US-Wahl 2024

Menschen verfolgen das TV-Duell zwischen JD Vance und Tim Waltz.
analyse

Fünf Erkenntnisse aus dem TV-Duell Vance gegen Walz - Punkte und Patzer

Stand: 02.10.2024 09:04 Uhr

JD Vance überraschte, Tim Walz war anfangs nervös: Die US-Vizekandidaten hatten beide starke und schwache Momente. Wer punktete bei welchen Themen? Fünf Erkenntnisse aus dem TV-Duell.

Punktsieg für JD Vance

Während Kamala Harris im TV-Duell mit Donald Trump den besseren Eindruck hinterließ, ging die Debatte der Vizepräsidentschaftskandidaten an JD Vance. Der Senator aus Ohio wirkte souveräner, war rhetorisch geschickter und schien auch inhaltlich besser vorbereitet. Dagegen begann Tim Walz sichtlich nervös, schaute oft nach unten, um sich Notizen zu machen und wurde erst im Laufe der Debatte sicherer.

JD Vance verfolgte eine klare Strategie: keine Verbalattacken gegen Walz; immer wieder die Leistungen Donald Trumps loben und gleichzeitig Harris für alle Probleme der vergangenen vier Jahre verantwortlich machen. Dagegen verpasste Walz viele Gelegenheiten, die Angriffe von JD Vance auf Harris richtig zu stellen oder zu kontern. Stattdessen verwies der Gouverneur von Minnesota immer wieder darauf, wie vorbildlich es in seinem Bundesstaat läuft. Die wichtigste Aufgabe des Vizepräsidentschaftskandidaten ist jedoch nicht, die eigene Arbeit zu loben, sondern die Leistungen seiner Präsidentschaftskandidatin herauszustellen. Das gelang Walz zu selten.

Sachliche Debatte statt Schlagabtausch

In den vergangenen Wochen hatten sich Vance und Walz gegenseitig mit polemischer Kritik angegriffen. Walz bezeichnete Vance als "schrägen" und "extremen Typen". Umgekehrt warf Vance dem Gouverneur von Minnesota vor, ein "radikaler Linker" mit Verbindungen zum kommunistischen China zu sein.

Davon war im TV-Duell nichts zu spüren. Die Debatte war weitgehend sachlich und fair. Vor allem JD Vance bemühte sich, sein Gegenüber nicht persönlich anzugreifen, sondern freundlich und empathisch rüberzukommen. Auf Attacke schaltete Vance allerdings immer dann um, wenn es um Harris ging. Ihr warf er die Inflation, die gestiegenen Lebensmittelpreise und den deutlichen Anstieg illegal ins Land gekommener Flüchtlinge vor. Der amtierende Präsident Joe Biden wurde von Vance kaum erwähnt. Vom unerwartet freundlichen Auftritt seines Kontrahenten ließ sich der von Natur aus freundliche "Coach Walz" zu sehr einlullen. Gerade bei den Themen Abtreibung und Waffengesetze hätte er Trump und Vance härter stellen müssen.

Julius van de Laar, Kampagnen- und Strategieberater, über das TV-Duell der US-Vizekandidaten

tagesschau24, 02.10.2024 11:00 Uhr

Welche Themen zur Debatte standen

Gleich zum Auftakt ging es um die Nahostpolitik. Auf die Frage, ob sie einen vorbeugenden Schlag Israels gegen den Iran und dessen Atomanlagen unterstützen würden, antworteten beide Kandidaten ausweichend. Walz kritisierte Trump als "wankelmütig". Als Präsident wende er sich denen zu, die ihm am meisten schmeicheln. Dagegen betonte Vance, in den vier Jahren von Trumps Präsidentschaft habe Amerika Stabilität erlebt. Die Schwäche der jetzigen US-Regierung sei für die vielen aktuellen Kriege und Krisen mitverantwortlich.

Breiten Raum nahmen die für die US-Bürger wichtigen Themen Wirtschaft, Inflation und Einwanderung ein. Hier konnte Vance mit plakativen, manchmal auch falschen Behauptungen punkten. Dagegen wirkte Walz bei den Themen Abtreibung, Klimaschutz und Waffengesetze überzeugender.

Stärkste Momente und Patzer

Den besten Eindruck hinterließ Walz, als es um Trumps Verhalten nach der verlorenen Wahl 2020 und den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar ging. Während Vance ausweichend auf die Frage antwortete, ob Trump und er nach einer Niederlage erneut das Wahlergebnis anfechten würden, forderte Walz klipp und klar: "Der Sieger muss der Sieger sein." Und fügte mit Blick auf Trumps Rede vor dem Sturm aufs Kapitol hinzu: "Die Worte eines Präsidenten haben Gewicht."

Allerdings unterliefen Walz auch Patzer. Zu Beginn verwechselte er Israel mit Iran. Und als er damit konfrontiert wurde, dass er das chinesische Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989 nicht wie behauptet in Hongkong verfolgt habe, sondern von Nebraska aus, antwortete Walz wenig überzeugend: "Ich habe mich falsch ausgedrückt."

Wie wichtig ist die TV-Debatte für den Wahlausgang?

Normalerweise spielen die TV-Debatten der Vizepräsidentschaftskandidaten keine Rolle. Entscheidend für den Wahlausgang sind die Präsidentschaftskandidaten. Aber in diesem Jahr ist vieles anders. In sieben umkämpften Bundesstaaten liegen Trump und Harris gleichauf. Und höchstwahrscheinlich wird es kein weiteres TV-Duell geben. Insofern könnte dieses TV-Duell der Vize vielleicht doch das Zünglein an der Waage für unentschlossene Wählerinnen und Wähler sein. Egal, wie die Wahl am 5. November ausgeht: JD Vance hat sich durch seinen überzeugenden Auftritt für das politische Erbe von Trump qualifiziert.

 

Isabell Karras, ARD Washington, tagesschau, 02.10.2024 06:21 Uhr