Deutsche Straßen und Schienen Es geht bergab
Der Zustand der deutschen Infrastruktur hat sich in den vergangenen Jahren nochmals verschlechtert. Mehr Straßen- und Schienenabschnitte sind sanierungsbedürftig. Und das, obwohl das Problem "Sanierungsstau" kein neues ist.
Es steht nicht gut um Deutschlands Autobahnen und das Schienennetz. Trotz angekündigter umfassender Sanierungsprogramme hat sich deren Zustand in den vergangenen Jahren noch weiter verschlechtert. Das ergab die Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW).
Das Ministerium bezog sich in seiner Antwort auf die jüngste Zustandserfassung für Straßen 2021/22, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtete. Das Ergebnis für die Autobahnen: 7.112 Kilometer werden als sanierungsbedürftig eingestuft. Damit ist der Reparaturbedarf gegenüber der vorangegangenen Zustandserfassung für die Jahre 2017/18 nochmals deutlich gestiegen - um genau 1.315 Kilometer.
Auch bei den Autobahnbrücken hat sich laut Ministerium kaum etwas geändert. Nach wie vor werden etwa 8.000 von ihnen als sanierungsbedürftig eingestuft. Auch wenn zwischen 2021 und 2023 510 sogenannte Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen worden seien.
Der "Sanierungsstau" bei Autobahnbrücken ist kein neues Problem. Um das anzugehen, hatte Bundesverkehrsminister Volker Wissing 2022 extra einen "Brückengipfel" einberufen. Damals lag Deutschland bei der Instandsetzung von mindestens 4.000 Brücken zurück, hieß es vom FDP-Politiker selbst. Aus seinem Ministerium hieß es zu diesem Zeitpunkt, insgesamt müssten bundesweit mehr als 10.000 Autobahn- und Bundesstraßenbrücken modernisiert werden.
Keine Fortschritte beim maroden Schienennetz
Der Blick auf das deutsche Schienennetz fällt dem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland zufolge kaum besser aus. Der Umfang der zu sanierenden Bahnstrecken nahm demnach zwischen 2021 und 2023 nochmals zu und stieg von 17.529 auf 17.636 Kilometer. Auch die Zahl der Bahnbrücken, die durch einen Neubau ersetzt werden müssen, habe sich in diesem Zeitraum von 1.089 auf 1.160 erhöht.
Dabei hat sich die Deutsche Bahn in Sachen Sanierung selbst hohe Ziele gesteckt. Ende des vergangenen Jahres verkündete der Konzern, dass Deutschlands Schienen bis 2030 zum "Hochleistungsnetz" werden sollten. Insgesamt 40 Streckenabschnitte will die Bahn bis 2030 erneuern, auf gut 4.000 Streckenkilometern. Weitere 4.000 Kilometer sollen durch "kleinere und mittlere Maßnahmen" verbessert werden. Geschätzter Kostenpunkt: mindestens 45 Milliarden Euro.
Der Startschuss für das große Sanierungsprogramm fiel laut Deutscher Bahn mit Beginn dieses Jahres. Insgesamt 2.000 Kilometer Gleise, 2.000 Weichen sowie zahlreiche Bahnhöfe und Brücken sollen allein 2024 erneuert werden - für rund 16,4 Milliarden Euro.
"Ein riesiger Sanierungsfall"
Die Zahlen der jüngsten Zustandserfassung zeigen in den Augen von BSW-Chefin Sahra Wagenknecht, dass die deutsche Verkehrsinfrastruktur "ein riesiger Sanierungsfall" sei. "Ob Schienen, Brücken oder Straßen: Die Zahlen werden eher schlechter als besser. Das Sanierungstempo reicht nicht aus, um den Verfall zu stoppen", mahnte sie.
Die Ampelregierung habe zugelassen, dass sich der Zustand in den vergangenen beiden Jahren noch mehr verschlechtert habe. Doch die Hauptschuld sieht Wagenknecht nicht bei der amtierenden Bundesregierung, sondern bei der Union. "CDU und CSU sind die Hauptverantwortlichen dafür, dass Straßen, Brücken und Schienen heruntergewirtschaftet wurden", kritisierte die Politikerin.