Seehofer zu Flüchtlingen in Griechenland Deutschland nimmt rund 400 Menschen auf
Die Bundesregierung will weitere Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen. Dabei geht es um behandlungsbedürftige Kinder und deren Familien. Einige von ihnen müssten dringend im Krankenhaus behandelt werden.
Mit dem Ende der deutschen Grenzkontrollen setzt Deutschland die humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen aus anderen EU-Staaten fort. Nach der heutigen Kabinettssitzung teilte Bundesinnenminister Horst Seehofer mit, dass Kinder aus den Lagern auf den griechischen Inseln nach Deutschland geholt werden sollen.
Konkret kündigte er die Aufnahme von 243 behandlungsbedürftigen Kindern und ihrer Familienangehörigen an. Die Kinder seien alle nicht unbegleitet und sollten nicht ohne Geschwister und Elternteile geholt werden, sagte Seehofer. Ein Ministeriumssprecher sagte der Nachrichtenagentur epd, viele der Kinder seien unter sechs Jahren alt. Teilweise hätten sie Krankheiten, die dringend im Krankenhaus behandelt werden müssten.
Flüchtlinge aus Griechenland, Italien und Malta
Schon Anfang März hatten sich die EU-Innenminister auf Drängen Griechenlands darauf verständigt, bis zu 1600 kranke oder unbegleitete Kinder und Jugendliche aus den völlig überfüllten Flüchtlingslagern auf den Inseln aufzunehmen. Deutschland hatte angekündigt, 350 davon zu übernehmen, allerdings bevorzugt unbegleitete minderjährige Mädchen, von denen es in den Lagern nur wenige gibt.
Mitte April war ein erster Flug mit 47 Kindern und Jugendlichen angekommen. Sechs weitere Kinder, die damals wegen Erkrankungen nicht mitfliegen konnten, sollen nun zusätzlich zu den 243 anderen Kindern auch nachgeholt werden, sagte Seehofer. Die Corona-Pandemie hatte zwischenzeitlich dazu geführt, dass die Aufnahme nicht fortgesetzt werden konnte.
Seehofer sagte, darüber hinaus habe Deutschland Italien und Malta angeboten, jeweils 80 aus Seenot gerettete Migranten zu übernehmen. Die Aufnahmen werden jeweils "Ende Juni, Juli" erfolgen, so der Innenminister. Die Zusage betrifft unter anderem Menschen, die von den Rettungsschiffen "Alan Kurdi" und "Aita Mari" aufgegriffen worden waren.
Wer nimmt wie viele Menschen auf?
Die Bereitschaft anderer EU-Staaten zur Aufnahme der Bootsflüchtlinge sei geringer ausgeprägt als bei der Übernahme von Kindern und Jugendlichen aus den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln, sagte Seehofer. Während es bei den Lagern ein Dutzend Staaten gebe, seien es bei der Seenotrettung - wenn überhaupt - nur etwa ein halbes Dutzend. Deshalb sei es wichtig, bei der angestrebten Neuregelung der europäischen Asylpolitik Lösungen vorzusehen, für die "solidarische Aufarbeitung solcher Fälle wie in Griechenland und in der Seenotrettung". Zur Migrationspolitik gehöre Ordnung, aber auch "in vorzeigbarem Maße die Humanität", so der Minister.
In der Europäischen Union wird seit Jahren über die gemeinsame Migrationspolitik gestritten. Über die Frage der gerechten Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsstaaten sind die zuständigen Innenminister der einzelnen Länder uneins. Die Visegrad-Staaten, Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn sowie Österreich blockieren eine Lösung.
Auch Deutschland stand in der Kritik, sich nicht ausreichend an der Verteilung und Aufnahme von Flüchtlingen aus anderen EU-Ländern wie Italien oder Griechenland zu beteiligen. Luxemburgs Ministerpräsident Jean Asselborn hatte Deutschland vorgeworfen, im Verhältnis zu seiner Einwohnerzahl eine zu geringe Zahl an Menschen einreisen lassen zu wollen.
Resettlement-Programme bleiben vorerst ausgesetzt
Seehofer verwies auf die derzeit niedrigen Zuwanderungszahlen. Derzeit kämen etwa 100 Menschen täglich nach Deutschland. Die Grenzübertritte Asylsuchender waren wegen der Corona-bedingten Grenzschließungen stark zurückgegangen.
Wegen der Corona-Pandemie hatte Seehofer zudem die sogenannten Resettlement-Programme ausgesetzt, bei denen besonders Schutzbedürftige aus Flüchtlingslagern in Drittstaaten nach Deutschland geholt werden, etwa aus den Nachbarstaaten Syriens. Wann sie wieder anlaufen, ließ Seehofer offen. Er betonte aber, es bleibe bei allen Zusagen, die Deutschland dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gemacht habe. Die Bundesregierung hatte versprochen, im Rahmen dieser Programme in diesem Jahr 5.500 Flüchtlinge aufzunehmen.