Minderjährige Geflüchtete Allein auf der Flucht
Junge Geflüchtete stellen die Behörden oft vor Herausforderungen: Minderjährige, die ohne ihre Eltern nach Deutschland kommen, brauchen eine besondere Betreuung. Doch Gastfamilien sind schwer zu finden.
Der 17-jährige Humayon ist aus Afghanistan nach Deutschland gekommen. Vier Monate war er auf der Flucht, seit Anfang Januar wohnt er in der Eifel. Er ist einer von 19 jungen Geflüchteten, um die sich im Kreis Euskirchen die Corsten Jugendhilfe kümmert. Eigentlich hat sie die Aufgabe, schwer erziehbare Kinder und Jugendliche zu betreuen.
Nun ist das beschauliche Hellenthal-Reifferscheidt die vorübergehende Heimat von Humayon. Der 17-Jährige hat konkrete Pläne. "Seit elf Monaten bin ich in Deutschland. Einen Tag in der Woche mache ich ein Praktikum in Euskirchen und ich möchte dann eine Ausbildung als LKW-Mechaniker machen", erzählt er.
Öffentliche Suche nach Gastfamilien
Insgesamt leben im Kreis Euskirchen etwas mehr als 100 unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Die meisten kommen aus Syrien und Afghanistan. Das Jugendamt hat öffentlich nach Gastfamilien gesucht. "Die Familien sollen Kindern ein sicheres und familiäres Umfeld bieten", hieß es in dem Aufruf.
"Es gibt monatliches Pflegegeld, es gibt pädagogische Fachkräfte, die je nach Bedarf die Familien und jungen Menschen betreuen. Das können mehrere Stunden in der Woche sein, aber auch wenn es keine Schwierigkeiten gibt oder die Betreuung nicht so intensiv notwendig ist, dann alle zwei Wochen vielleicht eine Stunde", so Benedikt Hörter vom Kreisjugendamt Euskirchen.
Trotz dieses Angebots gab es nur wenig Rückmeldungen. Das Jugendamt arbeitet deshalb erst einmal verstärkt mit entsprechenden Jugend-Einrichtungen zusammen. Hier werden die jungen Geflüchteten auf ein eigenständiges Leben vorbereitet und Perspektiven entwickelt.
Viele Geflüchtete bevorzugen Einrichtungen
Die meisten jungen Geflüchteten seien nicht traurig über diese Entscheidung. Viele fänden die Betreuung in einer Einrichtung sogar besser als in einer Gastfamilie. "Die haben natürlich ihre eigene Familie womöglich irgendwo in ihrem Heimatland zurückgelassen. Die haben die Idee, in Deutschland für sich ein Leben aufzubauen, um ihre Familie in der Heimat unterstützen zu können. Da ist überwiegend eigentlich die Idee, dass sie sich verselbständigen wollen, auf eigenen Beinen stehen wollen", so Tobias Corsten von der Corsten Jugendhilfe.
Dazu gibt es in der Einrichtung Räumlichkeiten, die wie eine WG funktionieren. Sieben bis acht Jugendliche wohnen zusammen. Tagsüber werden sie in Programme eingebunden, beispielsweise beim Fußball, bei Wald-Exkursionen oder beim Schwimmen. 90 Minuten dauern diese Programme. In dieser Zeit kommt es auch zu Begegnungen zwischen den deutschen und ausländischen Jugendlichen. Sonst gibt es kaum Kontakt untereinander.
Begrenzter Kontakt mit "auffälligen" Jugendlichen
"Die meisten Geflüchteten wollen mit den auffälligen Jugendlichen gar nicht so viel zu tun haben", so Corsten. Die Betreuer achten genau darauf, wer mit wem in Kontakt kommt. "Das ist immer eine Gratwanderung. Zwischen wem können wir Kontakte herstellen. Wir haben ja auch Jungs, die im Vorfeld vielleicht nicht den richtigen Rahmen hatten, aber sich bei uns ganz anders zeigen", so Corsten.
Natürlich sollen die Geflüchteten so oft wie möglich unter Deutsche kommen. Eine Möglichkeit dazu gibt es in Reifferscheid in der Eifel. Hier gehen die Geflüchteten einmal in der Woche mit Einheimischen durch den Ort und helfen dabei, Flutschäden zu beseitigen.
Tobias Corsten versucht derzeit, ein Netzwerk aufzubauen. "Wir suchen nach engagierten Personen, die auch mal nur für ein Wochenende ihre Türen öffnen oder aber auch andere Einrichtungen, die Freizeitangebote haben." Ziel sei es auch, neu angekommene Jugendliche mit Geflüchteten zu vernetzen, die schon länger hier sind. Angebote werden dringend gebraucht. Der Kreis Euskirchen geht davon aus, dass die Zahl der geflüchteten Minderjährigen weiter steigen wird.