Kritik an Faesers Flüchtlingspolitik "Ich nenne das Realitätsverweigerung"
Innenministerin Faeser lehnt Forderungen der Kommunen nach mehr Geld ab - und verweist auf bereits zugesagte Milliarden: Für diese Äußerungen wird sie scharf kritisiert, unter anderem von Landräten und der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sorgt mit ihren Äußerungen zur Flüchtlingspolitik weiter für Kritik. Zum einen wird sie attackiert, weil sie Forderungen der Kommunen nach mehr Geld des Bundes bei der Flüchtlingsunterbringung zurückweist. Zum anderen geht es auch um ihre Weigerung, den Zuzug von Geflüchteten zu begrenzen.
Faesers Äußerungen seien skandalös, sagte der stellvertretende Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, der "Bild"-Zeitung. "Keinen Grenzschutz, keine Obergrenze, kein Geld für die Kommunen. Das ist ein gefährlicher Cocktail, der die Stimmung im Land kippen lässt."
Er fügte hinzu: "Wer immer noch nicht erkannt hat, dass die Kapazitäten für Unterbringungen in den Städten und Kommunen längst erschöpft sind, der leidet offensichtlich an Realitätsverlust."
Faeser verweist auf Hilfen des Bundes
Faeser hatte der Funke-Mediengruppe gesagt: "Ich finde es seltsam, wenn jetzt schon - Anfang April dieses Jahres - gesagt wird, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus." Für 2023 habe der Bund den Ländern und Kommunen frühzeitig 2,75 Milliarden Euro zusätzliche Unterstützung zugesagt.
Die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, lehnte Faeser in dem Interview ab. Acht von zehn Geflüchteten kämen aus der Ukraine. "Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben."
Landrat Tino Schomann (CDU) aus Nordwestmecklenburg sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Bundesinnenministerin sieht weiter nicht die Probleme und zeigt damit, dass sie fern ab der Realität die Kommunen weiter alleine lässt. Ich nenne das Realitätsverweigerung. Humanität kennt keine Grenzen, aber Wohnflächen und die Ressourcen."
Auch Landrat Jens Marco Scherf (Grüne) aus Miltenberg in Unterfranken kann die Aussagen der Innenministerin nicht nachvollziehen: "Wir haben Mangel bei Wohnraum, Kitas, Schulen, Sprach- und Integrationskursen - einfach alles ist knapp! Unter dem Strich stoßen Frau Faesers Aussagen einen von dem Kopf. Sie negieren die prekäre Situation vor Ort."
Unterstützung vom Finanzminister
Rückendeckung bekommt Faeser von ihrem Kabinettskollegen Christian Lindner (FDP). Der Bundesfinanzminister sagte der "Rheinischen Post", dass er den Ländern keine zusätzlichen Bundesmittel für die Versorgung der Flüchtlinge bereitstellen wolle. "Der Bund unterstützt die Länder bereits massiv", sagte er.
"Wir haben die Flüchtlinge aus der Ukraine alle ins Bürgergeld übernommen, das heißt, der Bund zahlt für ihren Lebensunterhalt, obwohl eigentlich die Länder zuständig wären", erklärte Lindner. Die Länder seien zudem finanziell in einer wesentlich besseren Verfassung als der Bund, argumentierte der FDP-Chef: Sie hätten im vergangenen Jahr einen Überschuss erzielt, während der Bund wegen der Krisen hohe Schulden habe aufnehmen müssen.
Länder und Kommunen fordern vom Bund zusätzliches Geld für die Versorgung der Flüchtlinge. Auf einem sogenannten Flüchtlingsgipfel am 10. Mai erwarten sie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entsprechende Zusagen.
Zahl der Flüchtlinge steigt
Nach Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine waren im vergangenen Jahr rund 1,1 Millionen Flüchtlinge aus dem Land nach Deutschland gekommen, von denen knapp eine Million geblieben sind.
Auch die Zahl Schutzsuchender aus anderen Ländern war 2022 wieder gestiegen. Rund 218.000 Erstanträge auf Asyl wurden im vergangenen Jahr gestellt. Im Januar und Februar dieses Jahres wurden bereits mehr als 54.000 Asylerstanträge gestellt. Das waren deutlich mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.