Baerbock auf Grünen-Länderrat "Es geht um unser Friedensprojekt Europa"
Verantwortung übernehmen statt wegducken: Außenministerin Baerbock hat die Grünen auf dem Parteitag aufgerufen, den Ukraine-Kurs der Bundesregierung mitzutragen. Grünen-Chef Nouripour erklärte, man werde eine Friedenspartei bleiben.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat die Grünen auf dem Länderrat in Düsseldorf aufgerufen, den von der Bundesregierung eingeschlagenen Weg zur Unterstützung der Ukraine und der Ausrüstung der Bundeswehr mitzutragen. "In diesen Momenten, wo das Unvorstellbare doch bittere Realität geworden ist, tragen wir Verantwortung und müssen Dinge entscheiden, die wir uns bisher nicht vorstellen konnten", sagte sie in einem Video-Beitrag für den kleinen Parteitag.
Es gehe "um unser Friedensprojekt Europa", sagte Baerbock. Sie sei dankbar dafür, dass die Grünen bereit seien, Verantwortung zu übernehmen und sich nicht wegduckten. Es sei eine Stärke und keine Schwäche, Dinge neu und anders zu denken. "Daher sagen wir klar und deutlich, nicht nur, dass wir an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen, sondern dass wir es richtig finden, dass wir jetzt auch schwere Waffen zur Selbstverteidigung der Ukrainerinnen und Ukrainer jetzt gemeinsam liefern." "Wir hadern, ob wir ausreichend handeln. Denn selbst mit diesen Waffenlieferungen wissen wir nicht, wann dieser Krieg zu Ende sein wird", so Baerbock.
Nein zur Flugverbotszone
Baerbock sprach sich erneut gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine aus. "Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren", so sehr es einem auch das Herz zerreiße angesichts der Bilder. "Wir tragen Verantwortung dafür, dass dieser Krieg nicht ein Krieg wird in ganz Europa für weitere Millionen von Menschen." Es gibt Befürchtungen, dass die NATO zur Durchsetzung einer Flugverbotszone russische Flugzeuge notfalls abschießen müsste und so in den Krieg hineingezogen werden könnte.
Nouripour: Grüne bleiben Friedenspartei
Grünen-Chef Omid Nouripour verteidigte die militärische Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriff und bekannte sich zugleich zum Einsatz für den Frieden. "Wir werden immer Friedenspartei bleiben", versprach Nouripour beim Parteitag. Gerade Baerbock habe alles getan, um einen Krieg zu verhindern, der Kreml habe daran aber kein Interesse gehabt.
Nouripour sagte weiter, dass die Grünen als Regierungspartei der Realität ins Gesicht schauten. Das bedeute keinen Abschied vom Bemühen um friedliche Konfliktlösungen. Der Einsatz von Militär dürfe nur "ein aller-, allerletztes Mittel" sein. Die Lage in der Ukraine zwinge die Grünen nun, Dinge zu tun, die sie vor einigen Wochen nicht getan hätten, darunter die Lieferung schwerer Waffen. "Es ist unser Job als Grüne, die historisch gewachsene berechtigte Kultur der militärischen Zurückhaltung nicht aufzugeben. Das ist und bleibt richtig", sagte Nouripour.
Das NATO-Ziel, jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben, sei falsch. Der Verankerung im Grundgesetz stimmten die Grünen nicht zu, sagte Nouripour, der einen Antrag des Bundesvorstands zur Ukrainepolitik einbrachte. Allerdings müsse die Bundeswehr sich massiv verändern, etwa bei der Beschaffung. Wichtig sei aber auch der Einsatz gegen Cyberattacken oder gegen Desinformationskampagnen.
Nouripour warnte vor einer globalen Katastrophe, falls der "perfide Plan" des russischen Präsidenten Wladimir Putin Erfolg habe, die ukrainischen Häfen zu blockieren. Dann würden wichtige Getreideexporte aus der Ukraine verhindert, und der Hunger nähme zu auf der Welt. "Es ist an Skrupellosigkeit nicht zu überbieten." Es gehe nicht nur darum, den Menschen in der Ukraine zu helfen, sondern auch dies zu verhindern.
Haßelmann: Kämpfe sofort einstellen
Fraktionschefin Britta Haßelmann betonte: "Es geht hier nicht um Kompromisse." Es gehe darum, dass die russische Regierung alle Kampfhandlungen einstellen muss, und zwar sofort". Kulturstaatsministerin Claudia Roth nannte Russland eine "lupenreine Diktatur". "Vernichtet werden sollen die Kultur und die kulturelle Identität der Ukraine." Die Ukraine müsse sich verteidigen können, auch mit schweren Waffen. Dennoch warnte Roth vor einer einseitigen Debatte und einer Aufrüstungsspirale.
Skepsis beim Thema Sondervermögen
Während es viel Zuspruch für die Unterstützung der Ukraine gab, zeigten sich mehrere Redner skeptisch, was das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr angeht. Natürlich müsse die Bundeswehr gut ausgestattet werden, es gehe aber um die richtige Reihenfolge, sagte Sebastian Hansen vom Kreisverband Würzburg-Land. Es müsse zunächst gesichert sein, dass die Mittel nicht versickerten.
Er unterstütze deshalb einen Antrag der Grünen Jugend, der "eine Reform des Beschaffungswesens und eine bedarfsgerechte Ermittlung notwendiger Militärausgaben" fordert.