Spionageaffäre in der AfD Ein Versuch, auf Distanz zu gehen
Spionage müsse "aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden", betont die AfD. Dennoch will die Partei an ihrem Europawahl-Spitzenkandidaten Krah festhalten. Am Donnerstag soll die Spionageaffäre Thema im Bundestag sein.
Maximilian Krah ist am Morgen an die Spree gekommen. Vor dem Bundestag spricht der AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl in ein halbes Dutzend Mikrofone: "Ich bin und bleibe Spitzenkandidat. Es geht jetzt darum, dass wir den Wahlkampf wieder auf die europäischen Themen fokussieren und wegkommen, von dieser letztlich sehr unangenehmen Angelegenheit."
Die "unangenehme Angelegenheit" ist der Spionageverdacht gegen einen seiner Mitarbeiter. Dieser sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt wirft ihm vor, Informationen an den chinesischen Geheimdienst weitergegeben zu haben.
"Es ist ein sehr schwerwiegender Vorwurf", sagt Krah. "Nachdem heute der Haftbefehl bestätigt wurde, werde ich noch heute den Mitarbeiter kündigen." Krah hatte sich am Morgen im Bundestag mit den AfD-Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla beraten. Danach sagte der Spitzenkandidat seinen Auftritt beim Europa-Wahlkampfauftakt am kommenden Wochenende ab.
Krah steht schon länger in der Kritik
Wie Weidel und Chrupalla zu Krahs Kandidatur stehen, sagen sie nach dem Krisengespräch hinter verschlossenen Türen nicht. Wortlos verlassen sie den Sitzungssaal im Bundestag. Später kommt ein schriftliches Statement. Vier Sätze lang, mit dem Versuch, auf Distanz zu gehen:
Jegliche Einflussnahmen fremder Staaten durch Spionage, aber auch der Versuch, Meinungen und Positionen zu kaufen, müssen aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden.
In der AfD scheint sich die Verwunderung über die Vorwürfe aber in Grenzen zu halten. Krah steht schon länger in der Kritik, er sei zu freundlich gegenüber China und Russland. Ende vergangenen Jahres hatte ihn die US-Bundespolizei FBI bei einem USA-Besuch zu möglichen Geldzahlungen aus Russland befragt.
Von Notz: Rechtsextreme als "Allianzpartner der Autokratien"
Auch für Konstantin von Notz kommen die Vorwürfe gegen die AfD nicht überraschend: "Man versucht, den Laden schlechtzureden und durch Wahlen in die Verantwortung zu kommen, um die Demokratie zu schleifen und abzuschaffen", so Notz. "Deswegen sind diese rechtsextremen Parteien der natürliche Allianzpartner der Autokratien dieser Welt."
Der Grünen-Fraktionsvize ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag, das die Geheimdienste kontrollieren soll. Er warnt schon länger vor den Einflussversuchen Chinas und Russlands und den Verbindungen zu rechtsextremen Parteien in Europa.
Scholz: "Sehr, sehr, sehr besorgniserregend"
Wie ernst die Bundesregierung die Spionagevorwürfe nimmt, wird am Nachmittag klar. "Das, was wir da erfahren haben, das finde ich sehr, sehr, sehr besorgniserregend." Olaf Scholz betont, wie wichtig die Spionageabwehr ist. Aus Sicht des Bundeskanzlers läuft sie erfolgreich. Man sehe an den jüngsten Verhaftungen, dass das ziemlich gut gelingt. "Und das sollte uns anspornen, mit aller Kraft alles dafür zu tun, dass wir allen auf die Schliche kommen, die gegen uns und unsere Sicherheit spionieren."
Morgen will die Ampel die Vorwürfe gegen die AfD auf die Tagesordnung des Bundestags setzen. Jeder soll sich ein Bild machen können, erklärt der Grünen-Innenpolitiker von Notz: "Das wirksamste aller Mittel ist, dass solche Skandale Konsequenzen haben und die Leute sehen, dass die AfD nicht für die Interessen Deutschlands eintritt, sondern für die fremder Mächte."
Eine Stunde wollen die Abgeordneten darüber diskutieren. Und nicht zulassen, dass die AfD einen Schlussstrich zieht.