EuGH-Urteil erwartet Nein zur Flüchtlingsaufnahme erlaubt?
Können EU-Staaten gezwungen werden, Asylbewerber im Rahmen eines Verteilmechanismus aufzunehmen? Der EuGH entscheidet in einem Verfahren gegen Tschechien, Ungarn und Polen, die sich 2015 geweigert und geklagt hatten.
Im September 2015 hatten die EU-Innenminister beschlossen, dass Italien und Griechenland entlastet werden müssten. Rund 160.000 in diesen Ländern gestrandete Einwanderer sollten auf andere EU-Staaten umverteilt werden. Ungarn sollte gut 1200 Flüchtlinge aufnehmen. Tschechien etwas über 2600, Polen knapp 6200.
Die Entscheidung der Innenminister war damals nicht einstimmig ergangen, mehrere osteuropäische Länder waren überstimmt worden. Teilweise zogen sie deshalb vor das oberste EU-Gericht. Aber der EuGH entschied 2017: Dieser Beschluss zur Umverteilung war rechtens. Es brauche dafür keine einstimmige Entscheidung. Trotzdem machten Polen, Ungarn und Tschechien nicht mit.
Die EU-Kommission hatte dann noch einmal nachgelegt und die drei Staaten direkt vor dem EuGH verklagt. Die hätten ihre Pflichten nicht erfüllt, zum Beispiel nicht - wie in den Ratsbeschlüssen vorgesehen - alle drei Monate mitgeteilt, wie viele verfügbare Plätze für die Umsiedlung bereitstünden. Ungarn habe sich überhaupt nicht gerührt, Polen sei schon ab Jahresende 2015 untätig gewesen und Tschechien habe insgesamt nur zwölf Menschen aufgenommen.
Gutachterin: Kategorisches Nein ist nicht erlaubt
Die gerichtsinterne Gutachterin, die Engländerin Eleanor Sharpston, die vorab, vor den Richtern, ihre Meinung sagte, war eindeutig auf Seiten der Kommission. Im vergangenen Oktober gab sie bekannt: Alle drei Staaten müssten verurteilt werden, weil sie ihre europäischen Verpflichtungen verletzt hätten.
Sie könnten sich jedoch gegen die Übernahme von einzelnen Asylbewerbern wehren, wenn zum Beispiel zu befürchten sei, dass derjenige die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährde. Das heißt, die Mitgliedsstaaten könnten durchaus dafür sorgen, ihre eigenen Bürger zu schützen, wenn es um konkrete, einzelne Personen ginge.
Aber kategorisch nein zu sagen, das sei nicht erlaubt. In einer klaren Notsituation wie es 2015 der Fall gewesen sei, müssten die Staaten solidarisch handeln. Eine Missachtung der Pflichten sei ein gefährlicher erster Schritt hin zum Zusammenbruch der EU.
Ob die Richter der Generalanwältin folgen, ist nicht sicher. Einiges spricht dafür - schon wegen des Urteils von 2017 -, dass sie auch der Ansicht sind, Polen, Ungarn und Tschechien hätten Asylbewerber übernehmen müssen.
Strafzahlung nur mit neuer Klage
Damit folgt nicht automatisch, dass ihnen eine Strafzahlung aufgebrummt wird. Dafür müsste die Kommission eine neue Klage beim Gerichtshof erheben. Es würde also sicherlich noch eine ganze Reihe von Monaten, wenn nicht sogar Jahre dauern, bis die drei Länder finanzielle Folgen ihres Verhaltens zu spüren bekämen.
Das ist das normale Prozedere, aber aus anderen Verfahren wegen Verletzung von Umweltauflagen weiß man, selbst wenn einige Zeit vergeht - das kann sehr teuer für den betreffenden Staat werden.