Tafeln beklagen Überlastung Aufnahmestopps und Wartelisten
Mehr Bedürftige, weniger Spenden - die Tafeln in Deutschland sind überlastet. In vielen Städten gibt es Aufnahmestopps und Wartelisten. Laut Tafel-Dachverband stieg die Nachfrage in diesem Jahr rasant.
Etwa ein Drittel der Tafeln in Deutschland sind laut dem Tafel-Dachverband überlastet. Dort gebe es "temporäre Aufnahmestopps oder Wartelisten", sagte der Vorsitzende Andreas Steppuhn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Einige Anlaufstellen würden zudem ihre Öffnungszeiten verkürzen. Besonders in den Großstädten ist der Andrang groß.
Insgesamt gibt es in Deutschland rund 1.000 Tafeln. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren kommen Stepphuhn zufolge im Durchschnitt 50 Prozent mehr Kundinnen und Kunden. 2023 seien es 1,6 bis zwei Millionen Menschen gewesen, die regelmäßig Unterstützung durch die Tafeln in Anspruch nähmen. Man könne inzwischen von einem "Dauerkrisenmodus" sprechen, sagte Steppuhn. Erst der Krieg in Syrien, dann die Corona-Pandemie und schließlich der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten die Lage in den vergangenen Jahren weiter verschärft. "Armut in Deutschland nimmt zu - und das spürbar."
Viele verschiedene Kundinnen und Kunden
In Deutschland seien die Löhne und Renten zu niedrig dafür, dass die Menschen über die Runden kommen, kritisierte er. Dies spürten die Tafeln. So kämen nicht nur arbeitslose oder obdachlose Menschen zu den Ausgabestellen, sondern auch Menschen mit niedrigen Renten oder Mindestlohn-Jobs.
"Wir brauchen Löhne und Renten, von denen Menschen auch wirklich leben können - dazu gehört ein Mindestlohn von 15 Euro", sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier. "Solange das nicht passiert, werden Millionen bei der Tafel ihren Kühlschrank aufstocken müssen."
Weniger Spenden
Laut dem Bundesverband brauchen die Tafeln vor allem Lebensmittel wie Reis und Nudeln, die wegen ihres langen Mindesthaltbarkeitsdatums eher weniger gespendet werden. Unternehmen könnten die Warenbestellung mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz immer mehr an das Verhalten der Kunden anpassen, heißt es beim Bundesfachverband Lebensmittelhandel (BVLH). Damit gelinge es, den Anteil der Waren, die nicht verkauft werden können, weiter zu reduzieren. Somit fielen weniger Lebensmittel an, die gespendet werden können, sagte eine Sprecherin des Handelsverbands NRW.
Vor 30 Jahren wurde die erste deutsche Tafel in Berlin gegründet. 60.000 Helferinnen und Helfer, davon 90 Prozent Ehrenamtliche, engagieren sich bundesweit bei den Tafeln.