Gewaltausschreitungen auf Demos Mazyek appelliert an Muslime
Nach antisemitischen Äußerungen auf pro-palästinensischen Demonstrationen stehen auch die Islamverbände in der Kritik. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Mazyek, verurteilte die Vorfälle im tagesthemen-Interview.
Der Zentralrat der Muslime hat pro-palästinensische Demonstranten in Deutschland zur Zurückhaltung ermahnt. "Ich mache mir wirklich große Sorgen", sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, in den tagesthemen.
Auf den Straßen seien derzeit Hass, Gewalt und Antisemitismus zu erleben. "An dieser Stelle verurteile ich das ganz klar und deutlich", betonte Mazyek. "Ich appelliere auch insbesondere an die Muslime, gerade an Demonstrationen, sich jetzt zurückhaltend zu beteiligen und auch genau hinzuschauen, wer die Betreiber sind." Eine Alternative seien zum Beispiel Friedensgebete.
Synagogen-Besuch als "Zeichen der Anteilnahme"
In den vergangenen Tagen war es mehrfach zu Ausschreitungen bei pro-palästinensischen Demonstrationen gekommen. "Ich verhehle nicht, dass es auch Muslime gibt, die antisemitisch sind, und das müssen wir bekämpfen", sagte Mazyek.
Jede Form von Antisemitismus oder Rassismus sei eine Sünde im Islam. "Gerade wir als deutsche Muslime haben eine besondere Verantwortung, auch gegenüber Juden und Israel." Er selbst habe am Freitag eine Synagoge besucht, um "ein Zeichen der Anteilnahme, des Mitgefühls, aber auch der Solidarität" zu setzen.
Ricarda Lang wünscht sich klares Statement der Islamverbände
"Wir sollten uns davor hüten, alle Muslime unter Generalverdacht zu stellen", sagte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Es gebe viele Stimmen aus der islamischen Community, die sich klar gegen die Hamas positioniert hätten. Sie hätte sich aber ein "klareres Statement vonseiten der Islamverbände gewünscht".
Lang sprach sich für ein "gesellschaftliches Bündnis gegen Antisemitismus" aus. "Sportvereine, Unternehmerverbände, Gewerkschaften und Kirchen müssen jetzt gemeinsam aufstehen", forderte die Grünen-Vorsitzende. Antisemitismus sei in Deutschland kein neues Phänomen. Dagegen vorzugehen sei eine dauerhafte Aufgabe, "der wir vielleicht nicht genügend gerecht geworden sind".
Ataman: Antidiskriminierungsgesetz sollte ausgeweitet werden
Die unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, setzt sich mit Blick auf antisemitische Vorfälle in Deutschland für eine Ausweitung des Antidiskriminierungsgesetzes ein. "Die Bundesregierung sollte im Antidiskriminierungsgesetz ein Verbot der Diskriminierung wegen der Staatsangehörigkeit durchsetzen", forderte Ataman in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Das würde helfen, besser gegen israelbezogenen Antisemitismus vorzugehen", argumentierte sie.
Anders als in anderen EU-Ländern sei eine solche Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit in Deutschland bislang legal. Die Diskriminierungsverbote würden derzeit etwa nicht gelten, wenn Juden aufgrund ihrer israelischen Staatsangehörigkeit benachteiligt würden. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, unterstützt die Forderung.
Alon Meyer: Anständige Mehrheit muss lauter werden
Der Präsident des Jüdischen Sportvereins Makkabi, Alon Meyer, hofft angesichts antisemitischer und antiisraelischer Parolen auf vielen Demonstrationen in Deutschland auf stärkeren öffentlichen Widerspruch.
"Ich bin fest überzeugt, dass die Mehrheit in Deutschland anständig ist - und diese Mehrheit muss lauter werden", sagte er. Es wäre schön, wenn mehr Menschen im öffentlichen Leben wie in sozialen Medien klare Worte über den Terror fänden, "aber auch mit den Füßen abstimmen".
Bundesweit sei der Spiel- und Trainingsbetrieb in einigen Makkabi-Vereinen derzeit eingeschränkt, vor allem in Berlin, sagte Meyer. In Frankfurt laufe der Spielbetrieb normal weiter, wobei die Sicherheitslage stets im Auge behalten werde. "Die Sicherheit der Sportler geht vor."
Pincha Goldschmidt: Robuste Antwort von Staat und Gesellschaft
Ein Sprecher der Europäischen Rabbinerkonferenz hofft angesichts teils hasserfüllter Slogans, die in den vergangenen Tagen wiederholt auf pro-palästinensischen Demonstrationen zu hören waren, auf eine "robuste Antwort von Staat und Gesellschaft". "Es wäre schön, wenn sich rumspricht, dass sich der deutsche Staat nichts gefallen lässt", sagte Oberrabbiner Pincha Goldschmidt, Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner.