Endlager in Deutschland Die halbe Republik kommt infrage
Die erste Phase der Endlagersuche in Deutschland ist abgeschlossen. Mehr als die Hälfte der Republik gilt grundsätzlich als geeignet - zumindest wissenschaftlich betrachtet.
Die Karte der Bundesgesellschaft für Endlagerung BGE ist bunt. Viel "bunter" als frühere Karten etwa der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe BGR. Da hatte sich die Debatte verengt auf die Frage "Salzstock oder Tonformation" - und außer Norddeutschland waren nur zwei kleine Gebiete an der Donau in Baden-Württemberg in der Diskussion.
Das lag vor allem daran, dass damals so genannte kristalline Gesteine - Granit etwa - nicht mehr genauer betrachtet worden sind, weil man glaubte, dass es zu viele Risse darin gibt, als dass ein Lager dort Sinn machen würde.
Saarland ungeeignet als Standort
Das ist in diesem ersten Zwischenbericht anders. Die großen Farbflächen bedeuten, dass grundsätzlich ein beachtlicher Teil der Bundesrepublik (54 Prozent der Fläche) ganz grundsätzlich als Standort für ein Endlager für stark strahlenden Atommüll infrage kommt. Es gibt offenbar geeignete Untergründe in allen Bundesländern außer dem Saarland. 90 Regionen werden benannt.
Wie im Standortauswahlgesetz vorgesehen, werden alle drei Wirtgesteine (Salz, Ton und kristallines Gestein) untersucht. Schweden und Finnland etwa haben sich auch für kristalline Gesteine für ihre Endlager entschieden.
Wissenschaftliche Kriterien
Es sind aber weitere Faktoren berücksichtigt. Etwa, ob die Erdschichten dick genug sind und dass sie nicht durch so genannte Ausschlusskriterien herausfallen, wie etwa Erdbebengefahr, Einflüssen aus Bergbautätigkeit oder ein junges Grundwasseralter.
Die BGE sieht damit ihren ersten Auftrag als erfüllt an. Sie hat - nach wissenschaftlichen Kriterien - die berühmte "weiße Karte" gefärbt. Diese weiße Karte stand nach dem Fehlschlag mit dem Endlager Gorleben für einen völlig neuen Anlauf, bei dem es keine Vorbehalte geben sollte. Gorleben selbst war nicht ausgenommen.
Aber die BGE hat nun klar gemacht: Nach dieser ersten Analyse wird der Salzstock in Gorleben aber nun nicht mehr infrage kommen können. Allerdings gibt es nach wie vor Tonformationen unmittelbar in der Nähe von Gorleben, die durchaus weiter infrage kommen könnten.
Die BGE betont, dass in diesem ersten Schritt kein Ranking vorgenommen worden ist. Es sind alle günstigen geologischen Formationen dargestellt.
Keine vorschnelle Festlegung
In so genannten "Steckbriefen" der Teilgebiete wird aber deutlich, in welchem Umfang jede Region die Kriterien im Einzelnen erfüllt, die im Standortauswahlgesetz vorgeschrieben sind. Das soll aber ausdrücklich nicht als Präjudiz gewertet werden.
Damit ist der erste Abschnitt der ersten Phase der Endlagersuche abgeschlossen. Im zweiten Abschnitt sollen in den nun gefundenen Regionen konkrete Standortmöglichkeiten ermittelt werden. Die werden dann in der zweiten Phase nicht mehr nach der Datenlage, sondern konkret vor Ort untersucht.
Danach entscheiden Bundestag und Bundesrat, welche zwei Plätze am Ende intensiv und auch unter der Erde erkundet werden. Zwischen denen entscheidet die Politik dann auch.
Ein fundiertes Verfahren
Der zentrale Punkt dieser Endlagersuche: Es soll ein transparentes und wissenschaftlich fundiertes Verfahren sein. Auch wenn es vereinzelt (etwa vom Bund für Umwelt und Naturschutz) Kritik gibt, ist das auch eingelöst. Der Bericht mit mehr als 400 Seiten bietet eine gute Grundlage für die weitere Bewertung der Teilregionen.
Die wirklichen Entscheidungen fallen erst in einigen Jahren. Nichts wäre unproduktiver, als wenn alle "farbigen" Regionen und die Kommunen darin jetzt schon einen Feldzug gegen ein Endlager führen würden.
Deutschland muss 1900 Castoren voll mit hoch strahlendem Müll unterbringen. Das ist die Hinterlassenschaft der Kernenergie und ihre Nutzung. Und es wird einen Standort geben müssen. Der ist nur durchzusetzen, wenn er gleichzeitig wissenschaftlich und demokratisch legitimiert ist. Das ist mit dem derzeitigen Anlauf sichergestellt.