Zeitumstellung in der EU Wird jetzt an der Uhr gedreht?
Mehr als 80 Prozent der 4,6 Millionen Teilnehmer haben sich für die Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen. Wie geht es nach dem Ende der EU-Befragung weiter? Wer ist in Deutschland zuständig? Ein Überblick.
Wie haben die Menschen abgestimmt?
Noch nie haben sich so viele EU-Bürger an einer Online-Befragung beteiligt: Etwa 4,6 Millionen füllten den Fragebogen im Internet aus. Die überwältigende Mehrheit - mehr als 80 Prozent - sprach sich dabei gegen die Zeitumstellung aus.
Nach Informationen des ARD-Studios Brüssel plädierte eine sehr große Mehrheit zudem für eine ganzjährige Sommerzeit.
Allerdings hat die Befragung keinen bindenden Charakter. Dies wäre bei mehr als 500 Millionen EU-Bürgern, von denen nicht alle Zugang zum Internet haben, auch verwunderlich.
Wie geht es auf EU-Ebene weiter?
Eine Sprecherin der EU-Kommission teilte noch am Dienstagabend mit, dass Transportkommissarin Violeta Bulc zunächst ihre Kollegen über die Ergebnisse informieren werde. Dann werde die Kommission über die nächsten Schritte beraten. Zudem sollen die Ergebnisse detailliert aufbereitet und demnächst veröffentlicht werden.
Zunächst sollen die Ergebnisse bei einer Klausurtagung Donnerstag und Freitag beraten werden. Nach unbestätigten Angaben möchte Bulc schnell eine entsprechende Vorlage erarbeiten.
Was entscheidet die EU?
Die EU-Kommission macht einen Vorschlag auf Grundlage der Online-Befragung, Studien und Konsultationen mit Organisationen sowie Mitgliedsstaaten. Dem müssten die EU-Staaten und das Europaparlament dann zustimmen. Die drei baltischen Staaten und Finnland hatten sich bereits für eine Abschaffung ausgesprochen.
Eine mögliche Abschaffung der Zeitumstellung würde über eine EU-weit gültige Richtlinie geregelt, die die derzeit gültige Richtlinien 2000/84/EG ersetzt. Die Kommission hatte bereits deutlich gemacht, dass sie diese einheitliche Regelung für zwingend erforderlich hält, um zum Beispiel Probleme an den Grenzen zu vermeiden.
Bei Richtlinien bleibt es jedoch Sache der einzelnen Mitgliedsstaaten, eigene Rechtsvorschriften zur Verwirklichung dieses Ziels zu erlassen.
Was entscheiden die Mitgliedsstaaten?
Sollte die Zeitumstellung abgeschafft werden, können die 28 EU-Staaten eigenständig regeln, ob dauerhaft die Zeit des Winter- oder des Sommerhalbjahrs gelten soll.
Dies könnte dazu führen, dass Nachbarländer in Zukunft zu unterschiedlichen Zeitzonen gehören. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die EU-Mitglieder sich darüber abstimmen werden.
Schon jetzt gibt es in der EU drei Zeitzonen - unabhängig von der Zeitumstellung. So weichen die Uhren in den Nachbarländern Portugal und Spanien, zwischen Schweden und Finnland sowie zwischen Ungarn und Rumänien jeweils um eine Stunde ab.
Wie geht es in Deutschland weiter?
Hierzulande war das Interesse an der EU-Umfrage besonders groß: Von den 4,6 Millionen Teilnehmern kamen nach ARD-Informationen rund drei Millionen aus Deutschland.
Nach einer EU-Entscheidung wäre das Bundeswirtschaftsministerium zuständig. Öffentlich wollte sich ein Ministeriumssprecher gegenüber tagesschau.de allerdings noch nicht zu Details - etwa über die dauerhafte Entscheidung für Sommer- oder Normalzeit - äußern. Zunächst müsse die Entscheidung aus Brüssel abgewartet werden.
Spannend wäre auch eine Einbindung des Bundestages. Zuletzt hatte sich das Parlament auf Initiative der FDP mit der Zeitumstellung befasst. Abgeordnete der Liberalen, der Linkspartei und der AfD sprachen sich für eine Abschaffung aus, Union und SPD dagegen. Die Grünen enthielten sich.