Jean-Claude Juncker schaut auf seine Armbanduhr.

Vorschläge zur Zeitumstellung Droht ein Zeitzonen-Chaos in Europa?

Stand: 14.09.2018 01:30 Uhr

Deutschland, Österreich und Belgien bevorzugen die Sommerzeit. Spanien und Schweden die Winterzeit. Droht bald ein Zeitzonen-Chaos in Europa, wenn die Zeitumstellung abgeschafft wird? Heute werden Vorschläge präsentiert.

"Die Zeitumstellung gehört abgeschafft", sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgestern vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Juncker reagiert damit auf die Kritik, dass Brüssel zu viel regeln will und den EU-Ländern zu wenige Entscheidungen überlässt.   

Kommissionschef Juncker ist der Meinung, dass die EU-Bürger bereits im März nächsten Jahres zum letzten Mal an der Uhr drehen sollen. Seine Behörde hat einen entsprechenden Gesetzesvorschlag gemacht. Damit setzt Juncker die Staats- und Regierungschefs in den europäischen Hauptstädten und das Europaparlament ziemlich unter Zeitdruck. Denn sie müssen über den Vorschlag beraten und ihm letztendlich zustimmen. Und das noch vor März nächsten Jahres, wenn Junckers Zeitplan eingehalten werden soll. Die Länder können dann selbst entscheiden, ob sie bei sich zuhause dauerhaft Sommer- oder Winterzeit haben möchten.

Absprache der Nachbarländer

Droht da ein Zeitzonen-Chaos in Europa? Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese winkt ab. Er schlägt vor, dass EU-Länder, vor allem Nachbarländer, sich absprechen und für eine gemeinsame Zeit entscheiden sollen - um nicht, "wenn man von Norddeutschland über die Niederlande und Belgien nach Frankreich fährt, drei Mal die Uhr umstellen muss. Ich glaube, man kriegt hin, dass sich die Mitgliedsstaaten in eine Richtung entscheiden."

Deutschland bevorzugt Sommerzeit

In Deutschland bevorzugen viele Menschen die dauerhafte Sommerzeit. Ebenso ist es zum Beispiel in Österreich und Belgien. Für viele Länder in Mitteleuropa ist die ewige Sommerzeit von Vorteil, weil es abends länger hell ist. Vor allem für Berufstätige ist das ein wichtiges Argument. Dafür ist es allerdings morgens deutlich länger dunkel.

Es gibt noch einiges zu bedenken, warnt Liese: "Zum Beispiel, dass die Kinder dann fünf Monate im Jahr im Dunkeln in die Schule müssten. Und, ich weiß nicht, ob das so gut ist. Es ist festgestellt worden, dass Kinder erst um neun Uhr wirklich aufnahmefähig sind. Das muss man mal diskutieren. Vielleicht kriegt man es ja auch organisiert, dass die Schulen später anfangen." Für viele Eltern, die morgens ihre Kinder zur Schule oder in die Kita bringen und anschließend zur Arbeit fahren, wäre das wohl ein Problem.

Drei Zeitzonen in Europa

Ewige Sommerzeit? Einige Länder in Europa werden sich möglicherweise dagegen entscheiden. Dazu gehören könnte zum Beispiel Spanien. Denn sonst würde die Sonne in Madrid im Winter erst gegen 9.30 Uhr aufgehen. In der schwedischen Hauptstadt Stockholm sogar noch ein wenig später. Diese Länder könnten sich also für die dauerhafte Winterzeit entscheiden.



Doch schon jetzt gibt es drei Zeitzonen in der Europäischen Union. In Deutschland und 16 weiteren Staaten herrscht dieselbe Zeit. Acht Länder sind eine Stunde voraus, dazu gehören zum Beispiel Griechenland, Zypern, Bulgarien und Finnland. Drei Staaten sind eine Stunde zurück: Irland, Portugal und Großbritannien. Also alles halb so wild, meint der Europapolitiker Liese: "Wenn man unterschiedliche Zeitzonen hat, muss man sich das einmal merken, und dann gilt das eben."

Eine Uhr in einem Blätterhaufen.

Folgen für die Energieversorgung

Am Vormittag werden Energiekommissar Šefčovič und Verkehrskommissarin Bulc ihre Vorschläge zur Abschaffung der Zeitumstellung in Brüssel vorstellen. Denn welche Zeit in welchem EU-Land gilt, hat nicht nur Folgen für die Menschen, sondern auch für die Wirtschaft. Zum Beispiel für Waren, die im europäischen Binnenmarkt transportiert werden. Die Abschaffung der Zeitumstellung könnte auch Folgen für die Energieversorgung haben, etwa wenn in Zukunft morgens deutlich mehr EU-Bürger deutlich länger Licht brauchen. 

Karin Bensch, Karin Bensch, ARD Brüssel, 14.09.2018 01:30 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 14. September 2018 um 10:08 Uhr.