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Europawahl 2024

Teilnehmer reagieren bei der CDU-Wahlparty auf die Wahlergebnisse der Europawahl im Konrad-Adenauer-Haus.
Europawahl

Europawahl in Deutschland  Union vorne, AfD auf Platz zwei, Grüne stürzen ab

Stand: 09.06.2024 23:55 Uhr

Die Union ist laut ARD-Hochrechnung die stärkste Kraft bei der Europawahl. Die Ampelparteien verlieren an Stimmen - vor allem die Grünen. Die AfD holt 15,9 Prozent und landet auf Platz zwei. Das BSW kommt aus dem Stand auf gut 6 Prozent.

Bei der Europawahl ist die Union mit deutlichem Abstand die stärkste Kraft geworden. Laut Hochrechnung von infratest dimap für die ARD erreichen CDU und CSU zusammen 30,2 Prozent - davon entfallen 23,8 Prozent auf die CDU und 6,4 Prozent auf die CSU. Bei der Wahl 2019 kam die Union auf 28,9 Prozent. 

Die Parteien der Ampelkoalition hingegen verlieren. Die SPD kommt laut Hochrechnung mit 14,0 Prozent auf ihr bisher schlechtestes Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl überhaupt. Bei der Europawahl 2019 waren es 15,8 Prozent.

Vor allem die Grünen sinken in der Wählergunst deutlich: Die Partei liegt bei 11,9 Prozent und damit weit unter ihrem Rekordergebnis von 2019 (20,5 Prozent). Die FDP kommt auf 5,1 Prozent, 2019 waren es 5,4 Prozent. 

AfD auf Platz zwei

Die AfD konnte ihr Ergebnis von 2019 verbessern. Damals kam sie auf 11,0 Prozent der Stimmen. Nun liegt sie mit 15,9 Prozent auf Platz zwei - ein historisches Hoch, das allerdings niedriger ausfällt als zwischenzeitliche Umfragewerte. 

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) erreicht laut ARD-Hochrechnung aus dem Stand 6,1 Prozent. Es ist die erste Wahl, an der das BSW teilnimmt. Die Linkspartei geht mit großen Verlusten aus der Wahl. Sie kommt auf 2,7 Prozent (2019: 5,5 Prozent).

Die Freien Wähler holen 2,7 Prozent, die Partei Volt kommt auf 2,5 Prozent. Die Satirepartei Die PARTEI liegt bei 1,9 Prozent. Die Tierschutzpartei bekommt 1,4 Prozent. ÖDP (0,7), Familienpartei (0,6 Prozent) und Piraten (0,5 Prozent) bleiben unterhalb eines Prozents der Stimmen.

Europawahl in Deutschland: Schwere Schlappe für Parteien der Ampelkoaltion

Nicole Kohnert, ARD Berlin, tagesschau, 09.06.2024 20:00 Uhr

Von der Leyen will zweite Amtszeit

Die Union setzte im Wahlkampf vor allem auf ihre Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen und Schlagworte wie Sicherheit, Frieden und Wohlstand. Profitiert haben dürften CDU/CSU im Wahlkampf auch von ihrer Rolle als Oppositionsführerin im Bundestag und der hohen Unzufriedenheit mit der Bundesregierung. Die frühere Bundesverteidigungsministerin von der Leyen strebt nun eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission an.  

Für die CSU ging Manfred Weber als Spitzenkandidat ins Rennen. 2019 war der 51-Jährige Spitzenkandidat für den Posten des Kommissionspräsidenten. Eine Mehrheit bekam er damals aber nicht. Weber ist EVP-Fraktionsvorsitzender im Europäischen Parlament. 

SPD erneut mit Barley im Wahlkampf

Für die Ampelkoalition ist die Wahl ein Dämpfer. Alle drei Parteien verlieren Stimmen. Die SPD ging in den Wahlkampf mit ihrer Spitzenkandidatin Katarina Barley. Sie ist seit der Wahl 2019 im EU-Parlament, auch damals war sie Spitzenkandidatin der Sozialdemokraten.  

Barley ist Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Die 55-Jährige war Bundesjustizministerin, davor Familienministerin und SPD-Generalsekretärin. Zusammen mit Bundeskanzler Olaf Scholz stand das Schlagwort Frieden im Mittelpunkt der Kampagne.  

Grüne Themen weniger im Fokus

Für die Grünen ging Terry Reintke ins Rennen. Die 37-Jährige ist Vorsitzende ihrer Fraktion im EU-Parlament. Klimaschutz war auch in diesem Wahlkampf ein Kernthema der Partei. Während es 2019 vielen Wählerinnen und Wählern als wichtiges Thema erschien, rückte das Thema in diesem Wahlkampf in den Hintergrund. Im Vordergrund standen laut ARD-Deutschlandtrend Friedenssicherung, soziale Sicherheit und Zuwanderung.

Die FDP trat mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann an. Die 66-Jährige erreichte größere Bekanntheit als Verteidigungspolitikerin. Im Bundestag ist sie Vorsitzende des Verteidigungsausschusses.   

AfD im Osten auf Platz eins

Die AfD, die in Umfragen zwischenzeitlich bei mehr als 20 Prozent lag, war mit ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah ins Rennen gegangen. Krah geriet während des Wahlkampfes mehrfach in die Schlagzeilen. Ein langjähriger Assistent Krahs im Europaparlament wurde wegen Spionageverdachts für China verhaftet.  

Krah war zudem in die Kritik geraten für verharmlosende Äußerungen über die SS. Die rechte Fraktion ID (Identität und Demokratie) im Europaparlament schloss daraufhin alle deutschen AfD-Abgeordneten aus. Der Bundesvorstand der AfD verhängte ein Auftrittsverbot für Krah im Wahlkampf. 

Sowohl gegen Krah als auch gegen den Listenzweiten der AfD, Petr Bystron, stehen Vorwürfe im Raum, Geld von prorussischen Quellen bezogen zu haben. Gegen Bystron wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche ermittelt. 

Die Europawahl gilt als wichtiger Stimmungstest vor den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. In Ostdeutschland wurde die AfD bei der Europawahl nun mit Abstand stärkste Kraft. Sie kam in den östlichen Bundesländern inklusive Berlin auf 27,1 Prozent. Dahinter lagen die CDU mit 20,7 Prozent und das BSW mit 13,1 Prozent der Stimmen.

96 Abgeordnete aus Deutschland

In den 27 EU-Staaten waren rund 360 Millionen Bürger wahlberechtigt, davon knapp 61 Millionen Deutsche. Gewählt wurden die 720 Abgeordneten für das neue Europäische Parlament, 96 davon kommen aus Deutschland. Angetreten waren hierzulande 35 Parteien und sonstige politische Vereinigungen, 34 davon bundesweit. 

Anders als bei Bundestags- und Landtagswahlen gibt bei der Europawahl keine Sperrklausel wie die Fünf-Prozent-Hürde. Erstmals durften in Deutschland bei einer Europawahl auch 16- und 17-Jährige abstimmen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 65,0 Prozent und damit etwas höher als 2019 (61,4 Prozent).

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die ARD in der Sondersendung zur Europawahl am 09. Juni 2024 ab 17:30 Uhr.