Bundesweite Aktionen geplant Zehntausende protestieren gegen Rechtsextremismus
Auch für dieses Wochenende sind deutschlandweit wieder Demonstrationen gegen Rechtsextremismus geplant. Schon am Freitag gingen wieder Tausende auf die Straße. Und auch in Österreich demonstrieren die Menschen.
Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie gehen am Wochenende in zahlreichen Orten weiter. So begann am Mittag eine Demonstration gegen die AfD in Düsseldorf, zu der 30.000 Teilnehmer erwartet wurden. In Kiel demonstrierten nach Angaben der Polizei 11.500 Menschen auf dem Rathausplatz gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. In Osnabrück beteiligten sich nach Polizeiangaben an der Demonstration im Schlossgarten rund 25.000 Bürgerinnen und Bürger. Dort ging Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit auf die Straße - in Wittenberg plant das Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
Pistorius appelliert an Bürgerinnen und Bürger
Pistorius appellierte in Osnabrück an die Bürgerinnen und Bürger, sich entschlossen für die Demokratie einzusetzen. "Wir stehen zusammen gegen den Hass der Faschisten und der AfD. Wir stehen für die Freiheit und die Menschenwürde jedes Einzelnen, denn die Würde des Menschen ist unantastbar", sagte der gebürtige Osnabrücker und ehemalige Oberbürgermeister der Friedensstadt. Wer die AfD aus Protest wähle, dem müsse klar sein, dass er Faschisten wähle, sagte der SPD-Politiker und warnte: Die Demokratie der Weimarer Republik sei nicht zugrunde gegangen an der Stärke ihrer Feinde, sondern an der Schwäche ihrer Anhänger. "Es gab zu wenige, die aufgestanden sind.“ Demokratie brauche Leidenschaft und Engagement, mahnte Pistorius. "Gleichgültigkeit gegenüber der Demokratie liefert sie den Faschisten aus."
"Wir stehen zusammen gegen den Hass der Faschisten und der AfD": Verteidigungsminister Pistorius bei der Demo in Osnabrück.
Auch in Baden-Württemberg gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren - darunter der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er nahm mit seiner Frau Gerlinde in Sigmaringen als Privatperson an einer Demonstration teil. Nach Angaben der Polizei verlief die Veranstaltung mit rund 2.000 Menschen friedlich.
Größere Veranstaltungen sind heute unter anderem auch in Aachen, Mannheim und Marburg geplant. Die Demos heute fallen zusammen mit dem Holocaust-Gedenktag, an dem bei zahlreichen Veranstaltungen an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird. Auch für Sonntag sind Demonstrationen angemeldet, etwa in Hamburg. Insgesamt sind mehr als 200 Veranstaltungen für dieses Wochenende geplant.
Zehntausende demonstrieren auch in Österreich
Schon am Freitag gingen in mehreren Städten erneut Tausende Menschen gegen rechts auf die Straße, etwa in Frankfurt am Main, Saarbrücken, Herne und Gütersloh. Am vergangenen Wochenende hatten sich nach Angaben des Innenministeriums mehr als 900.000 Menschen an Demonstrationen gegen rechts beteiligt.
Auch in Wien demonstrierten am Freitag Zehntausende Menschen gegen rechts.
Die Proteste sind mittlerweile auch in Österreich angekommen. In Wien versammelten sich am Freitagabend nach Polizeiangaben etwa 35.000 Demonstranten nahe des Parlamentsgebäudes. Die Organisatoren schätzten die Anzahl der Teilnehmer auf etwa 80.000 Menschen.
Kundgebungen gab es auch in Salzburg und Innsbruck. In Salzburg kamen nach Polizeiangaben 3.000 Demonstranten zusammen, in Innsbruck etwa 1.400. Zu den Demonstrationen hatte ein breites Bündnis von Parteien, Vereinen und Gewerkschaften aufgerufen.
Sorge vor FPÖ in Österreich
"Wir sind alle zusammen hier, um die Demokratie zu verteidigen und uns gegen die extremistischen Bewegungen zu stellen, die sich in Europa ausbreiten", sagte die 25-jährige Studentin Elena Tiefenböck in Wien. Die Vergangenheit dürfe sich nicht wiederholen, betonte sie mit Blick auf die rechtspopulistische FPÖ, die die Parlamentswahl in Österreich in diesem Jahr gewinnen könnte.
Die Rechtspopulisten führen derzeit die Meinungsumfragen in Österreich an und sind schon jetzt in mehreren Landesparlamenten vertreten. Auch für dieses Wochenende sind wieder mehr als 200 Demonstrationen geplant. "Manche von uns haben schon die Koffer gepackt oder überlegen, in welches Land sie flüchten könnten", zitierte der Sender ORF die Lokalpolitikerin Mireille Ngosso.
Auslöser für Demonstrationen
Auslöser für die Proteste in Deutschland waren Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv über ein Geheimtreffen radikaler Rechter am 25. November, an dem einige AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten.
Unter den Teilnehmern war auch der langjährige Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreichs, Martin Sellner. Nach eigenen Angaben sprach er bei dem Treffen über "Remigration". Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Laut Correctiv nannte Sellner drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und "nicht assimilierte Staatsbürger".
Steinmeier und Scholz erfreut
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich "dankbar, dass die demokratische Mitte der Gesellschaft aufgewacht ist". Diese Menschen würden beweisen, dass nicht die lautstarken Verächter der Demokratie in der Mehrheit seien. Das könne Demokraten selbstbewusst und stolz machen, sagte Steinmeier dem SWR.
Diese Demonstrationen könnten aber nicht politisches Engagement ersetzen. Seine Bitte an Unzufriedene sei, runter vom Sofa zu kommen und sich aktiv für die Gemeinschaft einzusetzen, so Steinmeier. In keinem Land gebe es so gute Möglichkeiten für zivilgesellschaftliches Engagement wie in Deutschland. Menschen, die politische Verantwortung übernehmen, gerade auf kommunaler Ebene, müsse wieder mehr Respekt entgegengebracht werden.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. "Unser Land ist gerade auf den Beinen", sagte er in seinem wöchentlichen Video "Kanzler kompakt". Es sei der Zusammenhalt der Demokratinnen und Demokraten, der die Demokratie stark mache. "Unsere Demokratie ist nicht gottgegeben. Sie ist menschengemacht. Sie ist stark, wenn wir sie unterstützen. Und sie braucht uns, wenn sie angegriffen wird."