Klimaproteste Was "Fridays for Future" erreicht hat
Seit fünf Jahren gibt es den weltweiten Klimaprotest von "Fridays for Future". Was mit der 15-Jährigen Greta Thunberg begann, hat auch in Deutschland Millionen junge Menschen mobilisiert. Was haben sie politisch erreicht?
Alles begann mit der schwedischen Schülerin Greta Thunberg, die sich als 15-Jährige zum Beginn des Schuljahres 2018 mit einem Pappschild vor den Schwedischen Reichstag setzte. "Skolstrejk för klimatet" stand darauf - "Schulstreik für das Klima". Drei Wochen lang ging Thunberg gar nicht zur Schule, dann entschied sie, den Streik auf den Freitag zu legen. Dieser erste Tag, der 20. August 2018, gilt als Geburtsstunde der globalen Klimabewegung "Fridays for Future".
Inzwischen gehen Millionen Menschen mit "Fridays for Future" auf die Straßen, es gibt auch Unterstützerorganisationen wie die "Parents for Future" und die "Scientists for Future". Die Schülerinnen, Schüler, Studenten und Studentinnen streiken nicht mehr jede Woche am Freitag, sondern veranstalten Großdemonstrationen. Was hat ihr Protest in den vergangenen fünf Jahren bewirkt und was haben sie in der deutschen Politik erreicht?
"Fridays for Future" habe sehr umfassende politische Erfolge zu verzeichnen, sagt Protestforscher Lennart Schürmann, der sich am Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung des Wissenschaftszentrum Berlin unter anderem mit der Klimabewegung beschäftigt. "Insbesondere hat Fridays for Future das Thema Klimaschutz sehr hoch auf die politische Agenda gesetzt", sagt Schürmann. Das habe sich auch auf das Kommunikationsverhalten der Abgeordneten und die Ergebnisse der Bundestagswahl 2021 ausgewirkt. Viele junge Menschen in Deutschland seien außerdem durch die Bewegung politisiert worden.
Kohleausstieg und Deutschlandticket
"Uns Jüngeren wurde vorher nachgesagt, dass wird unpolitisch wären", sagt auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Nyke Slawik. Sie ist 2021 als Abgeordnete in den Bundestag eingezogen und steht "Fridays for Future" nahe, auch wenn sie nicht selbst Teil der Bewegung ist. Dass das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 nicht richtig umgesetzt wurde, habe viele junge Menschen aufgerüttelt.
Den größten Erfolg von "Fridays for Future" sieht Slawik im beschleunigten Kohleausstieg. 2019 hatte die Klimabewegung einen Ausstieg bis 2030 gefordert. Bereits die letzte Bundesregierung hatte sich auf einen Kohleausstieg bis 2038 geeinigt. Dieser wurde von der aktuellen Bundesregierung in Westdeutschland sogar auf 2030 vorgezogen. Auch das Deutschlandticket wertet Slawik als Erfolg der Aktivistinnen und Aktivisten, die immer wieder auf bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr bestanden hätten. "Das sind große Veränderungen, die auch auf die Klimabewegung mit zurückzuführen sind."
Und dennoch sind die Klimaktivisten und -aktivistinnen selbst nicht zufrieden mit dem, was sie erreicht haben. Niemandem in der Klimabewegung sei nach Feiern zumute, sagte Pauline Brünger, Sprecherin von "Fridays for Future Deutschland", jüngst im Interview mit tagesschau24. "Wir haben natürlich gesehen, dass der Protest von 'Fridays for Future' Sprünge in der Klimapolitik verursacht hat, die vorher überhaupt nicht vorstellbar waren", so Brünger. Vergleiche man das Erreichte aber mit den eigentlichen Ansprüchen an Klimaschutz, hänge Deutschland trotzdem hinterher.
Demonstrieren oder Straßen blockieren?
Die Meinungen darüber, wie es mit der Bewegung weitergehen soll, damit der politische Druck aufrechterhalten wird, gehen weit auseinander. "Wir müssen jetzt einen Schritt weitergehen und zivilen Widerstand leisten", sagt Eva-Maria Rhein. Sie war anfänglich auch bei den "Fridays for Future"-Demonstrationen, klebt sich inzwischen aber mit der "Letzten Generation" an Straßen fest.
"'Fridays for Future' leistet nach wie vor großartige und ganz wichtige Arbeit", sagt Rhein. Sie gehe auch selbst noch gern auf die Demos. "Aber ich glaube auch, dass es nicht mehr ausreichend ist, zweimal im Jahr meine bunten Schildchen hochzuhalten und die Politik freundlich zu bitten, sich für unser aller Lebensgrundlagen einzusetzen."
Es mache sie traurig, dass junge Menschen so verzweifelt sind, dass sie glauben, sich auf die Straße zu kleben, sei das letzte Mittel für den Klimaschutz, sagte "Fridays for Future"-Sprecherin Brünger im Interview. Das bekannteste Gesicht der Bewegung in Deutschland, Luisa Neubauer, sagte dem Nachrichtenportal "watson" am vergangenen Wochenende, sie verstehe zwar, dass Menschen wütend seien, glaube aber auch, dass es ein Missverständnis darüber gebe, wie Wandel passiere und wie man ihn beschleunige. Eine Runde FDP-Wähler von einem Tempolimit zu überzeugen sei wirkungsvoller als noch eine Straßenblockade.
Gewöhnungseffekt beim Klimaprotest
"Wir sind noch nicht an dem Punkt, dass in unseren Parlamenten wirklich starke Mehrheiten für sehr schnellen Klimaschutz vorhanden wären", räumt auch die Grünen-Abgeordnete Slawik ein. Abgeordnete von FDP, CDU, CSU und AfD hätten sich etwa im Bundestag darüber gestritten, wer von ihnen den deutschen Verbrennungsmotor rette, während vor der Tür mehrere Zehntausend Jugendliche und junge Erwachsene für mehr Klimaschutz demonstrierten. "Ich finde vor diesem Hintergrund, dass wir schon einiges erreicht haben", sagt Slawik.
"Am Ende zielen soziale Bewegungen unter anderem auf Medienpräsenz ab", sagt Protestforscher Schürmann. Das "Schulschwänzen" von "Fridays for Future" sei vor fünf Jahren etwas Neues gewesen und habe anfangs auch als radikal gegolten. Heutzutage hätten sich aber alle daran gewöhnt. "Das hat keinen Neuigkeitsfaktor mehr." Umso spannender sei es, wie sich die Bewegung nun entwickle.