Coronavirus Die deutsche Wirtschaft leidet mit
Das SARS-Virus hat die chinesische Wirtschaft vor 17 Jahren ein Prozent Wachstum gekostet. Ähnliche Folgen könnte das Coronavirus haben - und Deutschland in die roten Zahlen rutschen.
Die Hälfte der Arbeiter ist am Montag im Werk des Maschinenbauers Ziehl-Abegg in Shanghai wieder zur Arbeit erschienen - nach den verlängerten Ferien zum chinesischen Neujahrsfest. Aber die Unsicherheit bei der in Baden-Württemberg ansässigen Firma bleibt.
"China gehört zu den drei wichtigsten Märkten neben Deutschland und den USA. Wenn der Markt, der gut 15 Prozent des Umsatzes ausmacht, plötzlich eine Woche oder zwei oder drei steht, dann können sie sich ausrechnen, was das langfristig für uns bedeutet", erläutert Pressesprecher Rainer Grill. "Lieferketten funktionieren nicht, unsere Kunden können nicht produzieren, das hemmt uns auf breiter Basis, wenn das so weiter geht."
Lieferketten nicht schnell ersetzbar
Wie Ziehl-Abegg geht es gerade vielen Unternehmen in Deutschland: Der Nachschub aus China bleibt aus. Schlimmstenfalls kann das zu Produktionsstopps führen. Ausweichmöglichkeiten gibt es kaum, erläutert Gabriel Felbermayr vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel gegenüber dem ARD-Wirtschaftsmagazin PlusMinus. "Wir haben ja sehr eng getaktete Produktionspläne, just in time heißt das. Kaum noch Lagerhaltungen in Deutschland. Die Lieferketten neu aufzustellen, das dauert seine Zeit, da kann keiner schnell einspringen."
Wirtschaftswissenschaftler Felbermayr sieht massive Auswirkungen für die deutsche Wirtschaft.
Konsum in China bricht ein
In den Einkaufszentren von Shanghai und Peking ist wenig los - der Konsum bricht ein. Davon sind auch deutsche Unternehmen betroffen. Der Sportartikelhersteller Adidas hat auf Anordnung der lokalen Behörden zahlreiche Läden in China schließen müssen - nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, dass das China-Geschäft bei Adidas zuletzt etwa ein Fünftel des Gesamtumsatzes ausgemacht hat.
Das wirkt sich auch an der deutschen Börse aus. Die Adidas-Aktie verlor an Wert, ebenso die Aktien der stark von China abhängigen Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen. Der Leitindex DAX hat unter dem Coronavirus bislang nicht besonders gelitten. Ganz im Gegenteil: Er kletterte zuletzt auf ein Rekordhoch.
Chinas Wirtschaft deutlich mächtiger als 2003
Bei SARS 2003 bot sich ein ähnliches Bild wie heute. Das Virus lähmte das öffentliche Leben, die Wirtschaft kürzte die Prognosen, Wirtschaftsforscher warnten vor den Folgen. Nach der Krise hatte die chinesische Wirtschaft ein Prozent Wachstum eingebüßt. Deutschland kam glimpflich davon.
In den Metropolen Chinas mussten viele Geschäfte schließen.
Doch seitdem hat sich in der Welt der Wirtschaft viel verändert: Laut Daten des Internationalen Währungsfonds betrug der Anteil Chinas an der Weltwirtschaft beim SARS-Ausbruch 2003 gerade einmal rund vier Prozent. Heute sind es rund 17 Prozent.
Deutschland könnte in Rezession rutschen
Gabriel Felbermayr rechnet damit, dass bei einem erneuten Einbruch der chinesischen Wirtschaft um ein Prozent die deutsche Wirtschaft diesmal bis zu 0,2 Prozentpunkte Wachstum einbüßen könnte. Was sich wenig anhöre, mache im Zweifel einen entscheidenden Unterschied, so der Wirtschaftsexperte gegenüber PlusMinus: "Wenn man sich daran erinnert, dass wir letztes Jahr immer wieder am Rand der Rezession standen, könnte das genau den Ausschlag geben, dass wir doch mal in die roten Zahlen rutschen."