Unis und Hochschulen Stark-Watzinger fordert hartes Durchgreifen bei Antisemitismus
Propalästinensische Proteste an deutschen Hochschulen schüren in der Politik die Sorge, dass sich auch antisemitische Vorfälle mehren könnten. Bildungsministerin Stark-Watzinger sieht auch die Universitäten in der Pflicht, dem entgegenzuwirken.
Die USA, Frankreich und nun auch Deutschland - in mehreren Ländern gibt es an Universitäten und Hochschulen Proteste gegen den Krieg im Gazastreifen. Bei Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger wächst die Sorge, dass es in Deutschland ähnlich gewaltsam zugehen könnte wie teils an amerikanischen Universitäten - und dass im Zuge des Protests gegen den Krieg in Nahost auch antisemitische Tendenzen stärker zu Tage treten könnten.
"Das Ausmaß an Israel- und Judenhass an zahlreichen westlichen Universitäten ist unerträglich", warnte die FDP-Politikerin im Gespräch mit der "Rheinischen Post". Die massiven Ausschreitungen der vergangenen Tage an Hochschulen in den USA müssten für Deutschland eine Mahnung und Warnung sein.
In den USA haben sich die landesweiten Proteste an Hochschulen verschärft. Unter anderem richteten Studierende auf dem Campus der Elite-Universität Yale ein propalästinensisches Protestcamp ein, ebenso wie auf dem Gelände der University of California in Los Angeles. Das Camp auf dem UCLA-Campus wurde zwar aufgelöst, trotzdem gab es vor wenigen Tagen erneut gewaltsame Zusammenstöße zwischen pro-palästinensischen und pro-israelischen Demonstrierenden.
Die Columbia Universität in New York entschied wegen der anhaltenden Proteste Ende April sogar, den Unterricht vorübergehend online abzuhalten. Universitätspräsidentin Minouche Shafik kritisierte eine teils unerträgliche Atmosphäre für jüdische Studierende. Auch jüdische Studentinnen und Studenten selbst berichteten, Hass und Aggression ausgesetzt zu sein.
Exmatrikulation müsse möglich sein
Auch an Hochschulen in Deutschland habe es seit dem 7. Oktober israel- und judenfeindliche Aktionen gegeben, betonte Stark-Watzinger und rief dazu auf, Hetze gegen Jüdinnen und Juden und die Verherrlichung von Terror konsequent zu bekämpfen. Dabei seien sowohl der Rechtsstaat als auch die Hochschulen selbst gefragt, die konsequent von ihrem Hausrecht Gebrauch machen müssten. "Auch eine Exmatrikulation muss in besonders schweren Fällen möglich sein", forderte die Ministerin.
Auch der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, äußerte sich in der "Rheinischen Post" zunehmend besorgt über eine "aggressive anti-israelischen Stimmung" an deutschen Universitäten und Hochschulen, die teils antisemitisch motiviert sei. Er höre immer wieder von völlig inakzeptablen Fällen, in denen jüdische Studierende für die militärische Offensive im Gazastreifen verantwortlich gemacht würden. Die Studentinnen und Studenten würden etwa nur dann in Hörsäle oder Seminarräume gelassen, wenn sie das militärische Vorgehen verurteilten. Viele trauten sich dadurch nicht mehr an die Uni oder zeigten ihre jüdische Identität nicht mehr so offen.
Auch Klein appellierte an die Hochschulen, ihr Hausrecht geltend zu machen und im Zweifel auch Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu erstatten.
Antisemitische Flyer verteilt
Mahnende Worte kommen auch von Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Jüdische Studentierende seien seit vielen Monaten in hohem Maße von Antisemitismus betroffen und das habe ein extremes Unsicherheitsgefühl unter ihnen hervorgerufen, kritisierte er. Als Beispiel nannte er Vorfälle an der Universität in Oldenburg. Dort seien einige Studenten angegriffen worden, die antisemitische Flugblätter eingesammelt hätten.
Der Allgemeine Studierenden-Ausschuss der Universität (AStA) hatte die Vorfälle bestätigt. Mindestens zwei Studierende sollen Ende April in der Mensa Flyer mit antisemitischen Zitaten für eine propalästinensische Demo verteilt haben. AStA-Mitglieder hätten die Flyer eingesammelt. Dabei seien sie von den Studierenden, die sie zuvor verteilt hatten, in eine Ecke gedrängt, beleidigt und körperlich angegangen worden, zitierte der NDR einen AStA-Sprecher.
Propalästinensische Demo an Humboldt-Universität
Die Proteste an deutschen Universitäten und Hochschulen fielen bislang aber eher klein aus. Ende des vergangenen Jahres gaben in einer Umfrage der "Zeit" unter allen 140 Hochschulen und Universitäten mit mehr als 5.000 Studierenden lediglich zwölf Universitäten an, dass es Aktionen in Zusammenhang mit dem Nahost-Krieg gegeben habe.
Bei einer der bisher größten Protestaktion auf einem Universitätsgelände hatten sich am Freitag an der Humboldt-Universität (HU) in Berlin-Mitte etwa 300 Teilnehmende zu einer propalästinensischen Demonstration versammelt. Laut Polizei wurden dabei wiederholt volksverhetzende Parolen ausgegeben, weshalb mehrere Personen festgenommen worden seien.