ARD-DeutschlandTrend Jamaika - die Stimmung kippt
Rund drei Wochen sondieren die Jamaika-Unterhändler inzwischen - mit bislang mäßigem Erfolg. Das hat Folgen: Die bundesweite Begeisterung für ein Bündnis von Union, FDP und Grünen bricht ein. Außerdem im DeutschlandTrend: Seehofer, Soli, Sonntagsfrage.
Je länger die Unterhändler einer möglichen schwarz-gelb-grünen Koalition reden, desto mehr sinkt die Zustimmung zu einem solchen Bündnis: 45 Prozent der Deutschen finden eine Jamaika-Koalition sehr gut beziehungsweise gut. Das sind zwölf Punkte weniger als im Vormonat. Mittlerweile meint eine Mehrheit - nämlich 52 Prozent - dass ein solches Bündnis weniger gut oder schlecht für Deutschland wäre. Das hat eine Umfrage von Infratest Dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergeben.
Insbesondere bei den Anhängern der Grünen sinkt die Zustimmung zu Jamaika: Nur noch 55 Prozent fänden ein solches Bündnis gut - 21 Punkte weniger als im Vormonat. Bei den FDP-Anhängern ist die Zustimmung um neun Punkte auf jetzt 71 Prozent gesunken. Bei den Unionsanhängern fänden 70 Prozent eine Jamaika-Koalition sehr gut oder gut (-2).
Dass es tatsächlich ein schwarz-gelb-grünes Bündnis geben wird, glaubt eine deutliche Mehrheit in der Bevölkerung, auch wenn die Bürger etwas skeptischer sind als im Vormonat: 68 Prozent sind der Auffassung, dass die Jamaika-Koalition zu Stande kommen wird (-7 Punkte). 30 Prozent der Befragten glaubt nicht, dass eine solche Koalition zustande kommen wird (+9).
Falls sich Union, FDP und Grüne doch nicht auf die Bildung einer Regierungskoalition verständigen können, würden 75 Prozent der Deutschen Neuwahlen bevorzugen - das sind zehn Punkte mehr im Vergleich zur Befragung am Tag nach der Bundestagswahl. 20 Prozent der Befragten würden eine Minderheitsregierung von CDU/CSU vorziehen (-6).
Mehrheit für Rückzug Seehofers
Während die Unterhändler in Berlin sondieren, ist in der CSU ein offener Machtkampf ausgebrochen. Parteichef und Ministerpräsident Horst Seehofer wird infrage gestellt, Nachfolger bringen sich in Stellung. Nach Abschluss der Sondierungen soll die Personaldebatte entschieden werden. Eine Mehrheit der Deutschen - nämlich 62 Prozent - ist der Meinung, dass sich Seehofer nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen von seinen politischen Ämtern zurückziehen sollte. Genauso sehen das übrigens die Befragten in Bayern (62 Prozent).
56 Prozent der Bürger sind der Auffassung, dass die CSU unverhältnismäßig viel Macht in der Union hat. Dieser Eindruck hat sich während der Sondierungsverhandlungen in den vergangenen Wochen nochmals verstärkt (+ 7 Prozentpunkte im Vergleich zu Oktober). Bei den Unions-Anhängern sagen 49 Prozent, dass die CSU zu viel Macht in der Union hat.
Dass die CSU in der Union immer wieder darauf pocht, die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge zu begrenzen, stößt mehrheitlich auf Zustimmung (52 Prozent). Bei den Unions-Anhängern sind 55 Prozent dieser Auffassung.
Soli abschaffen?
Bei den Sondierungsgesprächen wird auch über die Zukunft des Solidaritätszuschlags diskutiert. Für eine komplette Abschaffung des Soli sprechen sich 51 Prozent der Befragten aus; 29 Prozent wären dafür, den Soli nur für niedrige und mittlere Einkommensgruppen abzuschaffen. 18 Prozent würden den Solidaritätszuschlag unverändert beibehalten
Wenig Bewegung bei der Sonntagsfrage
Bei der Sonntagsfrage gibt es nur leichte Veränderungen: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann bliebe die Union stärkste Kraft mit 30 Prozent - zwei Punkte weniger als im Vormonat. Die SPD verbessert sich um einen Punkt auf 21 Prozent. Die AfD steigt um zwei Punkte auf 13 Prozent, die FDP um einen Punkt auf zwölf Prozent. Die Linkspartei verliert einen Punkt und kommt auf neun Prozent; die Grünen verbessern sich um einen Punkt auf elf Prozent.
28 Jahre nach dem Mauerfall: Breite Mehrheit zieht positive Bilanz
Es war ein historischer Tag: am 9. November 1989 fiel die Mauer. Heute, 28 Jahre später, sind 79 Prozent der Bürger mit der Entwicklung in Deutschland seit der Wiedervereinigung sehr oder überwiegend zufrieden. 19 Prozent der Befragten sind überwiegend beziehungsweise sehr unzufrieden mit der Entwicklung in Deutschland nach der Vereinigung. Bei dieser Frage gibt es wenig Unterschiede zwischen West und Ost: 78 Prozent der Befragten in den westdeutschen Bundesländern sind mit der Entwicklung nach der Wiedervereinigung sehr beziehungsweise überwiegend zufrieden, 19 Prozent sind überwiegend oder sehr unzufrieden. Von den Befragten in den ostdeutschen Bundesländern sind mit der Entwicklung nach der Wiedervereinigung 81 Prozent sehr beziehungsweise überwiegend zufrieden, 17 Prozent sind überwiegend oder sehr unzufrieden.
Ein etwas differenzierteres Bild ergibt sich, wenn man nach den Unterschieden zwischen West- und Ostdeutschland fragt: 57 Prozent aller Befragten meinen, dass immer noch sehr große oder eher große Unterschiede zwischen West und Ost bestehen; 40 Prozent sehen eher kleine beziehungsweise keine Unterschiede. Aus ostdeutscher Perspektive werden allerdings deutlich häufiger Unterschiede wahrgenommen: 74 Prozent der Befragten in den ostdeutschen Bundesländern halten die Unterschiede für sehr beziehungsweise eher groß. Von den Befragten in den westdeutschen Bundesländern halten 53 Prozent die Unterschiede für sehr groß beziehungsweise eher groß.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
Erhebungsverfahren: Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1005 Befragte
Erhebungszeitraum: 06. bis 07. November 2017
Sonntagsfrage: 1505 Befragte
Erhebungszeitraum: 06. bis 08. November 2017
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
Durchführendes Institut: Infratest dimap
* bei einem Anteilswert von fünf Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird deshalb keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.