Geleakte US-Geheimdokumente "Ein Albtraum"
Zwei Tage nach der Veröffentlichung geheimer US-Dokumente im Internet wird über deren Brisanz diskutiert. Denn die Unterlagen enthalten wohl Informationen über die militärischen Fähigkeiten der Ukraine und über die Arbeit der US-Geheimdienste.
Zwei Tage, nachdem im Internet geheime US-Dokumente aufgetaucht sind, ist eine Diskussion über deren Brisanz entbrannt. Denn nach Informationen von US-Medien geben die Unterlagen unter anderem Aufschluss über Waffenlieferungen an die Ukraine und über den Munitionsverbrauch. Zudem geben sie demnach Details zur Stärke und Stellung ukrainischer und russischer Verbände preis. Wie die "New York Times" berichtet, enthielten die Dokumente auch Informationen zu den Plänen der NATO und der USA, Kiew bei der Vorbereitung einer möglichen Frühlingsoffensive gegen Russland zu unterstützen.
Neben Informationen über die Ukraine wurden laut "Washington Post" auch geheime Analysen über andere Länder veröffentlicht - etwa über China und Israel. Zudem gäben die Papiere Aufschluss darüber, wie die US-Geheimdienste ihre Informationen sammeln und auf welche Quellen sie sich dabei stützen. Dieser Einblick in die Praxis der US-Geheimdienste könnte etwa für Russland oder China außerordentlich wertvoll sein. Moskau könnte aus den Dokumenten ablesen, wie weit der eigene Sicherheitsapparat von US-Spionen durchdrungen sei - und diese Schwachstellen schließen. Ein führender Geheimdienstler sprach gegenüber der "New York Times" von einem "Albtraum".
Einige Dokumente wohl manipuliert
Unklar ist nach wie vor, ob alle veröffentlichten Dokumente echt sind. Zwar bestätigten Mitarbeiter der US-Regierung laut dem Nachrichtensender CNN grundsätzlich die Echtheit der Unterlagen. Die "Washington Post" berichtet allerdings ebenfalls unter Berufung auf Mitarbeiter der Behörden, dass zumindest einige Dokumente manipuliert worden seien. Dies deckt sich mit Erkenntnissen des investigativen Recherchenetzwerks Bellingcat. Deren Experten konnten nachweisen, dass zumindest einige Unterlagen im Nachhinein klar manipuliert wurden.
Ebenso unklar ist, wer hinter der Veröffentlichung steckt. Die Dokumente waren Anfang März zunächst auf der unter anderem bei Gamern beliebten Plattform Discord aufgetaucht, anschließend wurden sie auf dem Imageboard 4Chan weiterverbreitet. Schließlich tauchten die Dokumente bei Twitter und in russischen Telegram-Kanälen auf. Ein Großteil der Dokumente wurde allerdings schnell wieder gelöscht.
Inzwischen hat das US-Justizministerium Ermittlungen eingeleitet - der Fokus richtet sich dabei auf die USA selbst. Möglicherweise Tausende Angestellte der US-Behörden hätten Zugang zu den Dokumenten gehabt, so ein Mitarbeiter des Pentagons gegenüber der "Washington Post". Denjenigen, die die Unterlagen veröffentlicht haben, könnten jedenfalls empfindliche Strafen drohen: In den USA ist die Weitergabe und Veröffentlichung geheimer Dokumente unter Strafe gestellt, zumal wenn die nationale Sicherheit betroffen ist.
Relevante Informationen für Moskau
Und welche Folgen haben die "Leaks" nun für den Kriegsverlauf? Gar keine, glaubt man der Ukraine: In Kiew gibt man sich demonstrativ gelassen und spricht von dem "gewöhnlichen Geheimdienstspiel". Russland selbst habe die Dokumente erstellt, um einen Keil zwischen den Westen und die Ukraine zu treiben.
Dem gegenüber stehen allerdings die alarmierten Äußerungen von US-Regierungsmitarbeitern und Geheimdienstlern. Der Chef der US-Denkfabrik Silverado Policy Acclelerator, Dimitri Alperovitch, sagte der "Washington Post", die Dokumente könnten einigen Schaden anrichten. Zwar enthielten sie keine konkreten Schlachtpläne - aber sie gäben Moskau unter anderem Aufschluss über Art und Menge der westlichen Waffen in der Ukraine und über das Personal, das diese Waffen bedienen kann: Relevante Informationen über die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine also.