Aktion gegen Klimaaktivisten Bundesweite Razzia gegen "Letzte Generation"
In mehreren Bundesländern sind Wohnungen von Klimaaktivisten der "Letzten Generation" durchsucht worden. Gegen sieben Mitglieder der Gruppe gibt es Ermittlungen wegen Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung.
Im Auftrag des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) und der Generalstaatsanwaltschaft München sind Ermittlerinnen und Ermittler mit einer bundesweiten Razzia gegen die "Letzte Generation" vorgegangen. In mehreren Bundesländern wurden insgesamt 15 Objekte durchsucht, teilte das LKA mit.
Ermittlungen gegen sieben Verdächtige
Aufgrund zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung, die seit Mitte des Jahres 2022 eingingen, seien Ermittlungen gegen insgesamt sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren eingeleitet worden, hieß es weiter. Dabei gehe es um den Verdacht der Bildung beziehungsweise der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gemäß Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs.
Wie das LKA weiter mitteilte, wird den Beschuldigten zur Last gelegt, eine Spendenkampagne zur Finanzierung weiterer Straftaten für die "Letzte Generation" organisiert, diese über deren Homepage beworben und dadurch bisher einen Betrag von mindestens 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern eingesammelt zu haben. Dieses Geld sei nach den bisherigen Erkenntnissen überwiegend auch für die Begehung weiterer Straftaten der Vereinigung eingesetzt worden.
Zwei Beschuldigte stehen dem LKA zufolge zudem im Verdacht, im April 2022 versucht zu haben, die Ölpipeline Triest-Ingolstadt zu sabotieren.
Homepage der Organisation abgeschaltet
Ziel der Durchsuchungen sei das Auffinden von Beweismitteln zur Mitgliederstruktur der "Letzten Generation", die weitere Aufklärung ihrer Finanzierung sowie die Beschlagnahme von Vermögenswerten. Festnahmen erfolgten nach Angaben des LKA bisher nicht. Die Einsätze verliefen ersten Informationen zufolge friedlich. Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft wurde auch die Homepage der Gruppe beschlagnahmt und abgeschaltet.
Die Klimaschutz-Aktivisten selbst reagierten auf Twitter und bezeichneten die Maßnahmen gegen sie als "völlig bekloppt". Mit eben diesen Worten hatte Bundeskanzler Olaf Scholz die Aktionen der "Letzten Generation" vor wenigen Tagen kritisiert.
Die Vertreter der "Letzten Generation" blockieren seit rund einem Jahr überall in Deutschland Straßenkreuzungen, indem sie sich an die Fahrbahn kleben oder machen etwa mit Farbaktionen auf ihre Forderungen aufmerksam. Dabei reklamiert die Klimaschutz-Organisation für sich, ausschließlich gewaltfrei zu protestieren.
Polizeigewerkschaft begrüßt die Aktion
Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die heutigen Maßnahmen gegen die "Letzte Generation". "Die Justiz greift durch, das ist das richtige Signal eines wehrhaften Rechtsstaates", sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt in Berlin. "Die Bevölkerung, die unter dem Straßenterror dieser selbst ernannten Klimaretter täglich tausendfach leidet, wird endlich als das tatsächliche Opfer dieser Kriminellen wahrgenommen."
Kritik an der Aktion gegen die Klimaschutzgruppe kam hingegen von der Linkspartei. Der stellvertretende Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin nannte die Razzia "völlig überzogen". Die "Letzte Generation" setze "auf friedlichen zivilen Ungehorsam, um auf die Klimakatastrophe und das Versagen der Bundesregierung aufmerksam zu machen". Er frage sich, wann eine Razzia bei Bundesministern stattfinde und "all denen, die mit ihrem Bremsen beim Klimaschutz das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2021 ignorieren", erklärte Beutin. Das oberste deutsche Gericht hatte im April 2021 geurteilt, dass künftige Generationen ein Grundrecht auf Klimaschutz haben.
Der Protestforscher Vincent August von der Berliner Humboldt-Universität sagte im rbb-Inforadio, er halte die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" für keine radikale Gruppierung. Die "Letzte Generation" sei zwar konfrontativer als "Fridays for Future". Sie sei aber von Methoden wie Ermordungen und Entführungen weit entfernt. Laut August ist die "Letzte Generation" sehr erfolgreich darin, das Thema Klimaschutz auf die Tagesordnung zu heben.
Diskussion über Einstufung als kriminelle Vereinigung
Zuletzt hatte es immer wieder Diskussionen darüber gegeben, ob die "Letzte Generation" als kriminelle Vereinigung einzustufen ist. Berlins neue Justizsenatorin Felor Badenberg lässt das derzeit prüfen. Das Leben und der Alltag der Menschen in Berlin seien durch deren Aktivitäten erheblich beeinträchtigt und mitunter auch gefährdet, so die Begründung der parteilosen Senatorin. Daher gelte es, alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, und dazu gehört eben auch die Frage, ob es sich bei der 'Letzten Generation' um eine kriminelle Vereinigung handelt." Die Berliner Staatsanwaltschaft hatte dafür bislang keine Anhaltspunkte gesehen.
Im benachbarten Brandenburg laufen gegen die Gruppe bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Hintergrund des Verfahrens bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin sind unter anderem Attacken von Aktivisten seit April 2022 auf Anlagen der Raffinerie PCK Schwedt. Das Landgericht Potsdam hatte zuletzt ebenfalls einen Anfangsverdacht gesehen, dass es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte.