ARD-DeutschlandTrend Die Deutschen sind GroKo-müde
Die Mehrheit der Deutschen lehnt laut DeutschlandTrend eine Neuauflage der GroKo ab. Nach zuletzt 61 Prozent Zustimmung wollen nun nur noch 45 Prozent das Bündnis. Kritisch wird die CSU gesehen.
Am Sonntag starten die Sondierungsverhandlungen für eine Koalition aus CDU, CSU und SPD. Eine Neuauflage der Großen Koalition wird in der Bevölkerung mehrheitlich kritisch gesehen. 52 Prozent der Befragten fänden diese weniger gut bzw. schlecht. Das hat eine Umfrage von Infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergeben.
Kurz nach dem SPD-Parteitag im Dezember, bei dem sich die Delegierten für Sondierungen mit der Union ausgesprochen hatten, lag die Zustimmung für eine Große Koalition noch bei 61 Prozent. 45 Prozent fänden aktuell eine Große Koalition sehr gut bzw. gut. Die Anhänger von CDU und CSU befürworten eine Große Koalition deutlich. Von ihnen fänden 68 Prozent eine Koalition aus Union und SPD sehr gut oder gut, 30 Prozent weniger gut oder schlecht. Die SPD-Anhänger sind in der Frage gespalten: 50 Prozent fänden eine Koalition aus Union und SPD sehr gut oder gut, 49 Prozent weniger gut oder schlecht.
Seit der Bundestagswahl hatte es bis Dezember einen kontinuierlichen Anstieg bei der Zustimmung zur Großen Koalition gegeben. Im DeutschlandTrend Anfang Oktober fand eine Große Koalition 33 Prozent Zustimmung, im DeutschlandTrend Anfang November 37 Prozent, nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen lag die Zustimmung in der Extra-Befragung am 20. November bei 39 Prozent. Kurz nach dem SPD-Parteitag im Dezember, bei dem sich die Delegierten für Sondierungen mit der Union ausgesprochen hatten, lag die Zustimmung für eine Große Koalition beim DeutschlandTrend im Auftrag des ARD-Morgenmagazins bei 61 Prozent. Der aktuelle Zustimmungswert von 45 Prozent liegt auf einem vergleichbaren Niveau wie im Vorfeld der Bundestagswahl.
Sollte es nicht zu einer Koalition aus Union und SPD kommen, werden Neuwahlen wieder populärer. 54 Prozent der Befragten sprächen sich in diesem Fall für Neuwahlen aus, das sind 9 Punkte mehr als im Vormonat. Eine Minderheitsregierung der Union befürworteten dagegen 42 Prozent (minus 9 Punkte).
Mehrheit hält die CSU für zu mächtig
Die Rolle der CSU bei den anstehenden Sondierungsverhandlungen wird in der Bevölkerung kritisch gesehen. 56 Prozent der Befragten finden, dass die CSU unverhältnismäßig viel Macht in der Union hat. Das bejahen auch 40 Prozent der Unionsanhänger. 69 Prozent der Bürger sind zudem der Meinung, dass der CSU der Wahlkampf in Bayern wichtiger ist, als eine stabile Regierung für Deutschland zu bilden. Von den Anhängern der Union stimmen dieser Aussage 64 Prozent zu. 41 Prozent fänden es gut, wenn man die CSU auch außerhalb Bayerns wählen könnte. 44 Prozent der Unionsanhänger stimmen dieser Aussage zu.
Ein Knackpunkt bei den bevorstehenden Verhandlungen könnte auch der Umgang mit dem aktuell ausgesetzten Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge werden. 48 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Familiennachzug weiterhin ausgesetzt bleiben soll (plus 6 Punkte im Vergleich zum Vormonat). 41 Prozent finden, dass Familiennachzug für diese Gruppe von Flüchtlingen wieder erlaubt werden sollte (minus 7 Punkte im Vergleich zum Vormonat).
Merkel als Kanzlerin? Die Mehrheit findet das gut
Zwölf Jahre ist Angela Merkel jetzt Kanzlerin und aktuell wird verstärkt über ihre Zukunft diskutiert. Gut die Hälfte der Befragten, 53 Prozent, fände es gut oder sehr gut, wenn Merkel auch weiterhin als Kanzlerin regieren würde. Dieser Wert ist seit der Bundestagswahl in der Tendenz leicht sinkend. Im Oktober 2017 fanden eine erneute Kanzlerschaft von Merkel noch 61 Prozent der Befragten sehr gut oder gut.
Aktuell fänden es 45 Prozent dagegen weniger gut bzw. schlecht, wenn Merkel weiterhin Kanzlerin wäre. In der Frage, ob Merkel die ganze Amtszeit regieren sollte, sind die Bürger eher gespalten. 49 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass Merkel dann die volle Amtszeit absolvieren solle. 45 Prozent finden, sie sollte vorzeitig für einen Nachfolger beziehungsweise eine Nachfolgerin Platz machen. Hier zeigt sich in der Bevölkerung also ein Wunsch nach personeller Veränderung.
65 Prozent der Befragten halten Merkel zwar für eine gute Bundeskanzlerin und 70 Prozent finden, dass sie für politische Stabilität steht. Fast ebenso viele Befragte, 67 Prozent, finden allerdings, dass Merkel ihre besten Zeiten als Bundeskanzlerin hinter sich hat. Eine personelle Erneuerung in der CDU befürworten 75 Prozent der Befragten. Bei den Unionsanhängern befürworten 60 Prozent diese Aussage.
Wichtigstes politisches Thema in diesem Jahr weiterhin Flüchtlinge
Am Jahresanfang werden im DeutschlandTrend in einer offenen Frage regelmäßig die wichtigsten politischen Themen abgefragt. Weiterhin wichtigstes Thema, um das sich die kommende Bundesregierung in diesem Jahr kümmern sollte, ist das Themengebiet Flüchtlinge, Asylpolitik und Integration. 27 Prozent haben dieses Themengebiet als wichtigstes genannt. Das Thema hat an Bedeutung allerdings im Vergleich zum Vorjahr nachgelassen. Im vergangenen Januar nannten dies noch 40 Prozent der Befragten als das wichtigste Thema. Am zweithäufigsten, aber mit deutlichem Abstand, wird Anfang 2018 das Thema Soziales, soziale Gerechtigkeit, sozialer Frieden genannt. 10 Prozent halten dies für das wichtigste Themenfeld (plus 3 Punkte im Vergleich zum vorigen Januar). Bildung wird als wichtigstes Thema von 7 Prozent der Befragten genannt (plus 3 Punkte im Vergleich zum vorigen Januar).
Schulz erreicht bei Zufriedenheit Tiefstwert
In der Liste der beliebten Politiker muss Martin Schulz die stärksten Verluste hinnehmen. Der SPD-Parteivorsitzende verliert im Vergleich zum Vormonat 9 Punkte und kommt auf 30 Prozent Zustimmung. Das ist der niedrigste Wert, der im ARD-DeutschlandTrend bisher für ihn gemessen wurde. Außenminister Sigmar Gabriel erreicht 62 Prozent Zustimmung (-3). Mit der Arbeit des Parteivorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, sind 53 Prozent der Befragten zufrieden bzw. sehr zufrieden (-4). Bundeskanzlerin Angela Merkel verliert im Vergleich zum Vormonat 2 Punkte und kommt auf 52 Prozent Zustimmung. Der Chef des Bundeskanzleramtes und Interims-Finanzminister Peter Altmaier (CDU) erreicht 41 Prozent Zustimmung (+ 1).
Mit der Arbeit der Fraktionsvorsitzenden der Linken, Sahra Wagenknecht, sind 35 Prozent zufrieden (minus 4 im Vergleich zum November 2017). Der CSU-Vorsitzende und bayrische Noch-Ministerpräsident Horst Seehofer gewinnt im Vergleich zum Vormonat 3 Punkte und kommt auf 34 Prozent Zustimmung. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles büßt mit 33 Prozent Zustimmung 7 Punkte im Vergleich zum Vormonat ein. Christian Lindner, FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzender, erhält 27 Prozent Zustimmung (-1). Mit der Arbeit der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel sind 9 Prozent der Befragten sehr zufrieden oder zufrieden (-3 im Vergleich zu Ende September).
Bei der Sonntagsfrage gibt es kaum Veränderungen: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann bliebe die Union stärkste Kraft mit 33 Prozent - ein Punkt mehr als im Vormonat. Die SPD käme auf 21 Prozent, keine Veränderung. Die AfD bliebe stabil bei 13 Prozent, die FDP ebenfalls stabil bei 9 Prozent. Die Linke käme auf 9 Prozent und verliert damit einen Punkt im Vergleich zum Vormonat. Die Grünen bleiben unverändert bei 11 Prozent.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 60:40)
Disproportionaler Ansatz (West/Ost 70:30)
Erhebungsverfahren: Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1006 Befragte
Sonntagsfrage: 1506 Befragte
Erhebungszeitraum: 02. bis 03. Januar 2018
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen
Sonntagsfrage mit Zusatzgewichtung
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
Durchführendes Institut: Infratest dimap
* bei einem Anteilswert von fünf Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird deshalb keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.