Ärztekammer zu neuem Virus Kliniken schlecht für Corona gerüstet
Menschen mit Coronavirus müssen in Krankenhäusern gut isoliert und versorgt werden. Doch laut Bundesärztekammer fehlen vielerorts sowohl entsprechende Räume als auch Personal. In Bayern gibt es inzwischen fünf Erkrankte.
Die Bundesärztekammer hält die Krankenhäuser in Deutschland nicht für ausreichend auf das Coronavirus vorbereitet. Optimal für Patienten mit diesem Virus seien Einzelzimmer mit Vorschleusen, von denen es aber nicht mehr sehr viele gebe, sagte die Pandemie-Beauftragte der Kammer, Susanne Johna, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Zahl dieser Zimmer sei im vergangenen Jahrzehnt aus Kostengründen reduziert worden.
Johna erläuterte ferner, dass bei dringendem Behandlungsbedarf sogenannte Einzelboxen auf Intensivstationen benötigt würden, um die Übertragungsgefahr zu minimieren. Auch davon gebe es aus Kostengründen zu wenige.
Krankenhäuser sind "massiv unterbesetzt"
Die Hygiene-Expertin, die auch Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist, bezeichnete das neue Virus aus China als "Weckruf". Nicht nur bei der Krankenhausausstattung gebe es Nachholbedarf. Auch der öffentliche Gesundheitsdienst sei vielerorts "massiv unterbesetzt". Es mangele an Ärzten und Fachpersonal.
Susanne Johna: Das neue Virus aus China ist für sie mit Blick auf die Ausstattung deutscher Krankenhäuser ein "Weckruf".
Dabei sei der öffentliche Gesundheitsdienst entscheidend, um Epidemien einzudämmen, führte Johna aus. Er müsse die Isolierung von Patienten zu Hause überwachen und sei für die gesamte Meldekette bei neuen Fällen zuständig. Sollte sich das Coronavirus zu einer wirklichen Pandemie ausbreiten, "wäre es unmöglich, alle Patienten im Krankenhaus zu behandeln", sagte die Expertin.
Panik sei trotz allem unangebracht
Sie warnte jedoch auch vor Panik. Zwar müsse das neue Virus ernst genommen werden, "weil wir noch lange nicht alles darüber wissen". Eine aktuelle Bedrohung gebe es aber nicht. Die Gefahr durch eine normale Grippe sei viel höher, sagte Johna. An Influenza seien in Deutschland in diesem Winter schon etwa 40 Menschen gestorben. Doch sei die Grippe bekannt "und wird deswegen nicht so ernst genommen wie ein neuer Erreger mit vielen Unbekannten".
In Deutschland war am Donnerstagabend ein fünfter Fall der Ansteckung mit dem neuen Virus bestätigt worden. Wie bei den anderen vier deutschen Fällen handelt es sich um einen Mitarbeiter des im oberbayerischen Starnberg angesiedelten Automobilzulieferers Webasto, wie das bayerische Gesundheitsministerium mitteilte. 110 Kontaktpersonen aus der Firma werden dieser Tage auf das neuartige Virus getestet. Weitere Testergebnisse werden voraussichtlich heute erwartet.
Spahn sieht Deutschland gut vorbereitet
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat wiederholt betont, dass Deutschland gut auf das Virus vorbereitet sei. "Wir sind sehr wachsam. Aber gelassen."
Deutsche kommen in Germersheim in Quarantäne
Das neuartige Virus 2019-nCoV breitet sich seit einigen Wochen rasant von der chinesischen Millionenmetropole Wuhan aus. Dort halten sich noch rund 90 Deutsche auf. Die Bundesregierung will sie am Samstag ausfliegen lassen. Das Auswärtige Amt bemüht sich darum, die Voraussetzungen mit den Behörden zu klären. "Wir sind komplett vorbereitet, das Einzige, was noch fehlt, ist die Landegenehmigung in China", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas in einem Interview mit dem BR. Er rechne aber damit, dass Deutschland die Landegenehmigung in den nächsten Stunden erhalte.
Die betroffenen Deutschen in China könnten freiwillig entscheiden, ob sie sich ausfliegen lassen, sagte Bundesgesundheitsminister Spahn. Eine zentrale Unterbringung sei wichtig, um mögliche Ansteckungen in der Inkubationszeit zu vermeiden. Wer sich dafür entscheide, komme zwei Wochen lang in Quarantäne in eine Kaserne nach Germersheim (Südpfalz), bestätigte Gesundheitsstaatssekretär Thomas Gebhart dem ARD-Hauptstadtstudio.
Die Kosten für die Ausreise trägt zum Großteil der Bund, die betroffenen Deutschen müssen einen Teil aber selbst tragen. Die Höhe des Eigenanteils stehe noch nicht fest, werde sich aber an den Kosten für ein normales Economy-Flugticket orientieren, zitierte die Nachrichtenagentur dpa aus einem Schreiben des Auswärtigen Amtes an die potenziellen Ausreisenden.