Tourismus in der Corona-Krise Maas warnt vor Wettlauf bei Reiseerlaubnis
Außenminister Maas hat davor gewarnt, die europäischen Reiseziele zu schnell wieder zu öffnen. Die Ansteckungsrisiken in beliebten Urlaubsorten seien "unvertretbar". Agrarministerin Klöckner sprach sich für Urlaub auf dem Land aus.
Angesichts der Diskussionen um die bevorstehende Urlaubssaison hat Bundesaußenminister Heiko Maas die Erwartungen an eine baldige Öffnung von europäischen Reisezielen gedämpft. "Ein europäischer Wettlauf darum, wer touristische Reisen zuerst wieder zulässt, führt zu unvertretbaren Risiken", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag".
"Was ein Infektionscluster in einem beliebten Urlaubsgebiet in den Heimatländern der Touristen anrichten kann, haben wir bereits erlebt", erinnerte Maas an die Infektionsfälle im österreichischen Skiort Ischgl. Das dürfe sich nicht wiederholen, mahnte der Minister. Stattdessen brauche Europa gemeinsame Kriterien für einen Weg zurück zur Reisefreiheit - "so schnell wie möglich, aber so verantwortlich wie nötig".
Auslöser für die Warnungen des Außenministers sind unter anderem die Pläne des österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz für eine schrittweise Grenzöffnung für Urlauber etwa aus Tschechien oder Deutschland. "Wir dürfen uns die hart erkämpften Erfolge der letzten Wochen nicht kaputt machen", sagte Maas. Sonst werde es noch sehr viel länger Reisebeschränkungen geben.
Sommerurlaub auf dem Land?
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner wirbt angesichts der Unsicherheiten für den weltweiten Tourismus für Sommerurlaube auf dem Land. "Im ländlichen Raum gibt es viele kleine Ferienwohnungen bis hin zum Urlaub auf dem Bauernhof mit eigenem Wohnbereich", sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
"Auch in vielen Landgasthöfen mit großen Außenbereichen gibt es Platz für ausreichend Abstand zueinander." Für diese Bereiche könnte sie sich gut vorstellen, dass sie Teil der Urlaubsplanungen sein könnten, wenn Abstands- und Hygieneregeln auch wirklich einzuhalten sind, sagte die Ministerin. Sie meine damit aber "keine Gruppenreisen mit Disko- und Barbesuchen".
Bei den Planungen müsse mit Bedacht vorgegangen werden, sagte Klöckner. In großen Hotels, in denen am Frühstücksbuffet Hunderte Gäste aufeinandertreffen, sei Urlaub aktuell schwer vorstellbar. "Hier würde es wahrscheinlich schwer werden, Infektionsketten nachzuvollziehen."
Tourismusbeauftragter hält Heimaturlaub für möglich
Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß, sagte der Nachrichtenagentur dpa, große Fernreisen würden in diesem Jahr eher ausfallen. "Es steht für viele Heimaturlaub auf dem Programm." Er gehe davon aus, dass das möglich sein werde, "hoffentlich auch schon im Sommer". Dazu brauche es aber klare Sicherheitskriterien. "Sicherheitsabstände, regelmäßige Desinfektion oder auch Tests für Personal und Mitarbeiter sind sicher vorstellbar."
Deutschland sei groß und habe sehr viele schöne Reiseziele, sagte Bareiß. "Aber in der Tat kann es natürlich an besonders beliebten Zielen auch zu Problemen kommen. Sicherheitsregeln und Abstand spielen diesen Sommer eine große Rolle." Handtuch an Handtuch am Nordseestrand werde es nicht geben.
Bareiß sprach sich auch für vorsichtige Lockerungen bei der geltenden weltweiten Reisewarnung aus, die bis zum 3. Mai gilt. Diese habe das Auswärtige Amt ausgesprochen. Ende April soll entschieden werden, wie mit der Reisewarnung weitergeht. "Aus Sicht der Wirtschaft und des Tourismus würde ich es begrüßen, wenn in laufenden Abständen die Lage neu bewertet wird und gegebenenfalls Anpassungen und vielleicht auch vorsichtige Lockerungen vorgenommen werden." "Wir brauchen transparente Meilensteine und keine unbefristete Reisewarnung."
Reisebranche fordert Schutzschirm
Der Deutsche Reiseverband (DRV) befürchtet unterdessen eine Pleitewelle in der Tourismusbranche. 60 Prozent der Reisebüros und Reiseveranstalter sehen sich unmittelbar von der Insolvenz bedroht, wie aus einer Umfrage des Verbandes unter seinen Mitgliedern hervorgeht, die der "Bild am Sonntag" vorliegt. Jedes fünfte Unternehmen musste demnach bereits Mitarbeiter entlassen, 80 Prozent der Unternehmen mussten staatliche Hilfen beantragen.
Die Mehrheit der rund 11.000 Reisebüros und 2300 Reiseveranstalter würden die Krise nicht überleben, "wenn die Bundesregierung nicht bald einen Schutzschirm über die Branche spannt", warnte DRV-Präsident Norbert Fiebig in der Zeitung. Schon jetzt seien mehr als 4,8 Milliarden Euro Umsatzausfälle zu beklagen, bisherige Soforthilfen würden nicht ausreichen.