Ver.di und "Fridays for Future" Zehntausende demonstrieren für Verkehrswende
Zehntausende sind dem Aufruf von "Fridays for Future" gefolgt und haben deutschlandweit für mehr Klimaschutz demonstriert. Unterstützt wurden sie von der Gewerkschaft ver.di, die mit Warnstreiks höhere Löhne einfordern will.
Unter dem Motto "Morgen ist es zu spät" haben bundesweit Menschen für mehr Klimaschutz demonstriert. "Fridays for Future" hatte zum "globalen Klimastreik" aufgerufen, nach Angaben der Veranstalter kamen mehr als 220.000 Menschen zusammen. Die Polizei sprach von Zehntausenden Teilnehmenden.
"Wir waren heute mit Verbänden, Kirchen und der Gewerkschaft ver.di in der gesamten Republik in mehr als 250 Orten auf den Straßen", sagte "Fridays for Future"-Sprecherin Annika Rittmann. Die Beteiligung hat laut Rittmann gezeigt: "Wir schauen nicht einfach zu, wir lassen nicht locker, die Menschen wollen endlich echten Klimaschutz!"
Die meist jungen Teilnehmer forderten eine Verkehrswende und die Einhaltung der Pariser Klimaziele. Konkret soll Deutschland überall bis 2030 aus der Kohle aussteigen, bis 2035 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energieversorgung umsteigen, keine neuen Autobahnen bauen und mehr in Bus und Bahn investieren.
"Als hätten wir drei weitere Planeten rumliegen"
In München zählte die Polizei rund 18.000 Demonstranten, laut "Fridays for Future" waren es sogar 32.000. In Köln versammelten sich nach Angaben der Veranstalter rund 6500 Aktivisten, in Frankfurt etwa 5000. In Berlin kamen in einem Park neben dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium mehrere Tausend protestierende Menschen zusammen.
Die Aktivistin Luisa Neubauer nahm auf der Kundgebung in Berlin insbesondere die Bundesregierung und die Kohle-, Öl- und Gas-Konzerne ins Visier. "Sie haben gedacht, sie kommen mit grünen Worten und grünen Reden durch - ob Parteien, Kanzler oder Konzerne. Sie dachten, uns fällt nicht auf, wenn unter der Hand weitergemacht wird, als hätten wir drei weitere Planeten auf der Autobahnbaustelle rumliegen."
Besonders scharf kritisierte Neubauer die FDP. Es sei olympiareif, wie sich "diese unbeliebte Mini-Partei" erfolgreich weigere, "zu irgendeiner guten Idee einfach mal Ja zu sagen". Die FDP blockiere in der Bundesregierung nicht nur die Energiewende und die Bauwende, sondern nun auch das EU-weite Ende des Verbrennermotors.
Auch in kleineren Städten fanden Proteste statt - allein in Niedersachsen sollte es mehr als 30 Demonstrationen und Kundgebungen geben. Große Organisationen wie die Kirchen, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Greenpeace und Campact hatten ebenfalls zur Beteiligung am Klimastreik aufgerufen.
"Fridays for ver.di"
Vielerorts war auch die Gewerkschaft ver.di mit dabei. Sie hatte zu Warnstreiks im Öffentlichen Nahverkehr in mehreren Bundesländern aufgerufen. Insgesamt 60.000 Beschäftigte legten laut Verdi ihre Arbeit nieder.
Die Sprecherin von "Fridays for Future" Köln, Paula Stoffels, erklärte: "Seite an Seite mit den Beschäftigten des Öffentlichen Personennahverkehrs fordern wir als Klimagerechtigkeitsbewegung ein drastisches Umdenken im Verkehrssektor hin zu einer klimaneutralen und sozial gerechten Mobilitätswende." Luisa Neubauer nannte das Bündnis auf Twitter "historisch".
Politik handle "viel, viel zu spät"
Die Hamburger Klimaaktivistin Annika Kruse forderte eine radikale Abkehr vom motorisierten Individualverkehr und eine Änderung des Lebensstils. Menschen müssten beispielsweise "weg von dem Bedürfnis, dass irgendwie jeder ein oder zwei Autos hat", sagte die Sprecherin von "Fridays for Future" Hamburg. Kruses Ansicht nach würden die Maßnahmen zum Klimaschutz nicht schnell genug umgesetzt, zudem seien sie zu unkonkret. Die jüngsten Vorschläge wie eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes bis 2030 um 70 Prozent seien zwar Schritte in die richtige Richtung, trotzdem käme das alles "viel, viel zu spät".
Auch Rittmann forderte in ihrer Rede in Hamburg, die Zahl der Autos zu reduzieren und die Angebote der Bahn auszubauen: "Das Schienennetz der Bahn: Taktung und Pünktlichkeit müssen erhöht und die Fahrpreise gesenkt werden." Aber das Bundesverkehrsministerium tue alles, damit all das nicht umgesetzt werden könne. In der Hansestadt beteiligten sich laut Polizei rund 5500 Menschen an den Protesten.
Weltweite Proteste
Auch in anderen Teilen der Erde gingen viele Menschen auf die Straße: In Wien forderten laut Veranstaltern rund 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein neues Klimaschutzgesetz für Österreich - seit zwei Jahren streitet die Koalition von ÖVP und Grünen über die Zielwerte von CO2-Emissionen. In Italien, Kanada, Neuseeland, Bangladesch und Pakistan fanden ebenfalls Aktionen statt.
Die weltweiten Klimastreiks fanden zum zwölften Mal statt. Sie gehen zurück auf die Initiative der schwedischen Klimaaktivisitin Greta Thunberg, die Freitags die Schule gestreikt und mehr Klimaschutz gefordert hatte.