Flüchtlingsunterbringung Faeser bei mehr Unterstützung skeptisch
Innenministerin Faeser hat Forderungen der Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung kritisiert: Es sei seltsam, dass jetzt schon gesagt werde, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus. Bayerns Innenminister spricht von "Realitätsverweigerung".
Forderungen der Kommunen nach mehr Geld vom Bund für die Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten kann Bundesinnenministerin Nancy Faeser nicht nachvollziehen. "Ich finde es seltsam, wenn jetzt schon - Anfang April dieses Jahres - gesagt wird, das Geld für dieses Jahr reiche nicht aus", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Der Bund hat schon im vergangenen Jahr sehr viel Geld zur Verfügung gestellt - 4,4 Milliarden Euro. Außerdem haben wir die Sozialleistungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine übernommen." Für dieses Jahr habe der Bund den Ländern und Kommunen frühzeitig 2,75 Milliarden Euro an zusätzlicher Unterstützung zugesagt, sagte sie weiter.
Faeser lehnt Begrenzung der Zahl von Flüchtlingen ab
Faeser verwies auf einen Bund-Länder-Gipfel mit Kanzler Olaf Scholz, bei dem am 10. Mai über die Flüchtlingskosten beraten werden soll. Sie räumte ein, dass die Situation der Kommunen sehr schwer sei. Die Lage müsse gemeinsam bewältigt werden.
Die Zahl der Flüchtlinge zu begrenzen, lehnte sie ab. "Wir erleben einen furchtbaren Krieg mitten in Europa. Acht von zehn Geflüchteten kommen aus der Ukraine. Da kann es keine Höchstgrenzen für Menschlichkeit geben", so Faeser. Kinder und Jugendliche unter den Kriegsflüchtlingen müssten "bestmöglich" betreut werden, auch, damit sie nicht straffällig würden, mahnte Faeser. "Menschen, die aus dem Krieg geflüchtet sind, bringen furchtbare Erfahrungen mit. Solche Gewalterfahrungen können nachwirken."
Ein Drittel der mehr als eine Million geflüchteten Ukrainer in Deutschland sei unter 18 Jahre alt. Das werde auch in der Kriminalstatistik sichtbar. "Im letzten Jahr hatten wir über 3700 tatverdächtige Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. 2021, vor Putins Krieg, waren es wenige hundert", sagte die Ministerin.
Kommunen fordern mehr Steuerung und Finanzmittel
Vertreter der Kommunen reagierten enttäuscht auf Faesers Äußerungen. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, Reinhard Sager, warf Faeser Arbeitsverweigerung bei der Begrenzung der Zuwanderung von Asylbewerbern ohne Bleibeperpektive vor. Der Landkreistag sieht den Bund in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass weniger Asylsuchende nach Deutschland kommen. Dies müsse in Abstimmung mit der EU sowie Herkunfts- und Transitländern geschehen. "Da passiert bisher nicht genug, einschließlich der Rückführung", mahnte er an. Gleichzeitig betonte Sager: "Das bezieht sich natürlich nicht auf ukrainische Geflüchtete; diese haben zweifellos ein Aufenthaltsrecht."
Die von Faeser genannten Zahlen zu den vom Bund bereits gezahlten Leistungen seien korrekt - das Geld gehe jedoch nicht direkt an die Kommunen, sondern an die Länder, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg. Auch sei der Aufwand für über 200.000 Kita- und Schulplätze für geflüchtete Kinder aus der Ukraine nicht ausreichend berücksichtigt. "Hinzu kommt, dass bisher vollkommen unklar bleibt, welche Mittel im Jahr 2024 bereitgestellt werden", kritisierte Landsberg.
Bayern wirft Faeser "Realitätsverweigerung" vor
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisierte Faeser in der Sache scharf. "Es ist offensichtlich, dass die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung für die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen für dieses Jahr nicht reicht. Da sind sich die Bundesländer und Kommunen vollkommen einig", sagte der CSU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Faesers jüngste Aussagen zur Migrationspolitik zeugten "von einer neuen Dimension von Realitätsverweigerung".
Besonders ärgere ihn, dass sich Faeser klar gegen eine Begrenzung der Migration ausspreche und gleichzeitig eine bessere Unterstützung der Kommunen ablehne. Sie dämpfe "schon jetzt die Erwartungen zum kommenden Flüchtlingsgipfel im Mai. Das ist nicht nur unverschämt, sondern auch absolut unlogisch", so Herrmann.
Baden-Württemberg: Kraftanstrengung von allen nötig
Der baden-württembergischen Migrationsministerin Marion Gentges zufolge gehen die Aussagen Faesers zu den Flüchtlingskosten an der wirklichen Lage vorbei. Es gehe um objektive Kapazitäts- und Leistungsgrenzen. Oft werde der Raum für die Unterbringung knapp. Die ehren- und hauptamtlichen Helfer stießen an ihre Belastungsgrenze oder seien bereits darüber. Baden-Württemberg habe im vergangenen Jahr deutlich mehr Menschen aufgenommen als in den Jahren der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 zusammen. Das gehe nur mit einer großen Kraftanstrengung aller Beteiligten.