Kapazitäten in den Kommunen Flüchtlingshelfer an der Belastungsgrenze
Einer Umfrage zufolge sind viele Kommunen mit der Aufnahme von Geflüchteten überlastet. Das spüren auch freiwillige Helferinnen und Helfer - und sind frustriert.
"Everybody is welcome" - jeder ist willkommen, so steht es an der Tür im "Café Asyl" in Landau. Hier, im Büro des Vereins, hat Magdalena Schwarzmüller schon mehreren Hundert Geflüchteten geholfen, wie sie erzählt. Schwarzmüller berät seit 30 Jahren Asylsuchende, die in die Stadt in Rheinland-Pfalz kommen. Sie hilft beim Ausfüllen von Formularen, bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen.
Auch wenn jeder im "Café Asyl" willkommen ist, wird es immer schwerer, tatsächlich jedem zu helfen. "Mittlerweile bin ich frustriert, weil klar ist, dass wir die Menge von Menschen überhaupt nicht mehr versorgen können", sagt Schwarzmüller. "Ich sehe immer mehr verzweifelte Menschen vor mir stehen."
Ein Beispiel: das Thema Wohnen. Lange habe die Stadt versucht, die Geflüchteten dezentral, also über die Stadt verteilt in Wohnungen unterzubringen. Das habe eine Zeit lang auch gut funktioniert, meint Schwarzmüller. Inzwischen sei eine Sammelunterkunft eingerichtet worden. Anderer Wohnraum sei kaum verfügbar. "Ich weiß von einem Fall, da stehen 800 Menschen auf der Warteliste für eine Wohnung." Die Kapazitäten in der Stadt: erschöpft.
Magdalena Schwarzmüller ist seit vielen Jahren in der Flüchtlingshilfe aktiv.
40 Prozent der Kommunen überlastet
Inzwischen geht das beinahe der Hälfte der deutschen Kommunen so, zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der Universität Hildesheim und des Mediendienstes Integration. 40 Prozent der Kommunen sehen sich demnach überlastet; knapp 60 Prozent beschreiben die Lage als "herausfordernd, aber (noch) machbar". Eine Begrenzung der Zuwanderung, eine bessere Finanzierung sowie Unterstützung beim Bau und Erwerb von Unterkünften beschreiben die Kommunen als hilfreich, um die Lage zu bewältigen.
"Ein großer Teil der Städte und Gemeinden ist längst über der Leistungsgrenze bei Unterbringung, Versorgung und Integration. Gleichzeitig steigen die Zuzugszahlen weiter und dementsprechend auch die Kosten", sagt Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds.
Bund und Länder müssten die Finanzierung sicherstellen, etwa auch für Integrations- und Sprachkurse. In der derzeitigen Lage seien nicht nur viele Kommunen, sondern auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer "an ihrer Belastungsgrenze", meint Landsberg. "Notwendig ist, die ehrenamtlichen Unterstützungsstrukturen zu stärken und die Angebote auch finanziell zu unterstützen."
Es fehlt nicht nur an Geld
Der Verein von Magdalena Schwarzmüller finanziert sich hauptsächlich durch Spenden, doch derzeit sei die finanzielle Situation enorm schwierig. Doch auch bei einer besseren finanziellen Ausstattung blieben Schwierigkeiten, bei denen sie kaum noch helfen könnten. "Es gibt massive Probleme mit psychischen Erkrankungen, Menschen, die in Drogen- und Alkoholsucht abrutschen", berichtet sie.
Die ehrenamtliche Helferin spricht aber auch ein weiteres, ganz anderes Problem an: die "Anspruchshaltung" Einzelner. "Wir erleben Menschen, die nehmen alles, aber die sind nicht bereit zu arbeiten oder hier einen Sprachkurs zu besuchen. Das sind Einzelfälle, aber leider mehren sich auch diese Einzelfälle." Es sei wichtig, auch darüber offen zu reden.
"Die Bundespolitik hört zu wenig zu"
Die Bundespolitik höre den Menschen an der Basis, Menschen wie ihr, zu wenig zu, meint Magdalena Schwarzmüller. Sie selbst ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat von Landau. Für Schwarzmüller ist etwa der Beschluss des Bundeskabinetts, dass Asylbewerber künftig nach sechs statt neun Monaten arbeiten dürfen sollen, nicht zielführend.
Ohne Sprachkenntnisse sei das kaum möglich, so die Ehrenamtliche. Die Entscheidung bringe also nur wenig Besserung in der Praxis. Integration: eine langfristige Aufgabe; in der derzeitigen Lage gebe es keine einfachen Lösungen. "Was mir am meisten fehlt, ist überhaupt die Ehrlichkeit zu sagen, dass wir ein Problem haben", sagt Schwarzmüller.
Umso wichtiger sei es, sagt die Helferin, im Alltag die Erfolge der ehrenamtlichen Arbeit nicht aus dem Blick zu verlieren: Asylsuchende, die auch dank der Unterstützung des "Café Asyl" Deutsch gelernt und Arbeit gefunden hätten. Davon gebe es schließlich einige. Und das motiviere sie, weiterzumachen - trotz allem.