Antidiskriminierungsbeauftragte "Deutschland hat nach Hanau versagt"
Morgen jährt sich das rassistische Attentat von Hanau zum vierten Mal. Die Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman kritisiert, dass Deutschland daraus keine Lehren gezogen habe. Viele fühlten sich "von Staat und Behörden alleingelassen".
Vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau hat die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes den deutschen Staat massiv für seinen Umgang mit Hinterbliebenen und Betroffenen kritisiert.
"Staat und Behörden in unserem Land haben die Pflicht, nach einem Anschlag wie in Hanau Konsequenzen zu ziehen, damit sich solche Taten nicht wiederholen", sagte Ferda Ataman den Tageszeitungen der Funke Mediengruppe. "Leider muss man sagen: Deutschland hat darin bisher versagt."
Keine Entschuldigung, kein Mahnmal
Auch vier Jahre danach fühlten sich viele Betroffene und Angehörige "von Staat und Behörden alleingelassen". Sie verwies darauf, dass sich der hessische Innenminister noch immer nicht für die "dokumentierten Fehler der Polizei" entschuldigt und es weiterhin kein offizielles Mahnmal für die Opfer auf dem zentralen Marktplatz von Hanau gebe. Noch immer würden Angehörige vom Vater des Täters drangsaliert.
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen mit Migrationshintergrund erschossen und weitere verletzt. Anschließend erschoss er seine Mutter und nahm sich selbst das Leben. Der Vater des Täters lebt bis heute in Hanau. Am Montag soll in einer Gedenkstunde auf dem Hauptfriedhof der Stadt an die Opfer erinnert werden.
Kritik an FDP und politischen Debatten
Mit Blick auf die politischen Folgen des Attentats kritisierte Ataman insbesondere die FDP-Bundestagsfraktion scharf dafür, dass sie aus ihrer Sicht das Demokratiefördergesetz verschleppe. "Es ist ein Armutszeugnis, dass die FDP es blockiert und als angeblich linkes Ideologieprojekt verhetzt", sagte Ataman. Die Verzögerung sei ein "beschämendes Signal an Millionen von Menschen, die sich in Deutschland gegen Extremismus engagieren".
Das Demokratiefördergesetz soll Vereine und Organisationen, die sich für die Stärkung der Demokratie und die Prävention von Extremismus einsetzen, mit einer besseren finanziellen Grundlage ausstatten.
Ataman warnte außerdem davor, Geflüchtete und Muslime zu Sündenböcken in den politischen Debatten zu erklären. Dies befeuere Rassismus. "Man kann kritische Migrationsdebatten führen, ohne Muslime und Migranten zu Sündenböcken für die Probleme im Land zu erklären. Trotzdem geschieht genau das immer wieder." Menschen mit Migrationsgeschichte würden auch nach dem Anschlag von Hanau noch "öffentlich stigmatisiert", sagte Ataman.