Eine Corona-Impfung wird in einen Oberarm verabreicht. (Archivbild: 01.09.2021)
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Sars-CoV-2-Impfung Wann sind Ärzte wirklich haftbar?

Stand: 10.11.2021 15:29 Uhr

Ein "Haftungsbescheid" soll Ärzte und Entscheidungsträger zum "Umdenken im unsäglichen Impfwahn" bewegen. Die Aussagen in dem Schreiben sind ebenso fragwürdig wie dessen Quelle.

Seit Monaten versuchen Protagonisten aus der Corona-Leugner-Szene, Ärzte einzuschüchtern, damit diese nicht gegen Sars-CoV-2 impfen. Neben Bedrohungen, Beschimpfungen und Denunziationen werden hierfür auch angeblich juristische Gutachten verschickt, die beweisen sollen, dass die Mediziner für Impfschäden haftbar gemacht werden können.

Nun haben auch die "Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie" (MWGFD) dazu aufgefordert, ein von dem Verein entworfenen Brief an Ärztinnen und Ärzte sowie Leiter von Gesundheitsämtern, Schulen und Gemeinden sowie politische Entscheidungsträger zu versenden. Das nicht namentlich signierte Schreiben trägt den Betreff "Ihnen persönlich zugestellter Haftungsbescheid".

Juristisch falsch - inhaltlich mehr als fragwürdig

Schon der Begriff ist unsinnig - denn "Haftungsbescheide" können ausschließlich Finanzämter und Krankenkassen gegenüber Steuer- beziehungsweise Sozialabgabenschuldnern ausstellen. In dem Pamphlet heißt es weiter: "Mit diesem Brief möchten wir Sie daran erinnern, dass Sie persönlich für Impfschäden haftbar gemacht werden können, wenn Sie Ihren Patienten einen der Gen-basierten Covid-19-Impfstoffe verabreichen."

Eine Quelle hierfür wird nicht genannt - aus gutem Grund, denn diese Haftung ist gesetzlich streng begrenzt: Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes wurde klargestellt, dass für alle gesundheitlichen Schäden, die im Zusammenhang mit Corona-Impfungen eintreten, bundeseinheitlich ein Anspruch auf Entschädigung besteht. Der Staat zahlt demnach auch Heil- und Krankenbehandlungen und womöglich eine Rente.

Ärzte nur für Behandlungsfehler haftbar

Das bedeutet jedoch nicht, dass Ärzte in jedem Fall von einer Haftung ausgeschlossen sind: Dosieren sie zum Beispiel das Vakzin falsch, verwechseln sie es oder übersehen sie die durch eine Vorerkrankung ausgelösten Risiken, können sie dafür - wie bei jedem anderen Behandlungsfehler auch - verantwortlich gemacht werden.

Der Deutsche Hausärzteverband rät daher seinen Mitgliedern, sich an die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu halten, die als Facharztstandard gelten. Weiterhin sollen sie die Patienten vor einer Impfung umfassend über alle Risiken und Nebenwirkungen aufklären und sich die Impfeinwilligung möglichst schriftlich bestätigen lassen.

Verein für Fehlinformationen berüchtigt

In dem Schreiben des Vereins wird weiterhin behauptet, dass die Impfstoffe unnötig, unwirksam und gefährlich seien. Als angebliche Beweise werden zum großen Teil nicht peer-reviewte Studien oder gar anonyme Quellen genannt. Die MWGFD waren bereits mehrfach durch Fehlinformationen aufgefallen, zuletzt auch als Finanzier einer Studie, die bereits als Research Letter wegen massiver methodischer und inhaltlicher Fehler von dem veröffentlichenden Journal zurückgezogen wurden.

Schon wenige Monate nach der Gründung war dem Verein die Gemeinnützigkeit entzogen worden, weil er seine satzungsmäßigen Zwecke nicht fördert und zudem originär politische Zwecke verfolgt - eine Entscheidung, die jüngst vom Bundesfinanzhof bestätigt wurde.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 im Hörfunk am 21. August 2021 um 09:00 Uhr.