Pflicht bei der Bundeswehr Wenn die Corona-Impfung ein Befehl ist
Bei der Bundeswehr gilt bereits quasi eine Impfpflicht. Grundlage ist das Soldatengesetz. Wer sich hartnäckig weigert, dem drohen Strafen - von Arrest bis Entlassung.
Hauptfeldwebel Sonja Silberkuhl ist seit dem frühen Morgen im Einsatz. Sie hat Dienst im Impfzentrum der Deines-Bruchmüller-Kaserne im rheinland-pfälzischen Lahnstein. Auf der Behandlungsliege in Impfkabine 4 sitzt Waqas Anjam, Stabsunteroffizier. Seinen Oberarm hat der Soldat schon frei gemacht, Silberkuhl verabreicht ihm die Booster-Impfung gegen Covid-19.
Es ist offene Sprechstunde im Impfzentrum der Kaserne, die Soldatinnen und Soldaten können ohne Termin zum Impfen kommen. Das Impfangebot richtet sich an die etwa 10.000 Soldatinnen und Soldaten, die rund um Koblenz stationiert sind.
"Der Ansturm heute ist im Vergleich zu den vergangenen Wochen überschaubar", berichtet Hauptfeldwebel Silberkuhl. "Im Dezember sind wir fast überrannt worden."
Eine "duldungspflichtige Basis-Schutzimpfung"
Inzwischen ist die überwiegende Mehrheit der Soldatinnen und Soldaten in der Region zumindest zweimal geimpft, sagt eine Bundeswehrsprecherin. Ein Grund dürfte sein, dass die Covid-19-Impfung seit November Pflicht ist. Sie wurde auf die Liste der sogenannten duldungspflichtigen Basis-Schutzimpfungen der Bundeswehr genommen. Auf dieser Liste stehen sechs weitere Impfungen, zum Beispiel gegen Masern, Hepatitis, Tollwut oder Influenza.
Nach dem Soldatengesetz "hat der Soldat alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um seine Gesundheit zu erhalten" und muss gewisse ärztliche Maßnahmen "gegen seinen Willen dulden, wenn sie der Verhütung oder Bekämpfung übertragbarer Krankheiten dienen", heißt es in Paragraf 17a.
Aufklärung durch medizinisches Fachpersonal im Impfzentrum der Kaserne.
Impfskeptiker gibt es auch beim Bund
Natürlich gebe es auch innerhalb der Truppe Impfskeptiker, sagt der Sprecher des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr, Oberstleutnant Matthias Frank. Schließlich sei die Bundeswehr ein Abbild der Gesellschaft - und auch Soldatinnen und Soldaten würden sich Sorgen um die Sicherheit und Verträglichkeit der Covid-19-Impfstoffe machen.
"Ich glaube aber, dass wir hier mit unserem medizinischen Fachpersonal gut aufklären konnten und den Soldaten die Angst nehmen konnten, dass es irgendwelche Komplikationen oder Spätfolgen geben wird", sagt Oberstleutnant Frank.
Soldaten seien einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt, weil sie in den Kasernen zusammenlebten, so Frank. Insofern sei die Aufnahme von Covid-19 auf die Liste der duldungspflichtigen Impfungen auch ein Ausdruck der Fürsorgepflicht des Sanitätsdienstes der Bundeswehr.
Keine Diskussion, sondern ein Befehl
Diskussionen darüber, ob ein Soldat die vorgeschriebenen Impfungen duldet oder nicht, gibt es ohnehin nicht. "Die Streitkräfte sind auf Befehl und Gehorsam aufgebaut, auf funktionierende Strukturen. Und insofern ist das ein Befehl für jeden Soldaten und jede Soldatin und diesem Befehl muss er nachkommen."
Wer sich diesem Befehl widersetze, müsse mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, so der Oberstleutnant weiter. Diese reichten von Belehrungen über Geldstrafen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Auch könne Disziplinar-Arrest verhängt werden, um "den Soldaten zum Nachdenken über eine Impfung zu bewegen. Anders als die Zivilgesellschaft hat die Bundeswehr diese Wege."
Doch Frank betont auch: Die Impfbereitschaft in der Truppe sei extrem hoch und Impfverweigerer oder Corona-Leugner und sogenannte Querdenker seien die Ausnahme.
Das Thema Covid-19-Impfung werden natürlich auch unter Soldaten "bisweilen kontrovers diskutiert", sagt der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Oberst André Wüstner. Doch die allermeisten seien bereits vor November geimpft gewesen. Soldaten im Einsatz sogar zu 100 Prozent. Insgesamt zeige sich erneut: "Soldat ist eben kein Beruf wie jeder andere."
Durchschnittlich 94 Prozent geimpft
Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums sind durchschnittlich 94 Prozent der Soldatinnen und Soldaten gegen Covid-19 geimpft oder genesen. Das sei das Ergebnis einer vorläufigen Erhebung.
Für Verteidigungsministerin Christine Lambrecht ist diese Quote ein "Zeichen der großen Disziplin innerhalb der Truppe, aber auch der Solidarität gegenüber unserer gesamten Gesellschaft".
Laut Lambrecht handele es sich bei Impfverweigerern in der Truppe um eine "winzige Minderheit, die in keiner Weise für die Bundeswehr als Ganzes" stehe. "Diesen Menschen, die sich bewusst außerhalb der Kameradschaft stellen, werden wir mit Entschlossenheit entgegentreten", kündigte die SPD-Politikerin an.
Bestimmte Pflichten als Soldat
Im Lahnsteiner Impfzentrum hat Simon Beckert gerade seine Booster-Impfung erhalten. Er ist Fregattenkapitän, aber aktuell in Koblenz stationiert. Für ihn gehört die Duldungspflicht zum Soldatsein dazu: "Als Soldat geht man bestimmte Pflichten ein, die auch über das hinausgehen, was normale Bürgerinnen und Bürger an Pflichten eingehen." Das sei auch in Ordnung. Aber für die Zivilgesellschaft lehne er eine Corona-Impfpflicht ab.