Debatte um Subventionen Lindner stellt Bürokratie-Abbau für Bauern in Aussicht
Finanzminister Lindner will am Abbau der Agrardiesel-Subventionen festhalten, ist aber dafür, bürokratische Hürden für Landwirte abzubauen. Der Bauernverband erwartet vom Treffen mit den Ampel-Spitzen am Montag eine Lösung beim Agrardiesel.
Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den verstärkten Abbau von bürokratischen Lasten für die Landwirte in Deutschland in Aussicht gestellt. "Bei den aktuellen Diskussionen um die Landwirtschaft geht es nicht nur um öffentliche Gelder und Subventionen. Es schwingt auch wachsender Frust der Landwirte über immer mehr Auflagen und andere Eingriffe in ihre Betriebsabläufe mit", sagte Lindner der Düsseldorfer Rheinischen Post.
"Deshalb müssen wir schauen, wie der wirtschaftliche Erfolg durch weniger Regulierung insgesamt verbessert werden kann", sagte der FDP-Vorsitzende vor seinem Auftritt bei der zentralen Bauern-Demonstration am kommenden Montag vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Wenn Subventionen abgebaut werden, dann sollte Zug um Zug auch teure Bürokratie abgebaut werden. Das wäre nur fair", sagte Lindner.
Rücknahme der Streichung beim Agrardiesel kein Thema
Lindner stellte aber auch klar, dass er trotz der anhaltenden Proteste der Landwirte an der geplanten Streichung der Steuervergünstigung beim Agrardiesel festhalten will. "Das Parlament hat beim Haushalt das letzte Wort. Aber für die Normalisierung der Staatsfinanzen werden alle ihren Beitrag leisten müssen", sagte Lindner der Neuen Osnabrücker Zeitung.
"Der Agrarsektor erhält jährlich Subventionen von gut neun Milliarden Euro aus Brüssel und Berlin", sagte er weiter. "Es fallen 2025 jetzt weniger als 300 Millionen weg. Wir reden also von rund drei Prozent." Die Bundesregierung habe sich die Auswirkungen des Vorschlags gründlich angesehen und deshalb Korrekturen vorgenommen, sagte Lindner.
Die Bundesregierung will die seit mehr als 70 Jahren bestehende Steuervergünstigung nicht mehr auf einen Schlag enden lassen, sie soll stattdessen schrittweise über drei Jahre auslaufen. Eine Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hat die Koalition ganz zurückgenommen. Die Pläne kommen nun zu den parlamentarischen Beratungen in den Bundestag.
Scholz geht von "gutem Kompromiss" aus
Bundeskanzler Olaf Scholz verteidigte das Vorgehen der Regierung bei den Subventionskürzungen. "Wir haben uns die Argumente der Landwirte zu Herzen genommen", sagte Scholz in seinem Video-Podcast "Kanzler kompakt". Seine Regierung habe deshalb ihren ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet. Dies sei aus seiner Sicht "ein guter Kompromiss".
Landwirte und ihre Familien müssen von ihrer harten Arbeit gut leben können, sagte er weiter. Es gelte aber auch: "Wenn jede Subvention auf ewig bestehen bleibt, wenn wir alle zu 100 Prozent auf unserem Standpunkt beharren, wenn wir alles so machen wie immer - dann kommen wir auch nicht voran."
Treffen am Montag in Berlin - und Demonstration
Am Montag kommen der Bauernverband und weitere Bauernvertreter mit den Fraktionschefs der Ampel zusammen. Der Verband erwartet sich davon eine Lösung in der Kernfrage des Agrardiesels. "Wir gehen davon aus, dass sie sich der Brisanz des Themas bewusst sind und wir ernsthafte Vorschläge dazu erhalten werden", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der Nachrichtenagentur dpa. "Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Beim Gespräch am Montag kann es zunächst nur um den Agrardiesel gehen." Man setze darauf, dass die Fraktionsvorsitzenden dazu eine Lösung vorlegen.
Die Vorsitzenden der Ampel-Fraktionen im Bundestag hatten die Spitzen der Landwirtschaftsverbände angesichts anhaltender Bauernproteste zu dem Gespräch eingeladen.
"Bei den aktuellen Demonstrationen wird deutlich, dass es Ihrem Berufsstand jedoch nicht nur um finanzielle Belastungen geht, sondern auch um fehlende Planungssicherheit und wirtschaftliche Perspektiven für die landwirtschaftlichen Betriebe", heißt es in der Einladung.
Am Montag findet in Berlin auch eine große Protestkundgebung von Bauern und der Speditionsbranche statt.
Steinmeier: Politiker sollen häufiger aus Berlin raus
Unterdessen rief Bundespräsident Walter Steinmeier die Regierung dazu auf, mit den Landwirten ins Gespräch zu kommen. Der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Proteste sind legitim, aber Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten."
Der Politik riet er, öfter die Hauptstadt Berlin zu verlassen und raus ins Land zu gehen, so wie er dies tue, wenn er seinen Amtssitz immer wieder für einige Tage in kleinere Städte verlege. "Manchmal hilft es schon, hinzugehen und zu sagen, wir wollen Euch hören. Insofern halte ich mehr Präsenz im ländlichen Raum tatsächlich für dringend erforderlich."
Hinzu komme, dass der Griff ins Supermarktregal die Menschen von den Produzenten der Lebensmittel entfremdet habe. "Das mag auch ein Grund sein, dass es in unserem Land insgesamt an einer ausreichenden Würdigung derer fehlt, die für die Erzeugung der Nahrungsmittel und für den Erhalt der Lebensbedingungen im ländlichen Raum verantwortlich sind", sagte der Bundespräsident.