Suche nach Atommüll-Endlager 90 Regionen sind geologisch geeignet
Die Suche nach einem Endlager für Atommüll sorgt seit Jahrzehnten für Streit. Ein mit Spannung erwarteter Bericht zeigt nun, welche deutschen Regionen dafür grundsätzlich infrage kommen - der Salzstock Gorleben ist nicht dabei.
90 Gebiete in Deutschland haben nach Erkenntnissen der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) günstige geologische Voraussetzungen für ein Atommüll-Endlager. Der Salzstock Gorleben in Niedersachsen ist nicht darunter, wie aus dem "Zwischenbericht Teilgebiete" hervorgeht.
Berücksichtigt man die Überlagerung einiger Gebiete, ist laut Bericht in Deutschland ein Anteil von 54 Prozent der Landesfläche geologisch für die Enlagerung geeignet. Diese sogenannten Teilgebiete liegen etwa in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen, aber auch in den ostdeutschen Bundesländern.
Salzstock Gorleben weist geologische Mängel auf
"Die bundesdeutsche Geologie ist von Nord bis Süd und von Ost bis West so günstig, dass wir mit Überzeugung sagen können, dass sich daraus der eine Standort mit der bestmöglichen Sicherheit für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle wird ermitteln lassen", sagte Stefan Studt, Geschäftsführer der BGE. Ein heute ausgewiesenes Teilgebiet sei aber "noch lange" kein Endlagerstandort.
Der Salzstock Gorleben sei wegen geologischer Mängel aus dem bundesweiten Suchverfahren für ein Atomendlager ausgeschlossen worden, erklärte Steffen Kanitz von der BGE. "Gorleben ist nicht der bestmögliche Standort." Unter anderem weise der Salzstock ein nicht intaktes Deckgebirge auf, auch die Gewässerchemie spreche gegen den Standort. Die Entscheidung sei rein wissenschaftlich erfolgt, es habe keinen politischen Druck gegeben.
Politische Debatte dürfte in Fahrt kommen
In den kommenden Monaten und Jahren werden die jetzt ermittelten möglichen Standorte nach und nach weiter eingegrenzt, indem weitere Kriterien - etwa die Bevölkerungsdichte - berücksichtigt werden. Dennoch dürfte die Debatte über die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll mit dem vorgelegten Bericht in Fahrt kommen - vor allem in den Gebieten, die nun näher unter die Lupe genommen werden.
Laut BGE soll das Endlager unterirdisch in Salz, Ton oder Kristallin, also vor allem Granit, entstehen. 2031 soll der Standort gefunden sein, ab 2050 sollen Behälter mit strahlendem Abfall unterirdisch eingelagert werden. Der Bericht listet erst einmal alle Regionen in Deutschland auf, "die günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen" - so schreibt es das entsprechende Gesetz vor. Deswegen sind es noch viele und teils auch recht große Gebiete.
Konkreter wird es erst dann in den kommenden Jahren. Aus den Teilgebieten werden sogenannte Standortregionen ausgewählt, die über Tage genauer erkundet werden. Einige davon sollen auch unterirdisch erforscht werden.
Bayerische Landesregierung sorgt für Ärger
Nach langem Ärger um den Salzstock Gorleben war die Endlager-Suche komplett neu gestartet worden. Ausgehend von einer "weißen Landkarte", auf der zunächst jeder Ort grundsätzlich infrage kommt, werden mögliche Standorte nun nach wissenschaftlichen Kriterien nach und nach eingegrenzt. Am Ende soll dennoch die Politik die Entscheidung über den Standort treffen - basierend auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen. Über verschiedene Formate können sich Bürger, Gemeinden und Organisationen in den Prozess einbringen.
Streit hatte es vor allem um Gorleben gegeben, das zu einem Symbol der Anti-Atomkraft-Bewegung geworden war. Manche forderten schon vor der Veröffentlichung des Berichts, den Salzstock als "politisch verbrannt" aus der Suche herauszunehmen. Aber auch die bayerische Landesregierung zog Ärger auf sich, weil sie den Suchprozess anzweifelte und darauf pochte, dass der Untergrund in Bayern nicht geeignet sei. Beides stellt das Prinzip der "weißen Landkarte" infrage, die erst nach und nach anhand messbarerer Kriterien eingegrenzt wird.
Grüne fordern wissenschaftliches Vorgehen
Auf diesem Prinzip beharren unter anderem die Grünen, deren Wurzeln in der Anti-Atomkraft-Bewegung liegen. "Jetzt ist erst einmal die Wissenschaft am Zuge und die sollte man auch in Ruhe machen lassen", sagte Bundestags-Fraktionsvize Oliver Krischer. Im Fall Gorleben habe es in erster Linie eine politische Entscheidung gegeben. In den 1970er-Jahren war beschlossen worden, dort ein Endlager einzurichten. Deswegen habe "ein Landstrich fast komplett rebelliert".