Bildungsbericht 2024 Es fehlt an Personal und Geld
Der nationale Bildungsbericht sieht das Bildungssystem in Deutschland am Anschlag. Es mangelt unter anderem an Personal und einer ausreichenden Finanzierung. Zudem herrscht eine hohe soziale Ungleichheit.
Das Bildungssystem in Deutschland steht laut dem aktuellen nationalen Bildungsbericht weiterhin vor großen Herausforderungen. Dazu zählen fehlende Fachkräfte und eine unzureichende Finanzierung, wie es in dem heute vorgelegten Bericht "Bildung in Deutschland 2024" heißt.
Hinzu kommen demnach ein hoher Bedarf an Veränderungen durch Zuwanderung und Digitalisierung sowie sinkende Schulleistungen und eine anhaltende soziale Ungleichheit. Der von der Kultusministerkonferenz und dem Bundesbildungsministerium geförderte nationale Bildungsbericht wird alle zwei Jahre von Wissenschaftlern erstellt. Die Federführung liegt beim Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation (DIPF).
Suche nach Fachkräften sehr schwierig
Die Investitionen in Bildung sind laut dem Bericht innerhalb von zehn Jahren zwar um 46 Prozent auf 264 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen. Dies reiche aber nicht aus, um einen erhöhten Bedarf zu decken. Die Autorinnen und Autoren fordern eine flexible und bedarfsorientierte Finanzierung.
Vielerorts sei es sehr schwierig, Fachkräfte zu gewinnen, heißt es weiter. In Kindertagesstätten werde in Westdeutschland eine bis 2035 anhaltende Personallücke erwartet. An Schulen seien im vergangenen Jahr zwölf Prozent der neu eingestellten Lehrkräfte Seiteneinsteiger ohne klassische Lehramtsausbildung gewesen. Auch in der beruflichen Bildung und im Weiterbildungssektor fehle Personal.
"Hier braucht es kreative Ansätze, jedoch dürfen diese eine ausreichende Professionalisierung des Bildungspersonals nicht aus dem Blick verlieren", sagte der Sprecher der Autorengruppe, Kai Maaz vom DIPF.
Große soziale Ungleichheit im Bildungssystem
Weiterhin gibt es Probleme bei den Leistungen: Studien zeigten, dass die Schulleistungen in Grundschulen und an weiterführenden Schulen stagnierten oder sogar zurückgingen. Viele junge Menschen verlassen die Schule ohne Abschluss. 2022 waren es rund 52.300 Jugendliche, so der Bericht. Der Anteil der Gleichaltrigen, die keinen Schulabschluss schafften, stieg demnach auf 6,9 Prozent. Im Vorjahr lag er nach Daten des Statistischen Bundesamtes bei 6,2 Prozent und 2020 laut Bildungsbericht bei 5,9 Prozent.
Zudem besteht im deutschen Bildungssystem eine hohe soziale Ungleichheit: Während nur 32 Prozent der Kinder aus ärmeren und bildungsferneren Familien eine Gymnasialempfehlung erhielten, waren es 78 Prozent der Kinder aus privilegierten Familien. Auch später setzt sich die Ungleichheit laut Bildungsbericht fort. So nehmen unter Akademikerkindern 78 von 100 Kindern ein Studium auf. Bei Kindern von Eltern ohne akademischen Abschluss sind es dagegen nur 25 von 100 Kindern.
Soziale Bildungsungleichheiten entstünden schon in der frühen Kindheit, erklärte DIPF-Forscher Maaz. Kinder mit Migrationshintergrund besuchten jedoch weiterhin deutlich seltener gerade in jungen Jahren die Kindertagesbetreuung.
"Weckruf an alle Politikerinnen und Politiker"
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte den Bericht einen "eindringlichen Weckruf an alle Politikerinnen und Politiker". Das Bildungssystem sei seit vielen Jahren unterfinanziert, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. Insbesondere arme Kinder und deren Familien sowie Bildungseinrichtungen in herausfordernder Lage müssten mehr unterstützt werden.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) und die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Christine Streichert-Clivot, verwiesen dazu unter anderem auf das Startchancenprogramm von Bund und Ländern. Damit sollen ab dem kommenden Schuljahr über zehn Jahre lang bis zu 4.000 Schulen mit vielen benachteiligten Schülern gefördert werden. Aus Sicht der GEW-Chefin ist das Programm "ein richtiger, aber eben nur ein erster und zudem zu kleiner Schritt".