man müsse die Justiz personell so ausstatten, dass sie die Täter auch zur Rechenschaft ziehe und nicht Verfahren wegen Überlastung von Gerichten eingestellt würden.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte, Polizei und Rettungskräfte müssten häufiger mit Bodycams zum Aufzeichnen von Übergriffen ausgestattet sein. "Der Staat darf nicht tolerieren, dass eine kleine gewaltbereite Minderheit mit erheblicher krimineller Energie rund um Silvester ganze Stadtteile terrorisiert", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Faeser fordert harte Strafen

Bundesinnenministerin Faeser stellte klar: Gegen "Chaoten und Gewalttäter" an Silvester brauche es vor allem die notwendige Härte von Polizei und Justiz. "Deshalb war es gut, dass allein in Berlin mit 400 Festnahmen durchgegriffen wurde und jetzt Strafverfahren folgen. Trotzdem wurden Rettungskräfte und Polizisten attackiert und Menschenleben durch hochgefährliche Kugelbomben und andere verbotene Pyrotechnik gefährdet."

Die Ministerin verwies auf Vorschläge für neue Strafvorschriften, mit denen die gesamte Vertriebskette von illegalem Feuerwerk, von Händlern und Transporteuren bis zum Käufer, erfasst werden solle. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass der Bundestag wenige Wochen vor Neuwahlen noch viele Vorschläge der scheidenden Bundesregierung passieren lässt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 04. Januar 2025 um 06:03 Uhr.