EU-Urheberrechtsreform Deutsches Ja mit Bedenken
Die EU-Staaten haben der umstrittenen Urheberrechtsreform zugestimmt. Trotz erheblicher Bedenken votierte auch Deutschland mit Ja - als Zünglein an der Waage.
Sechsmal Nein, 19-mal Ja: Beim Treffen des Rates der Europäischen Union in Luxemburg hebt auch die stellvertretende deutsche EU-Botschafterin Susanne Szech-Koundouros ihre Hand für die EU-Richtlinie zum Urheberrecht und ebnet den Weg für die viel kritisierte Reform - allen Bedenken zum Trotz.
Die deutsche Bundesregierung stimmt dem Richtlinienvorschlag über das Urheberrecht in der Fassung des Trilog-Kompromisses vom 13. Februar 2019 zu.
Bis zuletzt hat die deutsche Regierung mit sich selbst über die Richtlinie gestritten - vor allem über Artikel 13, der nach neuer Zählweise nun die Nummer 17 trägt. Der Absatz verpflichtet große Online-Plattformen wie Facebook oder YouTube dazu, Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer aktiv zu verhindern.
Einschränkungen im Netz befürchtet
Kritiker fürchten eine Einschränkung der Vielfalt im Netz, weil die neue Haftungsregel nicht nur Tech-Konzerne wie Google und Facebook treffen könnte, sondern auch kleinere Webseiten, Bildungsangebote oder die Wikipedia. Diese Bedenken versucht die Bundesregierung mit einer Protokollerklärung auszuräumen, die EU-Botschafterin Szech-Koundouros bei der Abstimmung in Straßburg vorträgt.
Zugleich werden wir klarstellen, dass Dienste wie Wikipedia, Hochschulrepositorien, Blogs und Foren, Messenger-Dienste wie WhatsApp, Verkaufsportale oder Cloud-Dienste nicht zu Plattformen im Sinne des Artikel 17 gehören.
Rechtlich bindend ist eine solche Erklärung nicht, eher eine Erläuterung des eigenen Abstimmungsverhaltens, ein diplomatisches "Ja, aber".
Den ungeliebten Teil entschärfen
Ohne die deutsche Zustimmung hätte die Reform als Ganzes auf der Kippe gestanden. Auch der große, weitgehend befürwortete Rest der Richtlinie, etwa zur wissenschaftlichen Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials.
Den ungeliebten Teil der Reform verspricht Deutschland zu entschärfen. Automatische Filtersysteme, die ins Netz hochgeladene Inhalte vor ihrer Veröffentlichung prüfen und gegebenenfalls aussortieren, solle es nicht geben. Diese sogenannten Uploadfilter lehnt die Bundesregierung bereits in ihrem Koalitionsvertrag als unverhältnismäßig ab.
Allerdings würde das nicht viel bringen, wenn nur Deutschland das mache, wendet Julia Reda ein. Die Piratin in der Europafraktion der Grünen kämpft gegen die Uploadfilter. Die deutsche Protokollnotiz allein räume ihre Befürchtungen nicht aus.
Denn diese Plattformen operieren natürlich grenzübergreifend. Und wenn das Nachbarland sagt 'Auch Diskussionsforen müssen Uploadfilter einsetzen', dann wird das den Unternehmen nicht viel bringen, wenn sie das in Deutschland nicht tun müssen.
Mehr Geld für Autoren, Filmemacher und Musiker
In der Erklärung aus dem Justizministerium von Katarina Barley verspricht Deutschland außerdem, ein weiteres - weitgehend geteiltes - Kernziel der Reform nicht aus den Augen zu verlieren: nämlich mehr Geld für die Urheber von Musik, Fotos und Texten im Netz - also für Autoren, Filmemacher, Musiker. Man werde prüfen, wie die faire Beteiligung der Kreativen an diesen Lizenzeinnahmen gesichert werden könne.
Deutschland hat nun zwei Jahre Zeit, die neue Richtlinie in nationales Recht umzusetzen und es dabei allen recht zu machen: sowohl den Kontrolleuren der EU-Kommission, als auch den eigenen politischen Versprechen.