Als Reaktion auf Razzia "Letzte Generation" ruft zu Protesten auf
Nach der bundesweiten Razzia gegen die "Letzte Generation" hat Sprecherin van Baalen zu Protesten aufgerufen. Die Aktivisten seien nicht kriminell. Innenministerin Faeser verteidigte den Einsatz: Man lasse "sich nicht auf der Nase herumtanzen".
Die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" haben die bundesweite Razzia gegen einige Mitglieder scharf verurteilt und angekündigt, ihre Aktionen fortzusetzen. Aimée van Baalen, Sprecherin der Aktivisten, forderte bei einer Pressekonferenz alle Bürger dazu auf, sich am Mittwoch in einer Woche an Protestmärschen in vielen Städten zu beteiligen. Heute sollen bereits erste Demonstrationen in Berlin, München und Augsburg stattfinden.
"Die 15 Hausdurchsuchungen haben alle Unterstützer hart getroffen. Sie machen uns Angst, aber wir dürfen nicht in dieser Angst verharren", sagte van Baalen. "Müssen wir in Deutschland erst eine Dürre erleben, an Nahrungsmittelknappheit leiden (...), bevor wir verstehen, dass die 'Letzte Generation' für unser aller Leben einsteht und dass das nicht kriminell ist?", kritisierte die Sprecherin weiter.
Ermittlungen gegen sieben Verdächtige
Bei der Razzia wurden unter Federführung des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) und der Generalstaatsanwaltschaft München 15 Objekte in sieben Bundesländern durchsucht sowie Konten beschlagnahmt und Vermögenswerte gesichert. Etwa 170 Beamte waren im Einsatz.
Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte zwischen 22 bis 38 Jahren wegen der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gemäß Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs.
Wie das LKA weiter mitteilte, wird den Beschuldigten zur Last gelegt, eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die "Letzte Generation" organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch bisher einen Betrag von mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben. Dieses Geld sei nach den bisherigen Erkenntnissen überwiegend auch für die Begehung weiterer Straftaten der Vereinigung eingesetzt worden.
Zwei Beschuldigte stehen dem LKA zufolge zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Ölpipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren. Durchsucht wurde auch die Wohnung der nach vielen TV-Auftritten bundesweit bekannten Sprecherin Carla Hinrichs in Berlin-Kreuzberg.
In Berlin-Kreuzberg tragen Polizisten nach einer Durchsuchung bei einem Mitglied der "Letzten Generation" einen Karton aus einer Wohnung.
Baalen: "Wir bereichern uns nicht"
Hintergrund der Ermittlungen und Durchsuchungen sind laut Staatsanwaltschaft zahlreiche Strafanzeigen. Die Gruppe macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die Folgen der Erderwärmung aufmerksam. Die Mitglieder kleben sich dabei häufig fest - an Straßen oder auch an Kunstwerken. Die Klimaschutzaktivisten selbst bestritten vehement, kriminell zu sein. Proteste erfolgten ausschließlich gewaltfrei.
Zum Vorwurf der kriminellen Vereinigung sagte Sprecherin van Baalen: "Wir bereichern uns nicht." Die gesamten Aktionen, Strukturen, Namen, und Spendeneingänge seien öffentlich. Die von der Staatsanwaltschaft genannte Summe von 1,4 Millionen Euro auf gesperrten Spendenkonten bestätigte van Baalen nicht, aber die Größenordnung könne stimmen, sagte sie. Für 2022 hatte die Gruppe die Summe von 900.000 Euro an eingegangenen Spenden genannt.
Aktivisten bezeichnen Maßnahmen als "völlig bekloppt"
Trotz der Durchsuchungen, gesperrter Internetseiten, Twitterkanäle und Bankkonten will die Gruppe ihre Blockadeaktionen und Protestmärsche fortsetzen. Es werde neue Bankkonten für die Spenden der Unterstützer geben, sagte van Baalen. Auch neue Mailkanäle und Internetseiten sollten erstellt werden. "Die Razzia bedeutet nicht, dass der Widerstand endet."
"Wir haben keine Angst vor einem Prozess", erklärte sie weiter. "Wir glauben an den Rechtsstaat." Dass Wohnungen durchsucht und Konten gesperrt würden, sei "völlig bekloppt", sagte sie in Anspielung auf eine Äußerung von Bundeskanzler Olaf Scholz über die "Letzte Generation".
"Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser verteidigte das Vorgehen gegen die Klimagruppe. "Die heutigen Maßnahmen zeigen, dass der Rechtsstaat sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt", sagte Faeser der Funke-Mediengruppe. "Polizei und Justiz nehmen Straftaten nicht hin, sondern handeln - so wie es ihre Pflicht ist", fügte die SPD-Politikerin hinzu.
"Die rote Linie im Rechtsstaat ist ganz klar - legitimer Protest endet immer da, wo Straftaten begangen und andere in ihren Rechten verletzt werden", sagte Faeser. "Wenn diese rote Linie überschritten ist, dann muss die Polizei handeln." Mit Blick etwa auf Straßenblockaden zeigte Faeser "nicht das geringste Verständnis für diese Aktionen und die begangenen Straftaten".