Krise beim rbb Forderungen nach Rücktritt der rbb-Spitze
Nachdem die Intendanten der ARD das Vertrauen in die amtierende rbb-Leitung verloren haben, mehren sich auch innerhalb des Senders die Stimmen, die einen Rücktritt der rbb-Spitze fordern. Auch der Rundfunkrat müsse neu besetzt werden.
In der Krise des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) steigt der Druck auf die amtierende Geschäftsleitung des Senders, nachdem die Intendanten der ARD der geschäftsführenden rbb-Spitze das Vertrauen entzogen hatten. Der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow erklärte, nach wie vor erführen seine Kolleginnen und Kollegen immer neue Vorwürfe ausschließlich aus der Presse. "Wir, die Intendantinnen und Intendanten der ARD, haben kein Vertrauen mehr, dass der geschäftsführenden Leitung des Senders die Aufarbeitung der diversen Vorfälle zügig genug gelingt."
Mit Blick auf die Entwicklungen seit dem Rücktritt von rbb-Intendantin Patricia Schlesinger machte Buhrow deutlich, dass sich die Lage nach dem Rücktritt der obersten Verantwortlichen normalerweise beruhige. "Aber das ist hier nicht der Fall. Es wird immer unruhiger, immer unstabiler. Und für die ARD wird es auch immer unstabiler. Und das ist das, was uns betrifft, als ARD." Auch deshalb brauche es eine neue Geschäftsleitung.
Belegschaft fordert Rücktritt der Spitze
Die Belegschaft des rbb fordere den Rücktritt der Senderspitze, sagte am Abend Ute Zill, Vorsitzende des rbb-Redaktionsausschusses, in einer Sondersendung des rbb zur Krise im eigenen Haus. Der Redaktionsausschuss ist die Interessenvertretung der Redakteurinnen und Redakteure des Senders. Es dürften jetzt auch nicht einfach die Stellvertreterinnen und Stellvertreter automatisch nachrücken, hieß es in einer Erklärung des Ausschusses. Neue Personalentscheidungen müssten zusammen mit der Belegschaft getroffen werden, um flachere Hierarchien und bessere Transparenz zu erreichen.
Auch die Mehrheit des Rundfunkrats halte es für richtig, wenn die Mitarbeiter über Personalentscheidungen mitbestimmen können, sagte Antje Kapek, Grünen-Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus und Mitglied in dem Gremium. Der Rundfunkrat, eines der Aufsichtsgremien des Senders, steht ebenfalls in der Kritik, seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrgenommen zu haben.
Forderungen nach Rücktritt des Rundfunkrats
Jan Redmann, Fraktionschef der CDU im Brandenburger Landtag, sagte in der Sendung, der Rundfunkrat als Aufsichtsgremium sei ebenso belastet wie die rbb-Geschäftsleitung. Er könne sich deshalb nicht vorstellen, dass der Rat in der aktuellen Besetzung über die neue Leitung mitbestimmen könne.
Um ein vollständiges Chaos beim rbb zu verhindern, plädierte er jedoch für ein schrittweises Vorgehen: Die aktuelle Senderspitze solle im Amt bleiben, bis der externe Untersuchungsbericht zur Affäre vorliege. Dies soll voraussichtlich im September geschehen. Dann solle der Rundfunkrat neu besetzt werden und eine neue Geschäftsleitung bestimmen.
Vorsitzende des Rundfunkrats zurückgetreten
Die langjährige Vorsitzende des Rundfunkrats, Friederike von Kirchbach, war zuvor von ihrem Posten zurückgetreten. "Der rbb steht vor einem Neuanfang. Nach zehn Jahren als Vorsitzende des Rundfunkrates möchte ich dazu einen Beitrag leisten und stelle mein Amt zur Verfügung. Unser Gremium hat mit der Abberufung von Patricia Schlesinger als Intendantin den Weg für neue Strukturen und Personen im rbb frei gemacht. Für alles, was jetzt kommt, sehe ich neue Verantwortliche in der Pflicht, deshalb trete ich zurück", sagte von Kirchbach.
Ihr bisheriger Stellvertreter Dieter Pienkny übernimmt die Amtsgeschäfte vorerst kommissarisch. Er machte deutlich, dass das Vertrauen des Rundfunkrats in die geschäftsführende Senderspitze schwinde. "Es geht nicht weiter, dass wir bis September, Oktober jeden Tag irgendwelche neuen Verfehlungen hören", sagte er der tagesschau. Er sieht in dem Vertrauensentzug für die rbb-Geschäftsleitung nur den ersten Schritt. Im rbb müsse tabula rasa gemacht werden, sagte er dem WDR.
Kritik an ARD-Misstrauen
An der Erklärung der ARD-Intendantinnen und -Intendanten gab es jedoch auch Kritik: "Dieser erste Schritt von Tom Buhrow mag sehr löblich sein, aber was folgt daraus? Kommt jetzt ein Expertenteam des WDR oder woher auch immer und übernimmt die Geschäfte?", fragte der kommissarische Vorsitzende des Rundfunkrats, Dieter Pienkny, im rbb. Er hätte sich ein paar mehr Informationen gewünscht, bevor man sich dazu äußert.
Ähnlich äußerten sich auch die Rundfunkratsmitglieder Antje Kapek und Erik Stohn: "Jetzt gänzlich ohne Geschäftsführung dazustehen in so einer Situation, wo der rbb in schweres Fahrwasser gerät, ist fahrlässig. Und es steht den ARD-Intendanten ehrlicherweise auch nicht zu", sagte der SPD-Politiker Stohn dem rbb.