Seehofer hält am 15. Mai fest Die Grenzen bleiben zu
Bis zum 15. Mai will Innenminister Seehofer die Grenzkontrollen aufrechterhalten - trotz scharfer Kritik. Sie seien "Teil unseres bisherigen Erfolgs" gegen Corona. Vor allem die Grenzregionen klagen über die Belastung.
Was bringen Grenzkontrollen gegen das Coronavirus? Wenig, sagen die Kritiker der Maßnahme. Parteiübergreifend fordern sie eine Öffnung der Grenzen zu den europäischen Nachbarstaaten. In einer gemeinsamen Stellungnahme gingen auch zwölf CDU-Bundestags- und Europaabgeordnete Innenminister Horst Seehofer an und forderten: Nach über sieben Wochen müsse "Schluss sein mit Gitterzäunen und Schlagbäumen im Herzen Europas".
Der Innenminister antwortete nun auf die Kritik. Einlenken will er jedoch nicht. Die Grenzkontrollen seien "Teil unseres bisherigen Erfolgs bei der Eindämmung des Infektionsgeschehens", erklärte Seehofer. "Es besteht Einvernehmen in der Bundesregierung, die Kontrollen zunächst bis zum 15. Mai fortzusetzen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Seit Einführung der Grenzkontrollen und Reisebeschränkungen Mitte März sei der grenzüberschreitende Verkehr sehr stark zurückgegangen. Seither wurden demnach über 100.000 Einreiseverweigerungen ausgesprochen.
Als Instrument zur Pandemie-Bekämpfung rät die WHO von Reisebeschränkungen ab. Die Grenzen zu schließen, um ein Virus nicht ins Land zu lassen, funktioniere nicht. Das zeigten seit Jahren Studien, die bei Grippeausbrüchen ebenso gemacht wurden wie bei Sars und Mers.
Kritik aus Bayern und Rheinland-Pfalz
Neben den Unions-Kritikern fordern auch mehrere führende SPD-Politiker aus dem Südwesten eine Grenzöffnung. "Der jetzige Zustand an unseren Grenzen muss so schnell wie möglich enden, spätestens aber am 11. Mai", heißt es in einem Beitrag in der SPD-Parteizeitung "Vorwärts".
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) machte sich in einem Schreiben an die Bundesregierung für die Öffnung der Grenzen zu Frankreich und Luxemburg stark. Sie plädiere dafür, dass Deutschland das Grenzregime vereinheitliche und auch die Grenzschließungen und -kontrollen in Richtung Frankreich und Luxemburg aufhebe. Den 15. Mai als dafür im Raum stehendes Datum halte sie für zu spät, schrieb Dreyer weiter.
Auch aus der Heimat erhält Seehofer keine Rückendeckung: Es sei der bayerischen Staatsregierung "ein dringendes Anliegen, dass der grenzüberschreitende Alltag mit Österreich und Tschechien baldmöglichst wieder stattfinden kann", sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Kann Ungeduld der Menschen vor Ort sehr gut verstehen"
Europa-Staatsminister Michael Roth sprach sich für ein baldiges Ende der Kontrollen an den deutschen EU-Binnengrenzen aus. "Ich kann die Ungeduld der Menschen vor Ort sehr gut verstehen. Alle Maßnahmen, die wir treffen, müssen von gesellschaftlicher Akzeptanz getragen sein", sagte der SPD-Politiker der "Süddeutschen Zeitung".
In den Grenzregionen wächst der Widerstand gegen die Kontrollen: Mehrere Bürgermeister und Landräte an den Grenzen zu Frankreich, Luxemburg und der Schweiz fordern offene Grenzen. Zum Europatag am 9. Mai sind in mehreren Grenzorten Protestaktionen geplant.
Entscheidung in der kommenden Woche
Deutschland hatte erstmals Mitte März Grenzkontrollen angeordnet und dann verlängert. Menschen, die weder Deutsche noch dauerhaft hier ansässig sind, dürfen seither nur noch aus einem "triftigen Reisegrund" nach Deutschland kommen. Einreisen dürfen etwa EU-Bürger, die durch Deutschland in ihr Heimatland reisen, oder Lastwagenfahrer. Die Einreise ist zudem auf bestimmte Grenzübergänge beschränkt.
Spätestens am kommenden Mittwoch soll auch im Bundestag besprochen werden, wie es mit den Grenzkontrollen und Einreisebeschränkungen weitergeht.