Deutsche in Wuhan Wie in einer ausgestorbenen Stadt
Noch immer halten sich rund 90 Deutsche in der vom Coronavirus besonders betroffenen Region Wuhan auf. Zwei Deutsche zeigen sich gelassen.
In den nächsten Tagen sollen Deutsche und ihre Angehörigen aus der Provinz Hubei ausgeflogen werden. In der Region um die Millionenstadt Wuhan halten sich noch rund 90 Deutsche auf. Darunter sind auch die Studentin Ann-Sophie Muxfeldt aus Rostock und Professor Timo Balz aus Stuttgart.
Seit in der Millionenmetropole die Quarantäne verhängt wurde, muss sich Muxfeldt täglich beim Studentenwohnheim melden und durchgeben, wie es ihr geht. Sonst käme jemand vorbei, um nach ihr zu sehen, erzählt sie am Telefon.
Wenn sie auf den Campus möchte, muss sie sich ausweisen. Außerdem sei Fieber messen genauso wie das Tragen eines Mundschutzes Pflicht.
Frühere Rückkehr
Seit September studiert Muxfeldt aus Rostock Informationstechnik in Wuhan. Eigentlich wollte sie noch bis Juli bleiben, doch nun wird sie wegen des Coronavirus' früher zurückkehren.
Trotz oder gerade wegen all der Sicherheitsvorkehrungen wirkt die 22-Jährige entspannt: "Klar ist das Leben gerade eingeschränkt, aber Angst habe ich keine." Auch nicht vor einer Ansteckung. "Es ist wie bei einer Grippe, da geht man ja auch erstmal nicht davon aus, dass man daran gleich stirbt."
Trotzdem hat sie entschieden, sich von der Bundesregierung nach Deutschland ausfliegen zu lassen. Nicht aus Angst vor dem Virus, wie sie sagt, sondern weil man nicht absehen könne, wie lange die Quarantäne in Wuhan aufrechterhalten wird und wie sich die Situation entwickelt.
Medizinische Test vor der Ausreise
Die deutsche Botschaft habe in den vergangenen Tagen Kontakt mit ihr aufgenommen und nun erhalte sie täglich ein Update. Sie hat erfahren, dass sie sich vor der Ausreise medizinischen Tests unterziehen muss und nimmt an, dass sie in Deutschland in Quarantäne kommt. Wo die sein wird und wie die aussehen wird, darüber weiß sie noch nichts.
Ann-Sophie Muxfeldt soll am Samstag ausgeflogen werden.
Professor Balz will bleiben
Der Stuttgarter Timo Balz hat sich gegen eine Ausreise entschieden. Er ist Professor für Fernerkundung an der Wuhan Universität, lebt seit zehn Jahren in China, ist verheiratet und hat zwei Kinder. "Unser Zuhause ist hier, wir fühlen uns momentan auch sehr sicher, wir glauben, dass die sehr strikten Maßnahmen greifen."
Wie alle anderen in Wuhan ist auch seine Familie von der Quarantäne betroffen. Sie seien zwar angehalten, das Haus nicht zu verlassen, aber Rausgehen sei nicht verboten, erzählt Balz. Zum Einkaufen seien sie mal draußen gewesen und zum Spielen mit den Kindern, als sie das Gefühl hatten, dass ihnen die Decke auf den Kopf fiel.
Balz wirkt im Skype-Interview unaufgeregt und pragmatisch. Sie bekämen alles für den täglichen Bedarf, nur guter Kaffee fehle, weil es den im Supermarkt um die Ecke nicht gibt, sagt er und ergänzt: "Wenn unser größtes Problem die Langeweile ist, dann geht es uns doch eigentlich sehr gut."
Timo Balz will Wuhan nicht verlassen.
Martialische Berichterstattung
Über die Medien fühlt er sich gut informiert, sogar die chinesischen Nachrichten seien mittlerweile voll mit Informationen. Auch wenn die Berichterstattung dort etwas martialisch daher kommt: "Wir gewinnen den Krieg gegen das Virus", sei wohl der Tenor im chinesischen Fernsehen.
Parallel zur Propaganda der Chinesen verfolgt Balz aber auch ausländische Berichterstattung und soziale Medien. Die Stadt selbst erlebt er ruhig und wie ausgestorben.
"Sie dürfen es sich nicht vorstellen wie im Film, es ist nicht so, dass das Militär die Straßen sperrt oder sonstiges. Die Leute halten sich an die Vorkehrungen, die Situation ist sehr ruhig, die Versorgung läuft, wir sind sehr zuversichtlich." Wie es in anderen Teilen der Stadt aussieht, kann er jedoch nicht sagen, da er sein Viertel seit fünf Tagen nicht verlassen hat.
Ausreise wohl am Samstag
Muxfeldt war am Mittwochmorgen mit anderen Deutschen auf dem Campus der Universität in Wuhan spazieren und einkaufen. Den Rest des Tages saß sie zu Hause und hat die Nachrichten verfolgt.
Von der deutschen Botschaft hat sie erfahren, dass sie wohl am Samstag ausgeflogen wird. Nun versucht sie, den Transport zum Flughafen zu organisieren. "Das ist gar nicht so einfach, da ja gerade eigentlich nichts fahren darf", erzählt sie.
Dass sie China nun schneller als gedacht wieder verlassen muss, macht sie traurig. Sie sei aber auch erleichtert, dass Deutschland sich kümmert und sie in Wuhan nicht alleine gelassen wird.