Koalition streitet weiter Der kurze Frieden bei der Grundrente
Gestern hat Arbeitsminister Heil den Gesetzentwurf zur Grundrente zur Abstimmung ans Kabinett gegeben. Aber ob die Rente so kommt, darf bezweifelt werden. Denn es hagelt Kritik.
Am 10. November schien nach langem Ringen endlich alles in Butter - beziehungsweise in Speiseeis: "Wir haben dann mal zwischenzeitlich Erdbeereis gegessen, um die Stimmung etwas aufzuhellen. Das hat dann alle friedlich gestimmt", erinnert sich CSU-Chef Markus Söder.
Der Koalitionsausschuss von Union und SPD hatte sich endlich auf einen Kompromiss zur Grundrente geeinigt. Kaum aber ist gut zwei Monate später der Gesetzentwurf des zuständigen Ministers Hubertus Heil auf dem Markt, hat der Frieden auch schon wieder ein Ende: "Das ganze ist Stückwerk und kann so nicht ins Gesetz kommen, obwohl wir jetzt natürlich liefern wollen. Da ist schlampig gearbeitet worden", poltert der CSU-Wirtschaftspolitiker Hans Michelbach im Interview mit dem WDR.
"Da ist zunächst einmal der Punkt, dass es eine Benachteiligung von Ehepartnern gegenüber unverheirateten Paaren gibt", führt Michelbach aus. Denn: Bei den Verheirateten erfasse die Einkommensprüfung auch die Ehepartner - bei unverheiratet Zusammenlebenden bliebe der Partner dagegen außen vor. Das sei nicht verfassungskonform. Zweitens fehle eine solide Finanzierung: "Deshalb geht das, was jetzt vorliegt, am gefundenen Kompromiss vorbei", so der CSU-Politiker.
Die Parteichefs Kramp-Karrenbauer, Dreyer und Söder präsentieren im November den Kompromiss zur Grundrente.
Finanzierung unklar
Die Grundrente sollen mehr langjährige Geringverdiener bekommen als zunächst geplant: Bereits ab 33 Beitragsjahren soll es einen Zuschlag geben, erst ab 35 dann - wie schon länger bekannt - den vollen Satz. Laut Gesetzentwurf bedeutet das allein für das erste Jahr Kosten von rund 1,4 Milliarden Euro. Die sollen vollständig aus Steuermitteln gedeckt werden - unter anderem mit einer Steuer auf Finanztransaktionen. Eine solche Steuer aber gibt es noch gar nicht. Finanzminister Olaf Scholz verhandele darüber weiterhin mit EU-Partnerländern, sagt Kristina Wogatzki vom Finanzministerium: "Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit den Mitgliedsstaaten bald zu einer Einigung kommen", sagt Wogatzki. Einen konkreten Zeitplan allerdings kann auch sie nicht nennen.
"Der Gesetzesentwurf ist ohne den Finanzierungsteil in der Ressortabstimmung", ergänzt Franziska Haas, Sprecherin des Arbeitsministeriums. Damit aber sei das Ganze noch gar nicht beschlussreif, kritisiert der sozialpolitische Sprecher der CDU, Peter Weiß, den Gesetzentwurf, der jetzt den Ministerien zur Abstimmung vorliegt: "Und deshalb Beschlussfassung im Kabinett über die Grundrente nur, wenn auch der Finanzteil klar ist. Wir wollen auf jeden Fall vermeiden, dass die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für die Grundrente aufkommen müssen", sagt der CDU-Politiker.
Dem ARD-Hauptstadtstudio sagt Weiß, wenn die noch offenen Fragen geklärt würden, könnte im Februar das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen: "Zu den offenen Fragen gehört auch, wie wir die Grundrente tatsächlich auf diejenigen konzentrieren, die sie auch dringend brauchen. Und dazu wird es noch intensive Verhandlungen geben."
Auf die Koalition kommt noch ein Stück Arbeit zu
Nichts mehr mit Erdbeereis also bei der Union, dem Koalitionspartner der SPD. Dazu kommt dann auch noch die Fundamentalkritik der Opposition, darunter Johannes Vogel von der FDP, die auch die Absenkung auf 33 Beitragsjahre nicht zufriedenstellt: "Vorher waren es alle, die weniger als 35 Jahren Rentenzeiten hatten, jetzt sind es alle, die weniger als 33 Jahre Rentenzeiten haben. Damit hat man aus dem Abhang eine steile Böschung gemacht, aber trotzdem fallen noch immer viele Menschen hintenüber. Und das kann es nicht sein."
Die Prognose von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bei der Jahresauftaktklausur der SPD-Abgeordneten zur Einführung der Grundrente scheint sich mehr zu bewahrheiten, als ihm lieb sein dürfte: "Wir haben es angekündigt, aber jetzt liegt die harte Arbeit vor uns."