Hochwasser in Deutschland Sorge vor neuem Dauerregen
Tagelang war es einigermaßen trocken, jetzt hat neuer Regen eingesetzt - und die Lage in den Hochwassergebieten könnte sich weiter verschärfen. In Niedersachsen sind zahlreiche Pegelstände von Flüssen weiterhin über der höchsten Meldestufe.
In den Hochwassergebieten in mehreren Bundesländern zeichnet sich vorerst keine Entspannung ab. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt vor Dauerregen in Teilen Deutschlands, der bis Donnerstagnacht anhalten soll. Konkret heißt es im Warnlagenbericht des DWD: "Von Niedersachsen bis zum Schwarzwald sowie in den östlichen Mittelgebirgen teils hohe Regenmengen." Das könnte die Lage in den betroffenen Regionen verschärfen.
Seit Tagen sind Einsatzkräfte in mehreren Regionen im Dauereinsatz. Betroffen sind vor allem Niedersachsen, Teile Nordrhein-Westfalens, Thüringens und der Süden Sachsen-Anhalts.
Das niedersächsische Innenministerium sprach am Morgen von einer kritischen Lage. In einigen Kommunen sei weiterhin ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt. Dadurch können Landkreise oder Städte beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen. Diese Stufe gelte in sechs Landkreisen sowie der Stadt Oldenburg. Betroffene Landkreise seien Celle, Oldenburg, Emsland, Osterholz, der Heidekreis sowie Verden.
Viele Pegelstände weiterhin über höchster Meldestufe
Zahlreiche Pegelstände von Flüssen in Niedersachsen sind wegen des anhaltenden Hochwassers weiterhin über der höchsten Meldestufe. Das geht aus einer Übersicht des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz von Dienstagmorgen hervor. Betroffen sind mehrere Orte an der Weser, Aller und Leine. In einigen Orten sank der Pegelstand demnach um mehrere Zentimeter, in mehreren stieg er hingegen leicht an.
In Drakenburg an der Weser lag der Pegelstand am Dienstag um 7.00 Uhr demnach 16 Zentimeter über der höchsten Meldestufe, wie auch in der Gemeinde Dörverden. Laut DWD ist am Dienstag gebietsweise Dauerregen mit 30 bis 40 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zu rechnen. Auch am Mittwoch soll es regnerisch bleiben.
Lilienthal sperrt Wälder
In der vom Hochwasser bedrohten Gemeinde Lilienthal bei Bremen dürfen zwei Wälder nicht mehr betreten werden. "Die Böden der Wälder sind aufgrund der gestiegenen Grund- und Oberflächenwasserspiegel und der anhaltend hohen Wasserstände derart aufgeweicht, so dass die Standsicherheit einiger Bäume nicht mehr gegeben ist und derzeit bereits teilweise entwurzeln und umstürzen", heißt es in der entsprechenden Allgemeinverfügung.
Demnach ist das Verbot zwingend notwendig, um die drohende Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen abzuwenden. Das Verbot gelte solange, bis Kontrollen ergeben, dass die Wälder wieder als sicher gelten. Die Allgemeinverfügung wurde am Neujahrstag veröffentlicht und betrifft die Wälder Butendieker Gehölz und Mittelholz.
In Lilienthal dürfen wegen des Hochwassers auch die Deichanlagen und die deichnahen Bereiche nicht betreten werden. "Die Deichanlagen, die deichnahen Bereiche und deren Zuwegungen sind aufgrund der starken Niederschlagsmengen und der anhaltend hohen Wasserstände aufgeweicht", heißt es in der Allgemeinverfügung.
"Bei Betreten besteht die Gefahr, dass die Deiche brechen, sich das Wasser unkontrolliert ausbreitet und gefährdete Gebiete, insbesondere Wohnbebauung überschwemmt." Wegen des Hochwassers in der Gemeinde nahe Bremen mussten einige Bewohnerinnen und Bewohner vorübergehend ihre Wohnungen und Häuser verlassen.
Steigende Pegelstände auch in Thüringen
Auch an der Werra in Südthüringen steigt der Wasserstand seit dem Morgen wieder an. Nach Angaben des Landesamtes für Umwelt, Bergbau und Naturschutz in Jena ist im Tagesverlauf und vor allem in der Nacht zum Mittwoch damit zu rechnen, dass einige Pegelstände wieder den Meldebeginn erreichen.
Der DWD warnt in Teilen Thüringens vor ergiebigem Dauerregen bis Freitag, dies gilt vor allem für den südwestlichen Thüringer Wald und den Südharz. In Nordthüringen werden deutliche Anstiege der Wasserstände an Zorge und Bere sowie an der Unstrut erwartet.
Am Morgen hatten zunächst vier Pegel in Thüringen den Meldebeginn wieder überschritten. Betroffen waren die Nahe in Hinternah, die Unstrut in Oldisleben, die Saale in Saalfeld-Remschütz und die Bere im nordthüringischen Ilfeld. An der Helme im Kyffhäuserkreis soll im Laufe des Tages entschieden werden, ob ein Deichdurchbruch bei Mönchpfiffel-Nikolausrieth nochmals vertieft wird, um Hochwasser auf Felder abzuleiten. Der Deich war am vergangenen Donnerstag kontrolliert auf einem Teilstück von Baggern geöffnet worden, um eine Überflutung des 300-Einwohner-Ortes zu verhindern.
Rotes Kreuz fordert Ausbau der Katastrophenvorsorge
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) dringt auf eine bessere Vorbereitung auf solche Krisen. "Wir brauchen mehr und bessere Ausstattung für Katastrophenfälle in Deutschland", sagte DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt der Rheinischen Post. "Die Defizite sind eklatant, insbesondere bei der materiellen Ausstattung." Nach der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 sei das Bewusstsein der politisch Verantwortlichen für den Bevölkerungsschutz gestiegen. "Davon ist jetzt nicht mehr viel übrig."
Es gebe ein Konzept, aber dessen Umsetzung stocke aufgrund sehr begrenzter Haushaltsmittel. Politischer Konsens sei es gewesen, "zehn mobile Betreuungsmodule für den Einsatz bei zerstörter Infrastruktur zu beschaffen. Bisher gibt es nur eins", beklagte Hasselfeldt. Mit einem Modul, das zum Beispiel aus Zelten besteht, können ihren Angaben zufolge jeweils bis zu 5.000 Menschen aufgenommen, betreut und umfassend versorgt werden. "Wir reden die Krisen nicht herbei. Aber es ist absehbar, dass wir immer öfter von Katastrophen betroffen sein werden. Womöglich auch gleichzeitig."
Am Silvestertag hatte Bundeskanzler Olaf Scholz ein Hochwassergebiet in Niedersachsen besucht, einen Tag später Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie sagte weitere Unterstützung zu.