Weidel-Äußerung im Bundestag Werden Ausgaben für die EU verschwiegen?
AfD-Politikerin Weidel hat im Bundestag behauptet, Ausgaben für den EU-Haushalt würden verschwiegen. Doch die Zahlen sind einsehbar.
Zum Auftakt der Generalaussprache im Bundestag hat AfD-Fraktionschefin Alice Weidel für Empörung im Plenum gesorgt, als sie sagte: "Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern." Dafür kassierte sie einen Ordnungsruf.
Aber auch inhaltlich waren Weidels Ausführungen fragwürdig. So behauptete sie in ihrer Rede:
Dennoch binden uns die jeweiligen Finanzminister, wie gestern auch Olaf Scholz, Jahr für Jahr einen Bären auf. Wie das gelingt? Ganz einfach: Im Bundeshaushalt werden schlicht nicht alle Ausgabenposten aufgeführt. Denn wo ist zum Beispiel der EU-Etat zu finden? Richtig - nämlich gar nicht. Die rund 30 Milliarden, die Deutschland nach Brüssel transferiert, werden im Budget verschwiegen.
Das ist falsch. Die geplanten Ausgaben werden jährlich im Finanzplan ausgewiesen. Darunter versteht man die von der Bundesregierung beschlossene fünfjährige Finanzplanung für den Bund. Er bildet laut Finanzministerium "ein wesentliches internes Planungsinstrument für die Verabschiedung des jährlichen Bundeshaushalts". Im Finanzplan 2017 waren für die kommenden Jahre folgende Abführungen vorgesehen:
Im Finanzplan 2018 wurden diese Abführungen nach unten korrigiert: Statt den veranschlagten 36 Milliarden Euro sollen es 32,2 Milliarden Euro sein. Wofür dieses Geld verwendet wird, erklärt die EU im Netz.
Jahr | Abführungen des Bundes an den EU-Haushalt (in Mrd. Euro) |
---|---|
2018 | 32,2 |
2019 | 36,9 |
2020 | 37,2 |
2021 | 37,6 |
2022 | 38,9 |
Das Finanzministerium erklärte auf Anfrage des ARD-faktenfinder, die Darstellung dieser Zahlen im Haushaltsgesetz - das den Parlamentariern für 2018 als Entwurf vorliegt - erfolge unter dem Punkt "Gliederung der Einnahmen und Ausgaben nach Einnahmen und Ausgabegruppen". Der Punkt sei standardmäßig in den Haushaltsgesetzen bzw. in den Entwürfen aufgeführt und daher für die Parlamentarier ohne weiteres einsehbar.
Bürgschaften werden nicht ausgewiesen
Weidel sprach in diesem Kontext auch davon, dass die Haftungen und Garantien für andere Euro-Staaten, Banken und die diversen Eurorettungsfonds gigantisch seien. Auch hier sei "nur ein Teil der tatsächlichen Schulden überhaupt veröffentlicht", so Weidel laut dem stenografischen Bericht zu der Beratung im Bundestag.
Das Bundesfinanzministerium erklärte dazu auf Anfrage des ARD-faktenfinder, der Bundestag sei "in die früheren Programme sowie in das laufende Programm des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) für Griechenland vollständig eingebunden". Denn die Programme seien vom Bundestag zu genehmigen gewesen - und die Zustimmung der Bundesregierung zu Programmüberprüfungen und zu Kreditauszahlungen erfolge in enger Abstimmung mit dem Haushaltsausschuss.
Das Finanzministerium unterrichte zudem den Bundestag nach eigenen Angaben regelmäßig über den Stand der EFSF-Gewährleistungen und die aktuelle Inanspruchnahme des ESM sowie über die Erkenntnisse des Frühwarnsystems von ESM/EFSF. Demnach gibt es keine Anzeichen, die darauf hindeuten, dass es in absehbarer Zeit zu einem Kapitalabruf des ESM oder einer Garantieinanspruchnahme der EFSF kommen könnte.
Ordnungsruf für Weidel bleibt
Weidel geriet gestern heftig in die Kritik wegen ihrer Äußerungen über "Kopftuchmädchen" und "Messermänner". Unionsfraktionschef Kauder sagte, sie solle sich schämen, ihre Äußerungen widersprächen dem christlichen Menschenbild.
Der Ordnungsruf gegen Weidel wurde nicht zurückgenommen. Der Bundestag wies mit großer Mehrheit ihren Einspruch dagegen zurück. Die AfD-Fraktionschefin argumentierte bei ihrem Einspruch, dass sich der Begriff "Taugenichtse" sprachlich eindeutig auf "alimentierte Messermänner" bezogen habe und damit "denklogisch nicht auf die Burka und auch nicht auf die Kopftuchmädchen".
Dem folgten bei der namentlichen Abstimmung 85 Parlamentarier. 549 Abgeordnete stimmten gegen Weidels Einspruch, zwei enthielten sich. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags kann der Parlamentspräsident Abgeordnete zur Ordnung rufen, wenn sie die Ordnung oder die Würde des Hauses verletzen. Gleichzeitig wird dem betroffenen Abgeordneten das Recht eingeräumt, bis zur nächsten Plenarsitzung Einspruch einzulegen und damit eine Abstimmung des Parlaments zu erzwingen.